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2.Übernahme scholastischer Methodik
ОглавлениеZeitgleich mit diesen Entwicklungen im Umgang mit der patristischen Tradition treten orthodoxe Theologen stärker in Kontakt mit westlicher Theologie und übernehmen in der Folgezeit immer mehr deren Fragen und Methoden. In der Übernahme der scholastischen Methodik konzentriert sich die orthodoxe Theologie darauf, Antwort auf Fragen zu geben, die sie von der westlichen Form, Theologie zu betreiben übernimmt, ohne dass die westliche Problematik selbst hinterfragt würde.49 Es sind also häufig der Orthodoxie ursprünglich fremde Fragestellungen, mit denen sich die orthodoxe Theologie jetzt auseinandersetzt. Zentrale Inhalte der Vätertradition werden im Gegenzug hierdurch in den Hintergrund gedrängt. Die Kirchenväter dienen dabei als »literarische Quelle«, die in theologischen Debatten herangezogen wird, um die Problematik und die Interessen der westlichen scholastischen Theologie. Infolge dieser Ausbildung einer »orthodoxen Scholastik« stellt sich eine zunehmende Distanz zwischen Theologie und Liturgie, bzw. zwischen der Theologie und dem Leben der Kirche ein. Die ursprüngliche Einheit von lex orandi und lex credendi wird brüchig. In der liturgischen Praxis und der geistlichen Erfahrung bleibt die Vätertradition allerdings gewahrt.50