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III.Die Zoi-Bewegung 1.Geschichte
ОглавлениеVon weitreichender Bedeutung für die Veränderungen in der griechischen Theologie und Kirche des 20. Jahrhunderts war die Zoi-Bewegung. Panagiotis Bratsiotis bezeichnet sie im Jahr 1960 als »die wichtigste religiöse Bewegung in der Autokephalen Kirche Griechenlands – und vielleicht der Orthodoxen Kirche überhaupt«63. Obwohl ihre Mitglieder kaum direkt in der universitären Theologie in Erscheinung treten und »trotz ihrer Gleichgültigkeit gegenüber dem akademischen Leben hat … [sie] in einem allgemeineren Sinn auf die gesamte theologische Mentalität und das Leben in Griechenland einen tiefen Einfluss ausgeübt.«64 Das Spektrum der Einschätzungen dieser umstrittenen Bewegung zeigen die Bezeichnungen, mit denen sie versehen wird. Sie reichen von solch positiven Einschätzungen wie »neugriechische Erneuerungsbewegung« (Maczewski) über ein relativ neutrales »eine neugriechische pietistische Bewegung« bis hin zu »eine Häresie im Bereich der Ekklesiologie« (Yannaras) oder »religiöses Pfadfindertum« (Tsakonas).
Den Kern der »Zoi-Bewegung« bildet die monastische Theologenbruderschaft »Zoi« (»« = Leben), die sich 190765 um Eusebios Matthopoulos zusammenschließt. Diese Bruderschaft ist eine apostolische Gemeinschaft von Laientheologen und Klerikern, die sich den Evangelischen Räten verpflichten und ein Gemeinschaftsleben nach strengen Regeln führen. Zur Bruderschaft treten später Schwesternschaften und eine Fülle von Laiengemeinschaften und –vereinigungen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und Stände in unterschiedlichem Organisationsgrad hinzu. Sie alle werden unter dem Namen »Zoi-Bewegung« zusammengefasst. Die Bewegung erlebt ihre Blütezeit in den 40er und 50er Jahren. Anfänglich treffen die Aktivitäten der Bewegung auf ein geteiltes Echo, das von Skepsis vor allem in offiziellen Kirchenkreisen bis zur Begeisterung in Theologenkreisen und Teilen der Bevölkerung reicht. Später gewinnt die Zoi zunehmend an Bedeutung und Einfluss in Kirche und Gesellschaft bis in die Leitungsgremien hinein.66
1959 kommt es nach starken Kontroversen innerhalb der Bewegung zu einer Spaltung. Die älteren, eher konservativen Kräfte bilden eine eigene Gemeinschaft unter dem Namen »Sotir« ( = Erlöser), die jüngeren, eher reformfreudigen verbleiben in der »Zoi«. Gründung und Organisation der »Sotir« erfolgen nach den gleichen Prinzipien wie bei der »Zoi«.67 Etwa zu dieser Zeit wenden sich zunehmend junge Theologen von der Bewegung ab, so auch Panagiotis Nellas und Christos Yannaras. Beide waren Mitglieder der Bruderschaft und dort in unterschiedlichem Ausmaß engagiert.
Ab dem Zeitpunkt ihrer Spaltung verliert die »Zoi« sowohl aufgrund ihrer internen Schwierigkeiten als auch aufgrund der immer lauter werdenden Kritik an ihrem Wirken zunehmend an Bedeutung, so dass die heute noch existierenden Reste in ihrer Bedeutung als marginal einzustufen sind und wohl auch weniger in der Form organisierter Mitglieder als in einem Nachleben vereinzelter Spuren der von der Bewegung propagierten Frömmigkeit und ihres Schrifttums zu finden ist.