Читать книгу Mein täglicher Begleiter - Dorothee Adrian - Страница 13
ОглавлениеSchon in der Ankündigung zum allerersten Kalender 1890 heißt es, nach einer kurzen Gebrauchsanweisung: „Die abgerissenen Blättchen brauchen nicht fortgeworfen zu werden, sondern können, nachdem sie gelesen sind, als Briefblättchen oder als kleine Traktate weiter verwertet werden.“ Dem folgen bis heute viele Leserinnen und Leser ganz intuitiv, ohne darauf aufmerksam gemacht werden zu müssen. Immer wieder schildern sie in Zuschriften das Aufheben einzelner Andachtsblätter, manchmal zur Weitergabe, oft auch, um sie selbst noch einmal lesen zu können. „Was sind das oft für Kostbarkeiten“, steht in einem Brief von 1976, „ein Zettel schöner und wertvoller als der andere.“ Eine Witwe schreibt 1995 an die Kalenderredaktion: „Alle Beiträge, die mich besonders angesprochen haben, mir in meiner jeweiligen seelischen Not Hilfe und Trost waren, habe ich aus dem Kalender genommen. In Abständen lese ich sie dann mal wieder durch.“ Anfang 1981 findet eine Leserin in der alten Bibel ihrer Eltern einige vergilbte Blättchen des Kalenders. „Sie stammen wohl von meiner Mutter“, schreibt sie, denn die Bibel habe immer in Reichweite ihres Bettes gelegen, „und ich glaube, meine Mutter hatte ganz still gelesen, um Trost und Hilfe zu finden. Nun erwächst mir diese Hilfe, nicht zuletzt anhand Ihres Kalenders.“
Ein besonders leidenschaftlicher Sammler war Otto Lütjens. „Das erste Blatt meiner gesammelten aufgestapelten Kalenderblätter ist der 1. April 1982“, schreibt er im Dezember 2010, „es sind also 27 Jahre und neun Monate.“ Er schickt zwei Fotos mit, die seine Kalenderblattsammlung zeigen. „1030 Blätter, wie ich festgestellt habe, liegen im Stapel, er ist 75 Zentimeter hoch. Solange ich denken kann, wurde ihr Kalender schon in meinem Elternhaus gelesen und ich habe es in meiner Ehe fortgeführt.“
Auch andere Leserinnen und Leser berichten, dass sie Blätter aufheben: „Alle Blättchen, die mich einen Schritt in Erkenntnis weitergebracht haben, habe ich gesammelt“, schreibt eine Leserin aus Kreuztal Ende der 90er Jahre. „Von Zeit zu Zeit habe ich sie dann in ein dafür bestimmtes Buch geklebt, so dass ich immer mal wieder meinen Werdegang nachvollziehen kann.“ Eine Leserin aus Baiersbronn beschreibt, dass ihr Mann auf seine Reisen immer die entsprechenden Blätter mitnahm, schließlich gebe das Lesen des Kalenderblattes oft „mehr als eine ganze Predigt.“ In anderen Briefen wird geschildert, dass einzelne Seiten als Traktate weiterverschenkt oder in Briefe gelegt werden, „um andere Menschen damit zu grüßen.“ Renate Richstein aus Schmallenberg schreibt anlässlich des Jubiläumsbuches: „In meinem Freundeskreis kenne ich einige, die sich den Kalender nicht leisten können. Da kein Blatt bei mir in den Abfall kommt, hebe ich sie auf, hefte einige zusammen und gebe sie weiter. Zu manchen, die mir besonders gefallen, stecke ich Fotos oder Spruchkarten dazu und verschenke sie zur passenden Gelegenheit.“