Читать книгу Das Osmanische Reich - Douglas Dozier Howard - Страница 14
Orhan
ОглавлениеWeitaus leichter als für Osman, den Vater, lassen sich zeitgenössische Belege für Orhan, den Sohn, finden. Zwei Inschriften Orhans sind erhalten und außerdem Abschriften dreier seiner Stiftungsurkunden.10 Namentlich erscheint er in mongolischen Rechnungen11, und auch in persischen und arabischen Quellen wird er erwähnt. Ibn Battuta behauptete, Orhan begegnet zu sein, „dem größten der Könige der Turkmenen und dem reichsten an Vermögen, Land und Heeresmacht“. Orhan „kämpfte ständig mit den Ungläubigen“ und reiste regelmäßig zwischen seinen über 100 Burgen umher, überzeugte sich, dass sie in gutem Zustand waren, und blieb nie länger als einen Monat an einem Ort.12 Ibn Battutas Bild eines unablässig kämpfenden Orhan wird von griechischen Autoren nachdrücklich bekräftigt. Er und seine Männer eroberten 1326 nach langer Belagerung Prusa (Bursa), und im darauffolgenden Jahr ließ Orhan dort Münzen prägen, wie ein erhaltenes Silberstück zeigt. Im Jahr 1331 fiel Nikaia (İznik) an Orhans Truppen und 1337 Nikomedia (İznikmid, İzmit). Die Einnahme dieser drei bedeutenden griechischen Städte – Prusa, Nikaia und Nikomedia – machte Orhan zum Herrn der gesamten Region Bithynien.
Karte 1.1: Die Umgebung des Marmarameers
Orhan war aber nur einer von vielen türkischen Herrschern, denen Ibn Battuta auf seiner Reise durch Kleinasien begegnete. Turkmenische Sippen, die vor den Mongoleneinfällen flohen, bildeten die Streitmacht für so manchen ehrgeizigen Fürsten, der seit den 1290er-Jahren die Flusstäler und Küsten von Schwarzem Meer, Marmarameer und Ägäis plünderte. Außer Orhan nutzten auch mehrere von ihnen ihre bewaffneten Banden, um primitive Verwaltungsstrukturen zu schaffen. Um 1340 kontrollierten sie die meisten Überlandrouten und Karawanenstädte der Flusstäler und schalteten sich an den Küsten in den Kampf zwischen Byzanz und den italienischen Seestaaten um die Häfen und Schifffahrtswege ein. Die türkischen Fürsten dieser Grenzlande und ihre Gefolgsleute erschienen nicht nur den Griechen als roh und unbezähmbar, sondern auch den weltläufigen muslimischen Autoren aus „Rum“ oder Rom, wie man die Hochebene im Binnenland nannte, weil sie einst Teil des Römischen Reiches gewesen war. Dort hatte die islamische Kultur mehr als 200 Jahre lang unter der Herrschaft der Seldschuken-Dynastie dominiert,13 die ein kultiviertes, von persischen Einflüssen geprägtes Königreich mit dem Zentrum Konya regiert hatte. Die Neuankömmlinge waren Halbnomaden, die stolz südwestliche (also oghusische, siehe Abb. 1.3) Turksprachen pflegten. Ihre Lebensweise basierte auf Raubzügen ebenso wie auf Viehzucht und dem Verkauf der Produkte ihrer Herden.14 Ihre heiligen Männer und Derwische waren darauf erpicht, den Islam in neue Länder zu tragen. Das Erscheinen dieser Vasallen der mongolischen Herrscher des Iran (der Ilchaniden, deren Herrschaft 1336 endete) hing mit Ereignissen des vorausgehenden Jahrhunderts zusammen, die jenseits des Horizonts ihrer eigenen Erinnerungen lagen. Damals hatte das Vordringen der Mongolen auf dramatische Weise die geschäftlichen und politischen Beziehungen im gesamten südwestlichen Eurasien gesprengt.