Читать книгу Das Osmanische Reich - Douglas Dozier Howard - Страница 15
Gewalt, Seuchen und Unheil
ОглавлениеIm Jahr 1219 hatte die Verwüstung von Choresm durch die Mongolen eine Zwangsmigration von Völkern aus dem zentralen Eurasien ausgelöst, die sämtliche Gesellschaften westlich des Kaspischen Meeres betraf. Unter den Flüchtlingen und Migranten befanden sich Tausende Turkmenen samt ihren Familien und Herden. Ihre Stammesgesellschaften waren hochgradig mobil und für ihr militärisches Potenzial berühmt. Die Lebensläufe gleich zweier großer Heiliger, Rumi (alias Mevlana Dschalal ad-Din) und Hacı Bektaş, sind mit der mongolischen Gewalt verknüpft – dem Klimawandel und dem menschlichen Elend, die hinter ihr lagen, und dem Einbruch eines chiliastischen Glaubenseifers, der ihr vorauseilte.
Die politischen Kollateralschäden der Mongoleneinfälle hatten bis 1260 zur Entstehung dreier mächtiger Königreiche im Südwesten Eurasiens geführt. Zwei davon waren mongolisch – die Goldene Horde am Unterlauf der Wolga und in der Steppe nördlich des Schwarzen Meeres sowie die Ilchaniden im Iran, in Mesopotamien und im Kaukasus mit Täbris als Hauptstadt. Das dritte war das Sultanat der Mamluken, das nicht Mongolen, sondern Sklavenoffiziere aus dem Turkvolk der Kipçak gegründet hatten, die 1250 ihre ayyubidischen Herren stürzten und die Macht in Kairo an sich rissen. Die Mamluken beherrschten Ägypten, Arabien und die syrische Küstenebene. In diesen drei großen Königreichen und deren Dunstkreis stritten von der Donau bis zum oberen Euphrat und Tigris Dutzende slawischer, lateinischer, griechischer, armenischer und türkischer Edler und Fürsten, deren Namen längst vergessen sind, heftig und oftmals gewaltsam um die Kontrolle über die Endpunkte der großen eurasischen Handelsrouten. Diese Herren hießen auf Türkisch „Emire“, daher der Begriff „Emirate“ für ihre Kleinkönigreiche. Zu den vielen türkischen Emiren zählten Osman und Orhan, doch die stärkste Position hatte das griechische Adelsgeschlecht Michaels VIII. Palaiologos, Regent des griechischen Königreichs Nikaia, der im Jahr 1261 Konstantinopel von den lateinischen Kreuzfahrern zurückeroberte.