Читать книгу Das Osmanische Reich - Douglas Dozier Howard - Страница 19
Kosovo
ОглавлениеDer Ausgang der Schlacht auf dem Kosovo war ein wenig doppeldeutig. Sowohl König Lazar als auch Sultan Murad waren tot, und die osmanische Hegemonie über sämtliche südslawischen Länder hatte bereits die entscheidende Schlacht an der Mariza 18 Jahre zuvor sichergestellt. Doch unter den Südslawen wuchs die Legende vom Kosovo zu einem mittelalterlichen Sagenzyklus und nährte später den modernen Mythos von der auferstandenen serbischen Nation.30 Andererseits bildete in türkischen Berichten der heimtückische Mord an Murad den Höhepunkt der Geschichte: Ein christlicher Ritter erstach ihn nach der Schlacht mit einem Dolch, den er im Mantel versteckt hatte. Entweder hatte er sich unter den Leichen verborgen oder war, so einige andere Versionen, als Gefangener ins Zelt des Sultans geführt worden.
Türkische wie slawische Autoren kannten die Geschichten der jeweils anderen Seite. Spätere slawische Chronisten beschlossen, der Mörder habe vorgegeben, zu den Türken überlaufen zu wollen – eine Geschichte, die sie den türkischen Historikern entnommen hatten –, während der türkische Historiker Neşri seinerseits den Namen des Mörders und seinen bei Lazars letztem Abendmahl geleisteten Schwur, den Sultan zu töten, aus den slawischen Quellen einfügte.31 Eine andere finstere Einzelheit, die Schein bekehrung des Mörders zum Islam, erscheint ein Jahrhundert nach Neşri in der Anthologie des Briefwechsels der Sultane.32 Verfasser dieses Werkes war Ahmed Feridun, ein osmanischer Staatsmann unbekannter Herkunft – doch da er als Sekretär von Mehmed Sokollu, dem berühmten slawischen Großwesir der Osmanen, bekannt wurde, wäre es nicht überraschend, falls auch Feridun ein südslawischer Konvertit gewesen wäre. Viele „amtliche Dokumente“, die er in seiner Anthologie sammelte, waren tatsächlich Fälschungen, darunter auch die Kosovo-Geschichte. Sie taucht in einem Brief auf, der von Murads Sohn und Nachfolger Bayezid zu sein behauptet und berichtet, wie er auf den Thron kam.33
Auf jeden Fall brachte man Murad vom Kosovo, wo er gefallen war, heim und begrub ihn in einer neuen Moschee in der Zitadelle von Bursa, der Märtyrermoschee. Bayezid folgte seinem Vater Murad unangefochten, wohl weil er auf dem Schlachtfeld des Kosovo die Hinrichtung seines einzigen Bruders befohlen hatte.34