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Ulema und Derwisch

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Im Vergleich damit verwiesen Aşıkpaşazades stark umgangssprachlich gefärbte türkische (Turki) Prosa, sein folkloristischer, anekdotenreicher Erzählstil und seine originellen Verse auf den Ursprung seiner Chronik in der intellektuellen Tradition der Derwisch-Tekke. Wie wir gesehen haben, begann er mit der geistlichen Ahnenreihe seines Sufi-Ordens. Für Aşıkpaşazade leitete sich die Autorität des Sultans im Allgemeinen aus den Bindungen zwischen kriegerischen Herren und heiligen Männern ab, während die Autorität der Osmanensultane im Besonderen aus den Blutsbanden der Osmanendynastie mit Scheich Edebali erwuchs. Die Sultane der Osmanen waren Gazis, Heerführer rechtschaffener Krieger, die gegen die Mächte des Unglaubens stritten. Ihre Siege spielten eine Rolle im bevorstehenden Ende des Zeitalters, indem sie zur Vorherrschaft des Islam in der Geschichte führten.

Wie andere Derwische befürchtete auch Aşıkpaşazade, die Einnahme der Stadt könnte einem Bündnis von Sultanat und Ulema ermöglichen, herrscherliche und religiöse Herrschaftsstrukturen zu schaffen, die sich gegen die Derwische richteten.128 Ihm missfielen die Kontinuitäten mit Istanbuls christlicher Vergangenheit, welche jene prominenten osmanischen Staatsmänner verkörperten, von denen einige erst kürzlich vom Christentum zum Islam übergetreten waren. Unter diesen frisch Konvertierten waren drei Männer, die ein Dreivierteljahrhundert lang das Amt des Großwesirs beherrschten. Mahmud Pascha Angelović war Tursun Beys Gönner. Großwesir von 1456–68 und nochmals von 1472–74, war Mahmud Pascha in osmanische Dienste getreten, als er im Kindesalter gefangen genommen wurde. Er wurde in der Palastschule von Edirne erzogen und nahm wahrscheinlich an der Belagerung von Konstantinopel teil. Er heiratete eine der Töchter Sultan Mehmeds, pflegte jedoch während seiner gesamten Karriere ebenfalls enge Beziehungen zu der südslawischen Adelsfamilie, aus der er stammte.129 Er plante viele der Eroberungen Mehmeds, zu denen auch das griechische Trapezunt gehörte, wo Mahmuds Cousin Georgios Amirutzes Schatzmeister war.

Der zweite dieser Männer war Mahmud Paschas Nachfolger als Großwesir im Jahr 1468, Rum Mehmed Pascha. Er stammte aus einer griechischen Adelsfamilie und könnte während der Belagerung Konstantinopels in Gefangenschaft geraten sein. Der dritte war Hersekzade Ahmed Pascha, der Sohn eines slawischen Fürsten aus der Umgebung von Mostar. Sein Bruder hatte das Erbe ihres Vaters an sich gerissen, also ging der andere Sohn nach Istanbul, trat zum Islam über und legte sich den Namen Ahmed Hersekzade zu (wörtlich übersetzt: „Sohn des Fürsten“). Er stieg bis in die höchsten Ränge der osmanischen Verwaltung auf, heiratete Sultan Bayezids Tochter Hundi und brachte es auf fünf Amtsperioden als Großwesir unter Bayezid II. und Selim I.130

Trotz ihrer unterschiedlichen Ansichten fanden Derwische wie Aşıkpaşazade und Ulema wie Tursun Bey in den Jahrzehnten nach der Eroberung Istanbuls einen gemeinsamen Nenner. Beide bekämpften sie die aggressive Fiskalpolitik Mehmeds II., in der sie eine Gefahr für die finanzielle Kraft des osmanischen religiösen Lebens sahen. Und eine Generation später machten beide gemeinsame Sache gegen die Bewegung der Safawiden.

Aşıkpaşazades Widmung

Unter Anspielung auf eine Passage in der Prosaeinleitung von Rumis Mesnevi schrieb Aşıkpaşazade:

Sultan Murat Khan Gazi hat viele Kriegszüge gegen die Ungläubigen unternommen. Jeden seiner Kriegszüge und jede seiner Taten, die in ihrer Zeit geschahen, habe ich unbedeutender Mensch gekürzt, so, als ob „ich von einem Haufen gedroschenen Korns eine Handvoll zum Probieren gäbe“. Der Grund dafür ist, dass bei der Darlegung der Gesamtheit den Menschen der Verstand verwirrt würde. Die Absicht dahinter, dass ich wenigstens diese Menge gemacht habe, ist, dass es wohlwollende Gebete für die Seele Seiner Majestät geben soll. Allah möge sich derjenigen erbarmen, die diese Überlieferungen über die Familie Osmans lesen oder hören, und diese mögen für seine Seele beten. a

Später setzte er noch einen Segensspruch in Versen hinzu:

Aşıkî, nun bete für dieses Geschlecht!

Deine „Historien“ wurden dem Darlegen erwiesen gerecht:

In Schah und Khan und Sultan Bayezids Zeit

War Freude und Glückes genug, und niemand ging’s schlecht.b

aÜbersetzung: Michael Reinhard Heß, Textbasis: Aşık Paşazade, Tevarih-i Al-i Osman. Aşık Paşazade tarihi. Istanbul (Matba-i Amire) 1332 H [1913–1914], S. 136.

bÜbersetzung: Michael Reinhard Heß; Textbasis: Ebd., S. 222.

Ein Vermittler dieser Versöhnung war Sultan Bayezid II., der Sohn und Nachfolger Mehmeds des Eroberers.131 Während seiner Lehrzeit als Prinz in Amasya war Bayezid dem Halveti-Scheich Müeyyedzade nahegekommen und ermöglichte ihm die Flucht in den Iran, als die Henker des Herrschers sich ankündigten. Als Sultan holte Bayezid Müeyyedzade nach Istanbul, wo der Scheich einer der mächtigsten Juristen des Reiches wurde; er diente als Kadı von Edirne und als Kazasker von Rumeli. Unter Bayezid beteiligten sich die offiziellen Ulema am Rückbau der härtesten steuerlichen Maßnahmen Mehmeds. Dies minderte den Druck sowohl auf die Derwischorden als auch auf sie selbst. Viele Derwischgruppen siedelten sich ihrerseits mit dem Segen Bayezids in der Hauptstadt an und nutzten die Gelegenheit, ihre Treue zur Osmanendynastie zu bekunden und sich mit der Autorität des Königs wie auch mit der Königsstadt Konstantinopel auszusöhnen. Aşıkpaşazade selbst zog nach Istanbul, nachdem er in den Ruhestand getreten war, und legte sein Geld in der Stadt an.

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