Читать книгу Das Osmanische Reich - Douglas Dozier Howard - Страница 49

Die Ardabil-Sufis und die osmanische Autorität

Оглавление

Wie Aşıkpaşazade vermerkte, nahmen gegen Ende des Jahrhunderts die noch verbliebenen Anti-Establishment-Impulse in einer neuen religiösen Bewegung theologische und politische Gestalt an. Diese sogenannte Kızılbaş stand in enger Verbindung mit der Sufi-Tekke in Ardabil im Kaukasus.

Die Sache hatte eine lange Vorgeschichte. Die Ausprägungen der Frömmigkeit im Kaukasus, am oberen Tigris und am Euphrat waren in der nachmongolischen islamischen Welt schon immer misstrauisch beäugt worden. Diese Hochebene war in den 1240er-Jahren von der Baba’i-Rebellion erschüttert worden. Im Jahr 1323 bezeichnete der mamlukische Statthalter Syriens die Länder „jenseits des Euphrat“ abfällig als Gebiete voller Unglauben, Heuchelei und Ketzerei.146 Noch anderthalb Jahrhunderte später sprach ein persischer Historiker von „den Narren aus Rum, die eine Ansammlung des Irrtums und ein Heer teuflischer Phantasie sind“.147 Die kumulative Wirkung von Migration, Kriegen und kulturellen Moden macht die religiöse Stratigraphie dieses geographischen Raums oft undurchschaubar.148 Wanderasketen waren in diesem Gebiet ein Dauerphänomen, faszinierend und abstoßend zugleich, und offensichtlich gefiel ihnen die Ironie ihrer eigenen sonderbaren Beliebtheit.149 Manche scheuten ein allzu auffälliges Äußeres, andere hingegen legten eine freche Gleichgültigkeit hinsichtlich der Wirkung ihrer äußeren Erscheinung an den Tag und schienen sich über die Verurteilung ihres offenkundig antisozialen Verhaltens regelrecht zu freuen.150 Sie trugen Schaffelle oder andere markante Kleidungsstücke oder rasierten sich die Köpfe, und sie hatten Wahrzeichen und Musikinstrumente dabei – Kastagnetten, Hörner, Pferdeschweife, Beutel. Aufgebrachte Kritiker verfassten flammende Schmähschriften, die sie als Scharlatane oder Verrückte denunzierten, und hatten kaum mehr als Verachtung übrig für ein unwissendes, naives Publikum, das sich allzu leicht hinters Licht führen ließ.151

Eine weitere Welle folgte auf den Heiligen Fazlullah von Astarabad, der gegen 1400 in einer Höhle nördlich von Täbris lebte. Da er die gesamte Schöpfung als Manifestation der Namen Gottes ernst nahm, verstand er die Menschheit als eine ständig sich entfaltende Offenbarung. Er entwickelte eine esoterische Zahlendeutung, die nach den Buchstaben des heiligen Textes als „Hurufismus“ bekannt ist (hurūf ist der arabische Plural von harf, „Buchstabe“); diese Zeichen seien auch überall auf den menschlichen Körper geschrieben. Timur ließ ihn hinrichten, aber Fazlullahs spirituelle Erkenntnisse sickerten in den Boden ein und tauchten anderswo, bei den Bektaşis und vielen anderen Gruppen, wieder auf. Offensichtlich lauschte Sultan Mehmed II. einmal im Jahr 1444 in Edirne gebannt einer Hurufi-Predigt. Die Ulema waren nicht beeindruckt und ließen den Prediger auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Der Dichter Nesimi, ein enger Freund Fazlullahs, wurde in Aleppo bei lebendigem Leibe gehäutet, eine grausig passende Vergeltung. Derartiges Leid wurde von denen, die es erduldeten, als Theodizee erlebt.

Das Osmanische Reich

Подняться наверх