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Der Weg zur richtigen Diagnose

Psychiater und Psychotherapeuten sind wichtige Ansprechpartner bei Depressionen. Die erste Adresse kann aber immer der Hausarzt sein.

Eine Diagnose zu haben, ist sowohl für den Betroffenen als auch für die Angehörigen wichtig. Das Wissen, dass dem Zustand des Betroffenen eine Krankheit zugrunde liegt und um welche es sich genau handelt, ändert die Sichtweise und meist auch den Umgang damit. Sinnvoll ist im ersten Schritt, den Hausarzt aufzusuchen. Die umfassenden diagnostischen Möglichkeiten, die der Hausarzt hat, inklusive der Option, an geeignete Fachärzte zu überweisen, stellt sicher, dass die korrekte Diagnose gefunden und die passende Behandlung eingeleitet wird.

Was kann der Hausarzt tun?

Verläuft die Erkrankung schwerer, wird der Hausarzt den Patienten an einen niedergelassenen Psychiater oder eine Klinik überweisen. Manchmal stehen auch die körperlichen Beschwerden (z. B. Schlafstörungen, Müdigkeit, Appetit- und Gewichtsverlust) im Vordergrund, sodass der Hausarzt weiterhin der Ansprechpartner bleibt. Das ist in Ordnung, denn Hausärzte kennen ihre Patienten häufig über einen längeren Zeitraum, wissen um die familiäre oder Lebenssituation und Vorerkrankungen. Für die Betreuung durch den Hausarzt spricht auch, dass Ihr Angehöriger möglicherweise mehr Vertrauen zu seinem Hausarzt hat als zu einem fremden Facharzt.

Der Hausarzt kann Ihren Angehörigen in der Zeit zwischen der Diagnose und dem Beginn einer Psychotherapie oder eines Klinikaufenthalts medizinisch begleiten. Denn unter Umständen kann es mehrere Monate dauern, bis ein Therapieplatz zur Verfügung steht. Diese Phase kann sowohl für die Betroffenen als auch für die Angehörigen schwierig sein. Ein vertrauensvoller Ansprechpartner wie der Hausarzt kann hier unterstützen. Weitere Tipps und Ideen, wie Sie diese Zeit möglichst gut gestalten können, erfahren Sie ab S. 127.

Zu guter Letzt hat der Termin beim Hausarzt für den Betroffenen noch einen weiteren Vorteil: Weder die Arzthelferin am Empfang noch die anderen Patienten im Wartezimmer wissen, warum man heute kommt – es könnte aufgrund eines Infekts, einer Impfung oder einer anderen Gesundheitsberatung sein – und das macht es manchen Betroffenen leichter.

Zweitmeinung kann nötig sein: Wenn nur ein Symptom beim Arzt Beachtung findet, sollten Sie aufmerksam werden. Wenn wirklich eine Depression vorliegt, führt die Konzentration auf ein einziges Symptom, zum Beispiel Schlafstörungen, nicht zu einer Verbesserung. Holen Sie daher, wenn Sie sich nicht sicher sind, ob der aufgesuchte Arzt das Ausmaß des Problems erkannt hat, eine zweite Meinung ein.

Wer stellt eine Diagnose?

Da verschiedene Ursachen für das Auftreten von depressiven Symptomen verantwortlich sein können, ist eine umfassende Anamnese und Diagnostik von großer Bedeutung. Der Hausarzt kann hier eine erste Einschätzung vornehmen. Zum einen lernen Allgemeinmediziner in ihrem Studium auch, wie psychische Erkrankungen erkannt werden können, zum anderen haben sie den ganzen Menschen im Blick.

Bis die Diagnose gesichert ist, spricht man von einem „depressiven Syndrom“. Mithilfe von Blutuntersuchungen und bildgebenden Verfahren werden andere Ursachen für die Symptome ausgeschlossen, wie eine Schilddrüsenerkrankung, ein Tumor oder Nebenwirkungen von Medikamenten. Erst dann wird die Diagnose Depression gestellt. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, zuerst einen Arzt aufzusuchen und nicht die Abkürzung direkt zu einem psychologischen Psychotherapeuten zu wählen. Der ist zwar geschult darauf, Depressionen zu erkennen und zu behandeln, kann aber nicht die gesamte Diagnostik durchführen und auch keine medikamentöse Behandlung beginnen. Neben dem Hausarzt kommen folgende Ansprechpartner infrage:

Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Die Fachkräfte für psychische Störungen und Erkrankungen sind Psychiater, also Ärzte mit einer Facharztausbildung für Psychiatrie und Psychotherapie. Psychiater sind aufgrund ihres Medizinstudiums und ihrer Facharztausbildung in der Lage, organische Ursachen für psychische Störungen zu erkennen oder auszuschließen. Sie erkennen im Gespräch mit dem Patienten (Exploration), wie das emotionale Erleben aussieht, ob Ängste, Denkoder Wahrnehmungsstörungen vorliegen und ob die geschilderten Beschwerden und Ereignisse ins Bild einer Depression oder einer anderen psychischen Erkrankung passen. Meist führen die Psychiater auch eine körperliche Untersuchung und eine Labordiagnostik durch. Für eine bildgebende Untersuchung des Kopfes werden sie den Patienten an einen Radiologen verweisen. Auch können Psychiater Medikamente verschreiben und eine Krankschreibung vornehmen.

Ärztlicher Psychotherapeut. Mediziner mit einer mehrjährigen Weiterbildung zum Psychotherapeuten (sogenannte Ärztliche Psychotherapeuten) legen den Schwerpunkt meist auf die Psychotherapie (z. B. kognitive Verhaltenstherapie). Sie würden für eine körperliche Untersuchung an den Hausarzt oder einen Internisten überweisen. Ärztliche Psychotherapeuten können ebenso Medikamente verschreiben und eine Krankschreibung ausstellen.

Psychologe oder psychologischer Psychotherapeut. Psychologen haben ein Psychologie-Studium und gegebenenfalls noch eine Weiterbildung zum Psychotherapeuten absolviert. Wie bei den ärztlichen Psychotherapeuten liegt ihr Schwerpunkt auf der Psychotherapie. Psychologen können keine Medikamente verschreiben und auch keine Krankschreibung ausstellen.

Der Schweregrad der Depression

Anhand der Anzahl der Haupt- und Nebensymptome wird der Schweregrad eingeordnet. Als Hauptsymptome gelten Niedergeschlagenheit und Traurigkeit, Verlust von Interesse und Freude sowie Antriebslosigkeit und Energieverlust. Nebensymptome sind verminderte Konzentration und Selbstvertrauen, Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit, Schlafstörungen, Gewichtsveränderungen und Suizidgedanken/-handlungen. Nach der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) müssen für die Diagnose mindestens zwei Haupt- und zwei Zusatzsymptome vorliegen. Je mehr Symptome, desto schwerer ist die Depression:

Leichte Depression. Der Betroffene ist zwar von den Symptomen beeinträchtigt, kann aber oft die meisten Aktivitäten seines Alltags fortsetzen.

Mittelgradige Depression. Der Betroffene kann aufgrund seiner Symptome seine alltäglichen Aktivitäten nur noch deutlich eingeschränkt fortsetzen, sie bereiten ihm meist Schwierigkeiten.

Schwere Depression. Typisch sind zahlreiche quälende Symptome und Gefühle von Wertlosigkeit und Schuld. Der Betroffene hat häufig Gedanken an den Tod und empfindet das Leben als sinnlos. Suizidgedanken können vorkommen. Auch einige der somatischen Symptome liegen meist vor. Der Betroffene ist in der Regel nicht in der Lage, alltägliche Aktivitäten fortzusetzen.

Es liegt auf der Hand, dass eine solche Einteilung nur eine grobe Orientierung ermöglicht. Die Diagnose „schwere Depression“ mag Ihnen Angst machen, doch auch schwere Depressionen sind gut behandelbar. Umgekehrt sollten Sie und Ihr Angehöriger eine „leichte Depression“ nicht auf die leichte Schulter nehmen. Dies bedeutet nicht, dass es sich nur um eine banale Erkrankung, kaum mehr als ein bisschen Niedergeschlagenheit oder gedrückte Stimmung, handeln würde. Damit die Diagnose „leichte Depression“ gestellt wird, müssen bereits zwei der Hauptsymptome über mindestens zwei Wochen vorliegen. Auch eine leichte Depression sollte daher unbedingt von einem Arzt behandelt werden.

Angehörigengespräche

Es kann sein, dass der Arzt oder Psychotherapeut die Einschätzung der nahen Angehörigen benötigt, um sich ein umfassendes Bild machen zu können. Denn der Betroffene schildert die Lage aus seiner, mitunter durch die Krankheit beeinflussten Sicht. Vielleicht fühlt es sich für Sie auch gut an, gehört zu werden. Denn viele Angehörige fühlen sich alleingelassen mit der depressiven Erkrankung eines nahestehenden Menschen. Sie wollen helfen, haben aber den Eindruck, dass sie nichts tun können, was die Situation für alle verbessert.

Um ein Gespräch bitten

Selbstverständlich können Sie um ein Gespräch mit dem Arzt oder dem Therapeuten bitten. Den Kontakt dafür sollte aber der Betroffene selbst herstellen. Er muss entscheiden, ob er das möchte. Hilfreich ist es, wenn Sie dem Betroffenen erklären, dass Sie gerne wüssten, wie die Therapie abläuft, welche Entwicklungen zu erwarten sind und wie Sie ihn unterstützen können.

Ob ein Angehörigengespräch zusammen mit dem Betroffenen oder allein zwischen dem Arzt und Ihnen stattfindet, ist ein Punkt, der besprochen werden sollte. Manche Patienten empfinden es als unangenehm, wenn sie an dem Gespräch nicht teilnehmen, weil das Gefühl entsteht, dass nicht mit ihnen, sondern über sie gesprochen wird. Andere wiederum stört das nicht. Falls es Ihnen wichtig ist, allein mit dem Arzt zu sprechen, versuchen Sie dem Betroffenen zu erklären, warum das so ist. Sorgen Sie sich beispielsweise über die Medikamente und Nebenwirkungen und möchten Ihre Beobachtungen oder Befürchtungen lieber nicht vor dem Betroffenen äußern, so erklären Sie ihm, dass es darum geht. Je ehrlicher Sie mit Ihren Wünschen und Sorgen umgehen, desto klarer zeigen Sie dem Betroffenen, dass Sie seine Erkrankung und seine Beschwerden ernst nehmen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für einen vertrauensvollen Umgang.

Nicht alle Ärzte und Psychotherapeuten suchen den Kontakt zu den Angehörigen. Auch darauf sollten Sie sich einstellen. Möglicherweise passt aber ein Gespräch im Verlauf der Behandlung besser in das Therapiekonzept.

Depression. Das Richtige tun

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