Читать книгу Die Ernährungs-Docs - So stärken Sie Ihr Immunsystem - Dr. med. Matthias Riedl - Страница 5
ОглавлениеMIKROBIOM: DIE ABWEHR AUS DEM BAUCH
Ein gesunder Darm ist ein entscheidender Faktor für die Fitness des Immunsystems, denn dort sitzen etwa 70 Prozent aller Immunzellen. Damit der Darm ein schlagkräftiges Organ gegen grippale Infekte und Co. wird, braucht er ballaststoffreiches Essen, das die Vielfalt des Mikrobioms fördert.
Die Darmflora ist in den letzten Jahren zunehmend erforscht worden. Dabei entdeckte man, welch enorme Wirkung das Mikrobiom, also die Gesamtheit aller Darmbakterien, auf die Immunabwehr und damit auf unsere Gesundheit hat. Wie andere Ökosysteme mag der Darm vor allem eines: Artenvielfalt. Darüber lassen sich Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes, Krebs und Übergewicht beeinflussen. Ein gesundes Mikrobiom optimiert das Immunsystem, macht leistungsfähiger, hält die Verdauung und die Darmbewegungen in Schwung. Nicht umsonst wird der Darm oftmals mit dem Gehirn verglichen. Er verfügt zwar nicht über ganz so viele Nervenzellen wie der Kopf, beherbergt aber mit Abstand die zweitmeisten Nervenzellen im ganzen Körper. Darm und Hirn stehen in ständigem Austausch. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass das Mikrobiom auch auf die Seele wirkt. Psychische und nervliche Erkrankungen können sich ebenfalls verbessern, wenn die Darmflora gesund ist.
Häufiger krank trotz gesunder Nahrung
Ein Versuch mit Labormäusen, der an der Universität Utah durchgeführt wurde, legt die Vermutung nahe, dass es Zusammenhänge zwischen Ernährung und Immunsystem über das Mikrobiom gibt. Die Wissenschaftler nahmen dafür Mäuse, deren Immunsystem aufgrund eines Gendefekts geschwächt war; ihnen fehlte ein spezielles Molekül in den T-Helferzellen. Normalerweise regen diese Zellen andere Immunzellen zur Bildung von Antikörpern an. Ohne das spezielle Molekül können sie dies aber nicht. Die Folge: Trotz gesunder Nahrung nahmen die Mäuse mehr zu als Artgenossen ohne Gendefekt. Sie wurden übergewichtig und neigten stärker zu Diabetes. Bei der Untersuchung des Mikrobioms zeigte sich, dass den Tieren bestimmte nützliche Bakterien aus der Familie der Clostridien fehlten, die die Fettaufnahme aus der Nahrung bremsen.
Ballaststoffe spielen eine zentrale Rolle
Lässt sich die Funktionsfähigkeit des Immunsystems also mit der Ernährung unmittelbar beeinflussen? Es gibt keine spezielle Darmdiät, die eine gesunde Darmflora garantiert. Doch wir wissen, dass Ballaststoffe (Präbiotika) eine zentrale Rolle spielen. Gute Darmbakterien ernähren sich nicht nur von ihnen, sondern bauen sie zu Substanzen ab, die die Darmschleimhaut braucht. Das wiederum stärkt die Abwehr. Bei Versuchen mit Mäusen zeigte sich, dass Tiere, die keine Ballaststoffe aßen, so dünne Schleimschichten bekamen, dass Keime, mit denen sie besiedelt wurden, Löcher in die Darmwand fraßen und die Mäuse krank machten. Die Schleimschicht der Tiere, die eine ballaststoffreiche Kost bekamen, wurde dagegen dicker und schützte besser.
Bitterstoffe machen stark
Für ein schlagkräftiges Immunsystem, einen aktiven Stoffwechsel und eine gute Verdauung eignen sich bitterstoffhaltige Gemüse und Kräuter besonders. Dazu gehören Radicchio, Rucola, Endivie, Chicorée, Artischocke, Rosenkohl und Wirsing. Bei den Kräutern sind vor allem Koriander, Salbei, Kerbel und Löwenzahn reich an Bitterstoffen.
Prä- und Probiotika für den Darm
Präbiotika sind gutes Futter für Bakterien, die das Mikrobiom bereichern. Sie regen günstige Darmbakterien selektiv zum Wachsen an. Präbiotika stecken vor allem in Gemüse (Chicorée, Zwiebeln, Knoblauch, Topinambur, Lauch, Spargel, Schwarzwurzeln), aber auch in Vollkornprodukten. Ein wahres Festessen für gute Darmbakterien ist unverdauliche Stärke, die entsteht, wenn man Reis oder Kartoffeln kocht, erkalten lässt und dann erst isst. Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die sich in vergorenen Lebensmitteln finden (wie Sauerkraut, Joghurt, Kefir, Buttermilch). Sie verdrängen zum einen die ungesunden Darmbakterien und unterstützen die vorhandenen guten. Zum anderen können einige Probiotika auch Abwehrstoffe gegen krank machende Keime bilden.
Fast Food und Co. reduzieren die Vielfalt
So positiv sich die richtige Ernährung auf den Darm auswirkt, so gilt im Umkehrschluss auch: Eine ungesunde Ernährungsweise, wie sie in der westlichen Welt leider weitverbreitet ist, reduziert die Vielfalt der Darmbakterien und schwächt das Immunsystem. Fast Food, Alkohol, Fertiggerichte und verarbeitetes Fleisch stärken die schlechten und schwächen die guten Darmbewohner. Belastend wirken auch zu viel Salz, Farb-, Süß- und Zusatzstoffe, Emulgatoren und Stabilisatoren, wie sie häufig in verarbeiteten Produkten verwendet werden.
Die Ernährungs-Docs
Das sogenannte viszerale Bauchfett belastet das Immunsystem in besonderem Maße, denn dessen Gewebe in der Bauchhöhle zwischen Darmschlingen, Leber und Magen ist wesentlich aktiver als andere Fettgewebe. Bauchfettzellen schütten vermehrt entzündungsfördernde Hormone und Botenstoffe aus, die wiederum weitere schädliche Stoffe produzieren. Das „Eingeweidefett“ enthält Immunzellen, deren Immuneiweiße Entzündungen in den Blutgefäßen anfeuern, die Abwehr schwächen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arteriosklerose, Darmkrebs und Diabetes fördern. Das viszerale Bauchfett kann auch für Normalgewichtige zum Risiko werden. Anzeichen dafür sind ein relativ großer Bauchumfang und ein erhöhter Blutzucker in nüchternem Zustand.
Geburt, Hygiene, Antibiotika, Schlaf
Die Ernährung ist aber nicht alles. Es gibt auch noch viele andere Faktoren, die den Zustand des Darms beeinflussen. Das beginnt schon mit der Art der Geburt. Babys, die per Kaiserschnitt auf die Welt kommen, sind schlechter geschützt als Neugeborene, die während der Geburt durch die vaginale Flora der Mutter mit nützlichen Darmbakterien besiedelt werden. Übertriebene Hygiene und die zu häufige Einnahme von Antibiotika wirken sich ebenfalls schädigend auf die Darmflora aus. Und nicht zu vergessen: Das Mikrobiom mag Schlaf im festen Rhythmus von sechs bis acht Stunden täglich. Sonst verändert es sich auf ungünstige Weise.