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MIETPREISBINDUNG UND DAS KONZEPT EINER PERFEKTEN STADT
ОглавлениеDie Kultur der Lower East Side war zu einem guten Teil durch die Mietpreisbindung der Sozialwohnungen ermöglicht worden (so wie die Kultur eines großen Teils des Endsechziger Rock ’n’ Roll-Milieus, wie in der Geschichte, »Johnny Ray Slage – Ready to Rock«, durch die entspannte und tolerante Westküsten-Freigiebigkeit möglich war.) In New York City wurde die Mietpreisbindung während der Depression als Ergebnis unablässiger Agitation seitens der Mieter-Organisationen mit dem Mietpreisbindungsgesetz von 1939 eingeführt. Während des Zweiten Weltkriegs gründete sich eine Mietervereinigung, die United Tenants League, welche die Einrichtung einer städtischen Dienststelle zur Mietpreiskontrolle durchsetzte und für die Kriegszeiten die Mietpreisbindungen in New York City umsetzte. Diese Mietpreisbindungen hielten sich nach dem Krieg noch jahrzehntelang und sie erst ermöglichten den Poetry-Bebop-Schriftsteller-Beat-Generation-Antinuklear-Hipster/Hippie-Matrizenflugblatt-Boom der Fünfziger und Sechziger.
Als ich Ende der Fünfziger in die Lower East Side kam und während der Jahre, in denen diese Geschichten spielen, gab es die Mietpreisbindungen noch. Es gab billige Buden, erschwingliches Essen, es musste niemand fünf Teilzeitjobs haben, um zu überleben, und du konntest für fünf Bucks genug Gras kaufen, um vielleicht zwanzig Joints davon zu drehen. Eines von Amerikas andauernden Missständen — das grundlegende Desinteresse an erschwinglichen und anständigen Wohnmöglichkeiten für alle (einschließlich sauberem Wasser und Freiraum) — war damals nicht so ein Problem. Das heißt, das Zündstoffgemisch aus Habgier und politischer Korruption hatte das Recht auf erschwingliche Behausungen für normale Leute noch nicht zerstört. Sicherlich war die Lower East Side ein Bereich, in dem Armut vorherrschte, aber das Leben im Hamsterrad war zu der Zeit nur eine Fantasie Rechtsgesinnter, von der nur wenige glaubten, es jemals selbst erdulden zu müssen.
Eine der grundlegenden Visionen, die uns damals inspirierte, war die Errettung der amerikanischen Stadt. In meiner Dichtung nannte ich es Goof City, eine Stadt der Freiheit, in der alle entspannt sein konnten, in der Armut vertrieben war und Wohlstand wahrhaftig geteilt wurde. Es war die Kultur, nach der es Charles Olson hungerte, wenn er von »einer Welt, die es wert ist, erschaffen zu werden« sprach.
Die Lower East Side schien der perfekte Ort zu sein, um Goof City zu erschaffen. Seit dem Krieg von 1812 und dem darauffolgenden Bevölkerungswachstum war sie ein Slum, denn die wohlhabenden Bewohner waren aus ihren Häusern ausgezogen. Die Häuser fielen in die Hände von Immobilienmaklern und Pensionswirten. Die großen Räume in den Gebäuden wurden in kleinere Zimmer unterteilt, ohne Licht, ohne Fenster. Hinterhof-Mietskasernen wurden dort gebaut, wo sich einst holländische Gemüsegärten befanden.
Dann und wann konnte man in den Sechzigern noch einen Hahn krähen hören und wir erfuhren, dass im Neunzehnten Jahrhundert einige Menschen Schweine im Keller gehalten hatten. Erst 1867 wurde das Halten der Unrat fressenden Schweinen verboten und es gab deswegen Proteste und Aufruhr. 1869 ordnete die Gesundheitsbehörde unter dem Druck der Reformer an, dass aus Gründen der Belüftung und der Gesundheit, und auch als Schutzmaßnahme gegen Schlafzimmer-Sittenlosigkeit im Dunkeln, sechsundvierzigtausend Fenster in die innen gelegenen Zimmer der Lower East Side-Mietskasernen eingebaut wurden. Diese komischen Fenster, überstrichen und für gewöhnlich nicht zu öffnen, benutzten wir in den 60ern als Rahmen für unsere Poster oder Mandalas.
Einige von uns waren sich sicher, dass wir diejenigen waren, die die Lower East Side als energetische Zone entdeckt hatten, tatsächlich aber erfuhren wir, als wir uns mit der Geschichte befassten, dass sie über zweihundert Jahre lang wieder und wieder entdeckt worden war von den Geschlagenen, den Gebrochenen, den Rebellierenden, den Radikalen, den Sozialisten, den Anarcho-Gewerkschaftern, den Suffragetten und Feministinnen, den Trotzkisten und zu unserer Zeit von den Barden und Haschrauchern, den Jazz-Hipstern, den Psychedelikern, und von all denen, die auf ihrem Weg zu den goldgepflasterten Straßen des amerikanischen Traums vorbeikamen.