Читать книгу Der Koch und seine Toten - Edward Mosch - Страница 11
Оглавление10
Ein Strand bei Pesaro. Sie hatten auf dem Rücken gelegen und auf die weißen Wolken gesehen, die über sie hinzogen. Es war heiß und sie waren näher zum Wasser hin gekrochen, dahin, wo der Sand anfing feucht und kühl zu werden. Zwischen sich eine Sandburg. Die Ausläufer der Brandung spülten allmählich die Burg weg, und rieselten kühl über seine Beine zurück ins Meer. Das tat gut und er fühlte sich ruhig und satt und glücklich. Sie hatten es den ganzen Vormittag über im Bett getrieben, und lagen jetzt genau am richtigen Ort, wie er fand. Aber er wußte nicht, ob sie auch so fühlte. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen weil die Burg es verdeckte. Nur aufrichten müßte er sich um sie anzusehen, aber auf einmal bekam er Angst davor, ihr Gesicht zu sehen. Vielleicht empfand sie ganz anders als er, vielleicht war sie unzufrieden mit ihm, oder dachte an jemand anderen und er würde es ihr ansehen. Er lag still und ausgestreckt auf dem Rücken, atmete flach und leise und begann, mit dem rechten Zeigefinger ein Loch in den Sand zu bohren. Allmählich vergrößerte er es und konnte den halben Unterarm in den feuchten Tunnel schieben, vorsichtig, damit die Burg nicht einsackte. Benno war, als könne er noch heute die allmählich schmerzenden Fingerspitzen im rauhen Sand spüren und dann die Freude und Geborgenheit als sich Milanas Hand um seine Finger schloß.
Jetzt kam er aus dem Polizeipräsidium heraus und stand in der abendlich kühlen Luft. Er überlegte, wie lange er es noch vermeiden konnte, mit Milana zu sprechen. Wie weit war er voran gekommen? Gab es positives zu berichten? Eigentlich überhaupt nicht, obgleich er freigelassen war.
Freigelassen aber nicht freigesprochen.
Er machte sich auf den Weg zum „Brockenblick.“ Dort war schon die Außenbeleuchtung eingeschaltet und im Parterre brannten alle Lichter, obwohl es gerade erst dämmerig wurde. Benno wunderte sich darüber.
Es erleichterte ihn, daß Herr Winter nicht unter den Gästen zu sehen war. Denn inmitten Fremder wäre es ihm noch schwerer gefallen, Winter anzusprechen und das Gespräch mit ihm zu führen, welches er jetzt führen mußte. Er schlängelte sich zwischen den Tischen zum Büro durch und erschrak. Sein Chef saß, als Benno die Tür öffnete, anders als sonst, nicht am Telefon oder über Papieren, sondern mit seiner Jagdflinte über den Knien beim Schreibtisch, schob Patronen in die Kammern und sah ihn finster an.
„Ich war`s nicht“, haspelte Benno, „es ist bewiesen.“ Winters zerfurchtes Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen. Er hob die Mündung der Waffe zur Decke.
„Weiß ich.“ Benno ließ sich auf den nächstbesten Stuhl fallen und plapperte los.
„Im Präsidium, die haben mich den ganzen Tag vernommen und untersucht. Keine Spuren an mir. Der Kommissar sagt, ich hätte auch kein Motiv für so etwas und auch kein Tatwerkzeug und den Kopf auch nicht, den von Jan meint er.“
„Aber geschlafen haben Sie!“ der traurige Ton in Winters Stimme traf Benno ins Herz. Er war gekommen, um sich für sein Versagen zu entschuldigen. Mit einem Ruck erhob sich Winter, schob noch Munition ins Gewehr und entsicherte es. Das knackende Geräusch jagte Benno vom Stuhl.
„Los jetzt, wir müssen hoch. Wenn es dunkel wird, kommt er.“
Benno sah ihn verständnislos an.
„Der Mörder!“ sagte Winter. „Ich kenne ihn.“ Benno ließ sich von Winter durch die Tür schieben und folgte ihm die Treppe hinauf. In seinem Kopf drehten sich die Gedanken. Es wurde ihm klar, daß er sich eben nicht verhört hatte. Er packte Winter am Arm und zwang ihn, stehen zu bleiben.
„Sie kennen ihn, das haben Sie gesagt. Sie wissen, wer es ist? Warum sagen Sie das nicht der Polizei?“
Benno trat gegen eine der mit Kunstblumen gefüllten Vasen, die neben der Treppenstufe standen.
„Sie wissen Bescheid, tun aber nichts für mich. Die Leute glauben weiter, ich hätte was damit zu schaffen!“ Winter schüttelte seinen Arm frei und sah die Treppe hinauf, wo seine Frau erschien.
„Wo hast du den Koffer und den Mantel?“ Victoria stand seltsam steif und rührte sich nicht mehr. Sie hielt starr das Gesicht nach vorne auf Benno und ihren Mann gerichtet. Aber ihre Augen, aufs äußerste verdreht, sahen nach etwas, das sich links von ihr befand. Von dort her schien Licht. Sie schielte danach, wagte aber offenbar nicht, den Kopf hinzuwenden. Beim Näherkommen sah Benno, daß das Licht aus der offenstehenden Tür eines Zimmers kam, das zur Straße hin lag.
„Er ist da“, sagte sie, „unten auf der Straße, er sieht zu uns hinauf.“
Winters Blick begann zu flackern, er packte seine Frau bei der Schulter, rüttelte sie, schob sie zur Treppe, die zum Speicher hochführte, und rannte in das Zimmer, von dem aus man auf die Straße hinunter sehen konnte.
„Er ist weg!“ In dem Moment schlug unten die Tür des Haupteingangs zu. Winter, der gerade aus dem Zimmer trat, umfaßte mit beiden Händen den Türpfosten, schloß die Augen und horchte. Victoria sank auf die Treppe, hielt sich am Geländer fest und drückte ihr Gesicht aufs Knie. Da kam von unten ein kurzer, heller Klingelton. Die Kasse war geöffnet worden.
„Das war der Herr Weber! Er ist sehr zeitig gekommen! Jetzt zählt er das Wechselgeld“, rief Winter mit einer Stimme, die wie ein aufgeschreckter Vogel flatterte, „dabei hat sein Dienst noch nicht angefangen. Das ist ein guter Kellner. So einen finden wir kaum wieder.“ Winter kniete sich vor seine Frau auf die Treppe und erzählte ihr hektisch, daß nun sicher auch das restliche Personal kommen würde, die Hilfsköchin, der zweite Kellner und der Büfettier. Sie umarmten sich, lachten und waren dann fast am Heulen. Benno sah, wie Winter zur Speicherluke weiter stolperte, seine Frau hinter sich herziehend. Sein Gewehr stieß an den Lukenrand. Winter nahm es, schien auf Benno zu zielen und rief ihm etwas mit seiner flatternden Stimme zu, die er abwürgte, als unten jemand begann, die Treppe hochzusteigen.
„Bringen Sie den Koffer her und den Mantel, schnell!“ hatte Benno verstanden, er griff nach den Sachen, die neben ihm lagen und sprang in den Speicher.
Winter verschloß die Luke, knipste das Licht an, sah sich um und schob eine schwere Kommode auf den Lukendeckel.
Benno lief in dem großen, kahlen Raum herum und sah zu, wie Winter abgestellte Hohlblocksteine und Dachziegeln heranschleppte und einige Meter von der Luke entfernt aufschichtete. Er lief tief gebeugt, die Ziegeln ganz leise absetzend, schien kaum zu atmen, starrte auf die Luke und richtete dann den Lauf seiner Flinte, über die obersten Steine gelegt, auf sie aus.
„Ich will wissen…“ sagte Benno. Winter legte den Zeigefinger vor den Mund. Der, der die Treppe hochgestiegen war, blieb jetzt im obersten Stock, unterhalb des Speichers, stehen. Ein Schlüssel wurde ins Schloß geschoben, eine Tür geöffnet, aber nicht geschlossen.
„Haben wir da einen Gast?“ flüsterte Winter zu Victoria hin.
„Ja, den Vertreter aus Neuwied.“ Sie machte bei einem der beiden Dachbodenfenster einen langen Hals und sah vorsichtig zur Straße hinunter.
„Ich will wissen, was das hier soll! Was ist los?“ Benno bemühte sich, leise zu sprechen.
„Weil wir die Nächsten sind, darum.“
„Die Nächsten? Sie meinen, die Nächsten nach Marconi und Jan?“ In dem Moment krachte etwas unten, in der Nähe der Luke, splitternd auseinander. Benno sah hin und bildete sich ein, sie würde sich einige Zentimeter heben, was wegen der darauf stehenden Kommode aber unwahrscheinlich war. Winter kniete hinter seinen Steinen und hielt das Gewehr im Anschlag. Es war still, aber Benno glaubte, ständig Geräusche zu hören. Mal ein Kratzen auf dem Dach, mal ein Rascheln unter den Speicherdielen. Er trat neben Herrn Winter.
„Warum sollte er es auf Sie abgesehen haben? Warum?“ flüsterte Benno.
„Weil er weiß, daß uns Jan vor seinem Tod etwas verraten hat. Weil er weiß, daß wir ihn erkannt haben. Er ist keinen Augenblick sicher, solange es uns gibt.“
Jetzt klang von unten ein Geschrei hoch, Glas klirrte, Getrappel auf der Treppe, Männerstimmen.
„Das ist der Herr aus Neuwied“, Victorias Stimme klang müde, „er ist betrunken und randaliert, aber der Kellner kümmert sich.“ Benno spürte, wie sich Herr Winter bei diesen Worten entspannte. Er setzte sich, lehnte das Gewehr mit dem Lauf nach oben an seine Schulter, sprang aber nach wenigen Minuten wieder auf, lief an allen vier Seiten des Speichers entlang, sah zu den Dachluken hoch und überlegte.
„Nein, er hat nur durch die Speicherluke Zugang zu uns.“ Victoria kam aufgeregt heran.
„Wenn er aber in der Nacht die Sicherung herausdreht? Dann sitzen wir im Dunkeln!“ Sie glotzten sich an.
„Ich habe die Lampe“, sagte Winter und holte einen schweren Handscheinwerfer aus dem Koffer.
„Wollen Sie die Nacht hier verbringen?“ fragte Benno.
„Jede Nacht!“ ächzte Winter, am Tag sind wir unten ziemlich sicher, wegen der vielen Leute. Aber in der Nacht ist es für uns hier oben besser. Alles ist übersichtlich und ich habe freies Schußfeld.“ Alle schwiegen und dachten nach. Da pochte es laut gegen die Luke. Victoria kroch hinter die Steine, Herr Winter hob das Gewehr.
„Chef!“ Winter schwieg. Wieder wurde nach ihm gerufen.
„Chef, der Gast aus Neuwied macht Probleme. Er will weitersaufen, dabei ist er schon randvoll.“
„Gebt ihm noch was! Dann wird er umfallen und einschlafen.“
„Soll das jede Nacht so gehen?“ fragte Benno und zeigte auf die Kommode, die die Luke beschwerte. Winter sah ihn seltsam an, hob den Mantel vom Boden und legte ihn seiner Frau um die Schultern.
„Es wird kalt. Aber vielleicht macht er einen Fehler, verrät sich, oder jemand bringt ihn zur Strecke. Wir sollten hoffen.“ Benno stampfte mit dem Fuß auf.
„Nein, Sie könnten was tun: Gehen Sie zur Polizei!“
„Den anzeigen? Den Ehrenbürger? Den ehemaligen Stadtrat?“ Winter lächelte schief.
„Außerdem haben wir keinen einzigen Beweis.“
„Jan hat Ihnen doch etwas verraten.“
„Er kann es nicht mehr bezeugen.“
„Das weiß der Mörder auch! Dann kann er sich doch sicher fühlen und Sie in Ruhe lassen?“ Winter winkte ab. „Er fühlt sich aber nicht sicher. Darum wird er kommen.“
Benno stand und betrachtete die verängstigten alten Leute, die sich in einem Irrenhaus einzurichten versuchten, wie er fand. Sie taten ihm leid.
Er meinte, es sei verkehrt, auf den Mörder zu warten. Das kam wohl, weil er meist als Alleinkoch arbeitete und es gewohnt war, von sich aus initiativ zu werden und für alles zu sorgen. Vom Schreiben der Speisekarte, wo er nur die Mitsprache des Chefs duldete, über die täglichen Fleisch-, Fisch- und Gemüsebestellungen, bis zur Preiskalkulation und dem Kochen selbst. Darin war er geübt, aber nicht im Warten. Man sollte nicht auf den Kerl warten, man sollte ihn angreifen, das wäre vernünftig, dachte er. „Wie heißt er?“
Winter schwieg. Victoria tat, als habe sie nichts gehört und sah zum Fenster hinaus.
Herr Winter hockte auf seinen Steinen und wand sich darauf, als wären sie heiß.
„Wir haben keine Beweise.“ Benno trat dicht an ihn heran, ging in die Hocke, damit Winter ihm ins Gesicht sehen mußte.
„Wie heißt er? Wegen dem Dreckskerl bin ich ohne Job und werde wie ein aidskranker Kinderschänder angesehen. Ich habe ein Recht darauf, ihn zu kennen!“ Benno tippte gegen Winters Knie.
„Ist es Szymczak, dieser Doktor?“
Winter schüttelte den Kopf. Benno saß die Erbitterung im Hals. Er fand, daß ihn sein Chef, der alte, ängstliche Mann, der krumm dasaß und sich an seiner Flinte festhielt, wie Scheiße behandelte. Es war Benno zuviel: Er griff hart zu, packte die Flinte beim Lauf und stand auf.
„Ich leg ihn um! Sagen Sie wer‘s ist, ich tue es.“
Winter zog an seinem Gewehr, aber Benno ließ nicht nach, Winter ließ los und hob langsam das Gesicht zu Benno.
„Wenn Sie es können, dann tun Sie‘s doch.“ Die Worte waren giftig heraus gerotzt, aber in Winters Blick sah Benno jäh hochkochende Hoffnung und Freude.
Victoria war zum Fenster geschlichen und machte jetzt eine heftige Bewegung.
„Er ist da!“. Sie sagte es ganz trocken. Nur ein leichtes Wackeln ihrer Stimme verriet ihre Angst. Benno hielt das Gewehr oben am Lauf und schleifte es hinter sich her zum Fenster. Herr Winter blieb auf seinen Steinen sitzen. Benno sah, daß ihm Hände und Knie schlotterten und verstand, daß Winter nicht abdrücken würde, wenn er es müßte. Er könnte es nicht.
„Da“, sagte Victoria, „da steht er.“ Sie drückte ihre Wange so an die Deckung gebenden Ziegelsteine der Wand, daß die Steinkanten einen tiefen Abdruck auf ihrem Gesicht hinterließen.
Benno sah auf die nächtliche Straße hinunter. Auf der dem Hotel gegenüber liegenden Seite stand ein Mann im Schein einer Straßenlaterne, der zum Hotel hinüber sah. Erst als er sich in Bewegung setzte, wußte Benno, daß er ihn schon einmal gesehen hatte. Diesen alten Mann, der langsam vorbeilief, an dem eine silberne Taschenuhrkette blinkte, als er sich einmal umdrehte, und der dann in der Dunkelheit verschwand.
„Richard Brünn“, hörte Benno Victoria flüstern.
„Ich glaub es nicht“, sagte Benno und unterdrückte ein Lachen. Sie schwiegen eine Weile.
„Doch“, sagte Winter, „und an den kommen Sie nicht heran. Der hat viele Freunde. Vor allem bei den Linken. Mit denen steckt er zusammen und jagt alles, was irgendwie nach rechts aussieht. Ein großer Freund aller Migranten und Asylanten. Sie haben hier keine Freunde. Er ist eine geachtete Persönlichkeit. Sie sind ein zugezogener Mordverdächtiger. Sie könnten sich eher erschießen, als gegen ihn anzutreten.“
„Ich erschieß mich mit Sicherheit nicht!“ sagte Benno. „Aber Sie könnten mir einen Tip geben, wie ich doch an ihn herankomme. Vielleicht verschaffen Sie mir eine Einladung von ihm“, scherzte er. Benno glaubte nicht an die Geschichte vom uralten Mörder Brünn.
Er hielt eher Winter für übergeschnappt. Auch seine Frau. Alle waren sie verrückt geworden und Benno wollte nur eines: heraus aus diesem Irrenhaus, an die frische Luft und den erstbesten Menschen umarmen, der bei Verstand war.
Herr Winter hielt den Kopf gesenkt, die Finger um den Rand der Steine gekrallt, auf denen er saß. Benno hoffte, er würde wenigstens nachdenken. Aber er horchte nur angestrengt, ob jemand die Treppe hochkam.
„Ich geh dann mal.“ Benno lief zur Luke. Herr Winter war mit einem Satz bei ihm.
„Die Luke bleibt zu! Lassen Sie die Finger davon!“
„Wenn ich runter will, muß ich aber da durch.“ Benno klopfte auf die Luke und grinste den Alten an.
„Meinen Kopf möchte er nicht haben, mir passiert nichts, nur Ihnen. Und wenn Sie mir nicht helfen, kann ich auch nichts für Sie tun.“ Er reichte ihm das Gewehr herüber und sah Winter hinterher, der knickebeinig und zögernd zu seinem Schießstand zurückschlurfte. Die Sorge und Angst in Person.
„Oder fällt Ihnen doch noch ein Tip für mich ein? Hat er Verwandte, mit denen man reden könnte, oder ehemalige Kollegen, Freunde, oder läßt er sich einmal in der Woche eine Nutte ins Haus kommen? Die wüßte sicher was Ekliges über ihn.“ Winter hockte sich wieder auf seine Steine, legte den Kopf schief und sah ihn listig an.
„Er hat keinen Menschen außer einer ganz jungen Frau, einer Verwandten, Marlene Welles heißt sie. Die liebt er, als sei sie seine Tochter. Sie hat einen kleinen Sohn. Die beiden sind die einzigen, die ihn besuchen. Sie ist hübsch und ziemlich fein. Sie kümmert sich um den Alten. Wenn Sie der erzählen, was wir über ihn wissen, wird sie das nicht einfach wegstecken. Sie wird Brünn mit Mißtrauen ansehen, und sich ständig fragen, ob es stimmt, was Sie ihr gesagt haben.
Winter hockte auf seinen Steinen, und schaukelte ein wenig hin und her.
„Er wird ihr ausreden wollen, was Sie von Ihnen gehört hat, aber ein Mißtrauen wird ihr bleiben. Dann halten Sie sich ran, und sagen ihr noch ein paar Geschichten mehr, die ich Ihnen stecke. Ganz ernst sprechen Sie, so, als wollten Sie das Mädchen warnen. Und nach einer Weile wird sie den Alten meiden. Das wird ihm das Herz brechen. Dann denkt er nicht mehr klar, er wird Sie hassen und macht vielleicht den Fehler, auf Sie loszugehen. Aber Sie erwarten ihn schon.“ Benno schüttelte den Kopf.
„Und wenn er mich einfach wegen übler Nachrede anzeigt?“
„Tut er nicht. Sonst würde noch mehr über ihn geredet. Das will er nicht.“
Mein Chef will auf meinem Arsch durchs Feuer reiten, dachte Benno.
„Und was soll es bringen, wenn er mich anfällt?“
„Dann haben wir ihn bei einer Straftat erwischt und ziehen ihn vor Gericht. Und ist erst mal seine Schale geknackt, dann finden wir Risse, durch die wir tiefer in ihn schlüpfen werden.“ Eine bescheuerte Idee, noch idiotischer, als den Alten einen Mörder zu nennen, dachte Benno. Er sah Winter genau an, um zu sehen, ob er seine Worte ernst meinte. Der machte ein begeistertes Gesicht, so, als habe er eben seine und Bennos Probleme mit einem Hieb gelöst. Hat mit dem Chef keinen Zweck, resignierte Benno, er würde nichts Gescheites mehr aus ihm heraus bringen. Der Chef rutschte von seinen Steinen und kam leise und rasch zu ihm. Sie sahen sich an. Winter lächelte. Dann griffen sie zu und schoben die Kommode von der Luke.
„Gehen Sie an das Mädchen. Und denken Sie daran: Sie haben bei uns etwas gut zu machen.“
„Wo wohnt diese Marlene Welles?“