Читать книгу Der Koch und seine Toten - Edward Mosch - Страница 4
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„Das ist meines“, flüsterte Benno, als ihm Kommissar Riemschneider das Ausbeinmesser unter die Nase hielt. Er hockte immer noch auf der Treppe und war wie betäubt. Er spürte es kaum, wenn ihn einer der vorbei gehenden Leute streifte. Alles hatte so gut angefangen mit der neuen Stelle. Er verdiente etwas weniger Geld, als in seinem alten Job in Neuss, aber seine Chefs, das Wirtsehepaar Winter, waren erstaunlich fürsorglich und hatten ihm sogar ein Zimmer am Rand der Innenstadt besorgt.
Er sah, wie ein Polizist an Riemschneider herantrat.
„Das sind handgefertigte italienische Schuhe. Ganz neu, ein bißchen Blut ist in einen reingelaufen. Stammt vermutlich vom Opfer. Im linken Schuh klebt noch das Etikett mit den Daten und dem Firmennamen darin, wogegen es im rechten fehlt“, sagte der Mann. „Und die Schuhe stehen vor den Füßen des Toten. Seltsam.“
„Sicher hat er sie sich nicht selbst ausgezogen im kühlen Hof. Das muß der Mörder getan haben“, meinte der Kommissar. „Ist schon merkwürdig!“ Benno sah erst jetzt die Schuhe. Der Polizist gab Riemschneider etwas in die Hand. „Der Ausweis des Toten“, rief der Kommissar, „lautend auf den Namen Pietro Marconi. Italienischer Staatsbürger. Kennt jemand den Namen?“
„Ich“, sagte Victoria.
„Woher kennen Sie Marconi, Frau Winter?“ „Aus dem KZ Mittelbau Dora“, antwortete ihr Mann. Er legte einen Arm um ihre Schultern, „sie war als Zwangsarbeiterin dort.“
Benno sah die Winters an. Zwei alte Leute von über siebzig, sie hielten sich jetzt bei der Hand und als sie seinen Blick bemerkten, sahen sie ihn ernst, und wie er fand, mißtrauisch an. Sicher fühlten sie sich elend und hatten Angst. Ihm war nach Weinen zumute. Durch den Schleier seiner feucht werdenden Augen sah er den grell ausgeleuchteten Hof, die Männer der Spurensicherung in ihren weißen Kunststoffanzügen und diesen Doktor Szymczak, der gerade mit dem zweiten Kripobeamten sprach. Benno konnte ihn nicht hören, nur sehen, wie er mit seinen langen Armen vor dem Kripobeamten herumfuchtelte und theatralisch den Kopf in den Nacken warf. Sicher hat er es getan, dachte Benno. Jetzt erregte sich Szymczak so, daß sein Geschrei im ganzen Hof zu verstehen war.
„Sie verdächtigen mich? Ungeheuerlich! Ich bin ganz zufällig hier! Weil ich aus der Toilette kam und in die falsche Richtung lief. Ein Versehen, die falsche Richtung eben.“ Das ist ein Neurotiker, dachte Benno, wie aus einer Maschinenpistole kommen die Worte rausgeschossen. Jetzt trat er dicht an den Beamten heran und bleckte die Zähne, als wollte er ihn beißen.
„Und wenn ich´s gewesen wäre, dann müßte ich doch den Kopf des Toten haben! Wo ist er? Sie suchen herum, aber der Kopf fehlt.“ Das schien zu stimmen. Es war alles da, auch die Mordwaffe, wie Benno glaubte, aber der Kopf fehlte. Szymczak machte einen Schritt auf ihn zu.
„Fragen Sie doch diesen Herrn, es ist doch sein Messer, womit es gemacht wurde!“ Wie versteinert hörte Benno auf das unverständliche Gemurmel, mit dem der Kriminalbeamte antwortete und ihn dabei anblickte.
„Ach was, erst ins Labor. Quatsch!“, schnaubte Szymczak, hockte sich auf eine leere Getränkekiste und verfiel in ein stumpfsinniges Brüten.
„Was soll ich meinem Verwandten sagen? Schon seit gut einer Stunde erwartet er mich.“ Szymczak sprang auf und rannte erregt hin und her.
„Wie heißt ihr Verwandter?“, hörte Benno den Beamten fragen, der ihn dabei weiter ansah.
„Richard Brünn.“ Einen Moment hielten die Leute der Spurensicherung, der Arzt und die zwei Kripobeamten in ihren Bewegungen inne. Auch die alten Winters schienen aus ihrer Traurigkeit zu erwachen und hoben die Gesichter.
„Wenn Sie so freundlich sein wollen, uns zum Präsidium zu begleiten. Wir verständigen Herrn Brünn umgehend. Haben Sie Gepäck, Herr Doktor?“
Dieser Richard Brünn scheint Eindruck zu machen, dachte Benno und versuchte den forschenden Blick dieses Beamten, der ihn weiter ansah, zu ignorieren.
Kommissar Riemschneider trat zu einem Polizisten. Benno konnte nicht verstehen, über was sie sprachen. Aber weil ihn jetzt beide ansahen, glaubte er, daß es um ihn ging. Noch immer war Benno in Gedanken bei Szymczak und wunderte sich über die Beflissenheit, mit der die Polizei den Kerl behandelte, der so offensichtlich mit dem Mord zu tun hatte und darum, seiner Meinung nach, anders angefaßt gehörte. Benno schüttelte ungläubig den Kopf und lächelte den Kommissar an, als der auf ihn zutrat.
„Herr Wolf, ich verhafte Sie. Sie werden verdächtigt, diese Tat begangen zu haben.“