Читать книгу Die Mulgacamper Romane - Sequel - Band 15 und 16 - Elda Drake - Страница 7

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Kapitel 4

Hetty hatte sich eigentlich keine großartigen Gedanken darüber gemacht, was sie in Deutschland nach fast vier Jahren Abwesenheit erwarten würde. Sie und Kai hatten beschlossen, zuerst ihre Heimat mit Verwandtschaft und Freunden zu besuchen und dann der Reihe nach alle bayrischen Sehenswürdigkeiten abzuklappern. Vor allem anderen standen natürlich die ganzen Königschlösser auf dem Plan. So etwas gab es in Australien nicht und daher rangierte deren Besichtigung immer ganz oben in der Wunschliste. Da machte auch Kai keine Ausnahme. Schon König Ludwig II hatte gewusst, dass beim Hausbau der wichtigste Aspekt die Lage ist und deshalb auch nur in die reizvollsten Gegenden Bayerns gebaut. Und so würden sie bei dem Besuch seiner Schlösser, auch gleich die schönsten Berge und Seen bewundern können.

Als sie, nach einem nochmaligen Umsteigen in Frankfurt, ihr Gepäck an der Ausgabe in München abholten, war ihr immer noch nicht bewusst, wo sie sich eigentlich befand.

Doch als sie vor die Türe traten und Ausschau nach einem Taxi hielten, entfuhr ihr ein lauter Fluch. »Zefix nochmal, es ist Winter!«

Kai hustete, um ein Lachen zu verbergen. Er hatte sich schon die ganze Zeit gewundert, warum Hetty nach wie vor noch im T-Shirt dastand, während er sich bereits eine warme Jacke übergezogen hatte. Nun wurde ihm bewusst, dass seine Freundin tatsächlich komplett vergessen hatte, dass Deutschland auf der anderen Seite der Erde lag und dort momentan die tiefsten Temperaturen des Jahres herrschten. Schließlich war es Ende Januar und zumindest er war insoweit informiert, dass es um diese Zeit nochmal richtig frostig werden konnte.

Seine Freundin sah ihn wütend an. »Du hast gewusst, dass hier Winter ist und es mir nicht gesagt!«

Kai konnte sich nicht mehr halten und krümmte sich vor Lachen. »Heh, wer kommt aus diesem Land? Du hast schließlich vierundvierzig Jahre hier gelebt, du solltest die Jahreszeiten kennen.«

Hetty starrte demoralisiert auf die gefrorenen Pfützen, die sie am Rande des Gehsteigs sehen konnte. Verflucht nochmal! Auf die Idee, dass es auch noch Kälte gab, war sie überhaupt nicht gekommen.

Eine warme Jacke wurde über ihre Schultern gelegt und Kai drückte sie kurz an sich. »Ich wollte auch mal richtig viel Schnee sehen!«

Hetty seufzte laut auf und deutete rundum. »Hier gibt es keinen Schnee, nur Matsch und feuchte Kälte, da müssen wir schon in die Berge fahren.«

Also schoben sie die Verwandtschaftsbesuche auf und stiegen in den nächsten Zug, der nach Süden fuhr. Da auch auf der bayrischen Alpenseite, nur ein paar mickrige Zentimeter Schnee zu finden waren, landeten sie schlussendlich in Österreich.

Kai sah begeistert aus dem Zugfenster auf die hohen Berge und den meterhohen Schnee auf den Feldern. Er stupste Hetty an und deutete auf die Bäume, die aussahen, wie mit Wattebauschen überzogen. »Genauso habe ich mir das vorgestellt!«

Seine Freundin schüttelte trübsinnig den Kopf. Schnee! Kälte! Von Bergen eingekreist! Was sollten sie denn hier die ganze Zeit tun. Man konnte doch bei solchen Temperaturen nicht vor die Haustüre. Sie hatte jetzt im geheizten Zugabteil schon das Gefühl, als würde sie erfrieren und draußen in der Natur konnte sie mit Sicherheit nur ein paar Minuten überleben.

Sie war noch nie ein Wintermensch gewesen und Winter hatte bei ihr immer den Zeitraum von Anfang Oktober bis Ende April bedeutet. Zwischendrin gab es in Bayern einen kurzen kühlen Sommer, aber die meiste Zeit benötigte man fürs Überleben viel Erdöl, um die Zentralheizung in Betrieb zu halten und gut gefütterte Schuhe, damit einem die Zehen nicht abfroren.

Es hatte schließlich seinen Grund gehabt, warum sie Australien als ihr Traumland auserkoren hatte und neben der wunderschönen Landschaft, war dieser Kontinent eben auch glücklicherweise mit einem angenehmen Klima gesegnet.

»Erzähl das mal den Feuerwehrleuten, die jedes Jahr die Buschbrände löschen müssen!«

Ok, irgendetwas war immer los, Zyklon, Überschwemmung oder Buschbrand, aber dabei war es meistens schön warm. Und sie zog es allemal vor, bei fünfunddreißig Grad Außentemperatur im Regen zu stehen, als bei Minus zehn Grad im Schnee.

Sie gab Kai einen ungnädigen Rempler, mit dem Ellbogen. »Ich brauche unbedingt etwas Warmes zum Anziehen und Winterschuhe. Mir ist saukalt.«

Ihr Traumprinz ließ sich durch ihre schlechte Laune nicht entmutigen. »Dann lassen wir uns vom Bahnhof aus gleich zu einem Kaufhaus fahren, in dem wir alles bekommen, was du brauchst.«

Hetty knurrte. »Hier in den kleinen Orten gibt es keine großen Kaufhäuser, sondern nur schweineteure Boutiquen und Schuhgeschäfte.«

Denn natürlich gastierten sie nicht irgendwo am berühmten Arsch der Welt, sondern waren unterwegs zum derzeit angesagtesten Skiort. Und auch wenn es dort mit Sicherheit Billigläden gab, für Kai war grundsätzlich nur das Beste gut genug und er wies den Taxifahrer entsprechend an.

Dann setzte er sich in aller Seelenruhe auf einen Stuhl neben den Ankleidespiegel und sah zu, wie sich Hetty durch das Angebot mühte. Die hasste nichts mehr, als Bekleidung zu kaufen und ihre Laune wurde auch nicht dadurch verbessert, dass die meisten Teile, wie üblich, für Magersüchtige geschnitten waren. Aber schlussendlich hatte sie doch etwas gefunden, was auch ihr zusagte und überreichte seufzend ihre Kreditkarte. Das kostete alles ein Vermögen und würde in ein paar Wochen in die Altkleidersammlung kommen. Denn sie würde einen Teufel tun und das Zeug nach Australien mitschleppen und in Zukunft immer zuerst die Klimatabelle studieren, bevor sie ihr Ok zu einer Urlaubsreise gab.

Nach dem anschließenden Schuhkauf war sie endlich wieder mit der Welt versöhnt und als sie bemerkte, dass ihre Zehen wieder Gefühl bekamen, glaubte sie, das Schlimmste hinter sich zu haben.

Doch das Schicksal hatte sie nur deshalb mit warmer Kleidung versorgt, damit sie bei vollem Bewusstsein war, wenn es zum nächsten Schlag ausholte.

Kai hatte darauf bestanden, dass er in einem Hotel wohnen wollte, das zumindest etwas von dem Flair zeigte, das er mit einer Alpenregion verband. Lieber verzichtete er auf fünf Sterne – Hauptsache er bekam noch etwas Ursprüngliches mit. Glücklicherweise war er nicht der Einzige, der diese Vorstellung hatte und so fanden sie eine angemessene Unterkunft, die einen gelungenen Spagat zwischen alt und neu machte. Sprich, hier gab es allen Komfort und auch noch alte Holzbalken und eine antike Außenfassade.

Hetty sah sich in der ansprechend gestalteten Eingangshalle um, während Kai die Formalitäten erledigte und wollte schon los, um auf ihr Zimmer zu gehen, als sie ihn den Portier fragen hörte. »Wo kann man hier eine Skiausrüstung bekommen?«

Während der einen Moment um Geduld bat und hinter sich in einem Prospektständer kramte, starrte Hetty ihren Freund voller Entsetzen an und stotterte perplex die Frage hervor. »Du kannst Skifahren?«

Im selben Moment wurde ihr bewusst, dass sie hier einem Mann, der grundsätzlich alles konnte, unterstellte, er hätte einen Schwachpunkt.

Kai nahm freundlich dankend den Flyer an, den ihm der Portier aushändigte und antwortete dann mit hochgezogener Augenbraue. »Selbstverständlich. Auch wir Australier haben unsere Skigebiete und im Notfall ist Neuseeland nicht weit.«

Er deutete auf das Prospekt. »Aber hier sind richtig schöne große Berge und da werden wir sicher eine Menge Spaß haben.«

Hetty sah ihn kopfschüttelnd an und gestand mit hilflos erhobenen Händen. »Aber nur du. Ich kann nämlich nicht Skifahren.«

Das brachte ihr zumindest noch einen der so seltenen Lachanfälle ihres Freundes ein. In der Hinsicht entwickelte sich die Reise inzwischen zum vollen Erfolg und wenn sie so weitermachte, würde Kai komplett verwandelt nach Hause zurückkehren.

Der wischte sich, als er sich endlich wieder gefangen hatte, die Tränen aus den Augen und formulierte mühsam. »Du kommst aus Bayern und kannst nicht Skifahren? Ich habe gedacht, euch stellt man schon als Kinder auf die Bretter.«

Hetty giftete ihn an. »Das ist genauso wie in Australien das Thema Känguruh, Schlangen und Spinnen. Bei uns glaubt auch jeder, bei euch wimmelt es auf jedem Meter von diesen Teilen.«

Kai schmunzelte. »Tja, dann übernimmst du halt das Vernichten der Hotelbar und ich komm dann zum Après-Ski und leiste dir Gesellschaft.«

Dass er das auch tatsächlich ernst meinte, wurde ihr dann in den nächsten Tagen leidvoll bewusst. Nach dem späten Frühstück bekam sie noch einen ausgedehnten Kuss und ab dann konnte sie den Rest des Tages alleine durchbringen. Denn Kai machte sich auf den Weg zum Skilift und wollte anscheinend den garantierten vollen Gegenwert für den Pass von der Skischaukel auskosten.

Warum er keinerlei Probleme mit der Kälte hatte, während sie bibbernd vor dem Kachelofen des Hotels saß, war ihr ein Rätsel. Dass er es tatsächlich geschafft hatte, einen pechschwarzen Skianzug mit passenden Stiefeln und Helm und dazu natürlich auch schwarz lackierte Ski zu bekommen, weniger. Schulterzuckend hatte sie die Ausrüstung gemustert und sich abgewandt. Kai in einer anderen Farbe zu sehen, hätte bedeutet, dass die Welt beschlossen hatte, sich in eine andere Richtung zu drehen. Seine Vorliebe für Schwarz hatte ihm ja eben bei ihr, bereits kurz nach ihrem Kennenlernen, den Spitznamen „Graf Dracula“ eingebracht, wobei natürlich auch sein, für einen Australier relativ blasser Teint, eine Rolle gespielt hatte.

Die Mulgacamper Romane - Sequel - Band 15 und 16

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