Читать книгу Die Mulgacamper Romane Band 9 und 10 - Elda Drake - Страница 11

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Kapitel 8

Einer der schönsten Campingplätze, den Hetty auf ihren Reisen kennengelernt hatte, war der BIG4 in Albany am Middelton Beach. Er lag, nur durch eine langgezogene, weiße Düne getrennt, an dem vier Kilometer langen, breiten Sandstrand und man hatte von ihm einen grandiosen Blick auf zwei vorgelagerte Inseln und den Mount Clarence. Seine viereinhalb Sterne verdiente er sich neben seinen gepflegten Anlagen, die vor lauter Blumen schier überquollen, mit einem geheiztem Pool und einem großzügigen Spa, sowie zahlreichen Unterhaltungsmöglichkeiten.

Britney hatte sich nur kurz umgesehen und war sofort begeistert. »Was hältst du davon, länger hierzubleiben?«

Hetty sagte gerne ja. Albany war eine nette kleine Stadt, die in ihren Augen nur zwei große Probleme hatte: Ihren Stadtplan und die Kreisverkehre. Jetzt war es nicht so, dass es keinen Stadtplan gab. Nein, ganz im Gegenteil! Man bekam einen Stadtplan vom Fremdenverkehrsamt, einen am Campingplatz, einen im Infocenter und, und, und. Sie hatte schon fast erwartet, dass auch das Toilettenpapier mit einem entsprechenden Aufdruck versehen war.

Aber keiner dieser vermaledeiten Pläne stimmte! Auch nicht der in ihrem, wirklich guten, Roadatlas. Da gab es Wanderwege, die es nicht gab, Straßen, die es nicht gab, Märkte, die es nicht gab. Dafür fand man dann Wege, wo keine eingezeichnet waren, Straßen wo eigentlich Landschaft war und wenn man unbedarft durch die Gegend stromerte, war da plötzlich ein Wochenmarkt, von dem anscheinend nur Insider wussten.

Diesen Angriff auf ihren Orientierungsinn konnte sie trotzdem noch mit einem sarkastischen Lächeln verkraften, was Hetty dann allerdings, absolut jedes Mal wieder, fast in den Wahnsinn trieb, waren die Kreisverkehre. Jetzt sind die an und für sich ja etwas Nettes und sehr Praktisches. Vor allem, wenn man mit einem großen Camper verkehrt abgebogen ist, dann braucht man nicht mühsam zu rangieren, sondern kann einfach beim nächsten Kreisverkehr umdrehen. Nur waren sie eben nicht da, wo sie eigentlich sein sollten, oder es tauchten auf einmal zwei mehr auf, als in diesen verfluchten Plänen eingezeichnet waren.

Hetty konnte sich zielsicher durch sämtliche Großstädte Australiens schlängeln. Immer der kürzeste Weg, immer alles wunderbar. Aber in Albany schaffte sie es kein einziges Mal ihr gewünschtes Ziel auf Anhieb zu erreichen. Die simple Fahrt zur Lebensmittelbesorgung bei Woolworth endete jedes Mal mit einem Minimum von zwei Flüchen. Den Hinweg zum Supermarkt fand sie sofort – aber zurück – da begann dann der Alptraum.

Nach einer halben Stadtrundfahrt und auch nur deshalb, weil der Middelton Beach glücklicherweise überall auf den Richtungstafeln vermerkt war, erreichte sie schlussendlich jedes Mal völlig genervt den Campingplatz. Denn Albanys Kreisverkehr vor dem Supermarkt war zweispurig und hatte sechs Abfahrten – und sie erwischte grundsätzlich die Verkehrte. Die Stadt war in dieser Hinsicht verflucht.

»Oder du!«

Inzwischen hatte sie einen Riecher für die Dinge entwickelt, an denen auch Britney interessiert war und passte ihre Reiseplanung daran an. Ausflüge ja, aber nur kurze, nicht länger als ein halber Tag. Fußweg zu den Sehenswürdigkeiten: Am besten nicht mehr als einen Kilometer. Das Ganze nicht öfter als jeden zweiten, dritten Tag – also schön fein dosiert für die Gnädigste.

Diesen Beinamen verwendete Hetty inzwischen, wenn sie an Britney dachte, denn es stellte sich immer mehr als Tatsache dar, dass diese in ihr eine Art persönliche Angestellte sah. Freundinnen waren sie jedenfalls bisher nicht geworden.

Doch da Hetty grundsätzlich alles, was sie anfing, auch zu Ende brachte, knurrte sie zwar hin und wieder in sich hinein, machte aber ansonsten gute Miene zum bösen Spiel. Und man konnte sich schließlich auch mit einem oberflächlichen Smalltalk unterhalten, ohne zu sehr auf persönliche Details einzugehen.

Albany war hervorragend für diese spezielle Art von Betreuung geeignet. Direkt neben dem Campingplatz lag ein teures Fischrestaurant, in dem Britney nach Lust und Laune dinieren konnte, denn Fisch durfte in kleinen Mengen auch bei ihr auf die Speisekarte. Für den Notfall gab es daneben einen kleinen Mitnahmekiosk, in dem praktischerweise auch frische Salate und Obstteller angeboten wurden. Somit war Britney untertags essenstechnisch bestens versorgt und nicht darauf angewiesen, dass der Camper zur Verfügung stand. Am windgeschützten Pool, konnte sie sich entspannt auf einer der kostenlosen Liegen ausstrecken, sich fünf Schritte weiter im heißen Spa suhlen und wenn sie wirklich meinte, brauchte sie nur zehn Meter zu gehen und war am Strand.

Jeden Morgen fragte Hetty kurz an, ob Interesse an dem Ausflug bestünde, den sie heute machen würde und wenn nicht, dann zog sie alleine los.

»Rate mal wo ich bin?« Keuchend saß Hetty, mit dem Handy in der Hand, auf einem momentan äußerst bequemen Stein.

»Nach deinem Stöhnen zu urteilen, bist du gerade auf einem Berg!« Kai klang reichlich amüsiert.

»Und was für einem! Bin gerade im Porungurup Nationalpark und soeben auf den Devils Slide gestiegen. Jetzt sitze ich mutterseelenalleine hier oben und genieße die fantastische Aussicht! Um mich herum sind lauter schneeweiße Strohblumen – so etwas habe ich noch nie gesehen.« Hetty seufzte vernehmlich ins Telefon. »Ich wünschte, du wärest hier.«

Kai ließ sich nicht auf ihre sehnsuchtsvollen Worte ein, sondern kam sofort auf den Punkt zu sprechen, der ihm in ihrer Erzählung unliebsam aufgefallen war. »Wieso bist du alleine? Weißt du nicht, wie gefährlich es ist, den Teufelsrücken ohne Begleitung zu besteigen. Wo steckt denn eigentlich diese Britney?«

Nachdem Hetty ihren Bericht beendet und sich damit gleichzeitig den ganzen verdrängten Frust von der Seele geredet hatte, war Kai gar nicht erfreut. »Das Ganze gefällt mir nicht, sag dieser Dame sie soll in den Wind schießen und komm sofort zurück.«

Kaum hatte er den Satz fertig ausgesprochen wusste er, dass er genau das Verkehrte gesagt hatte. Er schüttelte den Kopf und nannte sich selbst einen Narren.

»Nein, ich zieh das durch und damit Basta!« Hetty musste natürlich sofort kontern, sie ließ doch nicht einfach Kai über ihr Leben bestimmen.

Wenn er dachte, sie sei eines dieser braven Hausweibchen, dann hatte er sich geirrt. Sie wusste selbst, was sie wollte. Und auch wenn sie eigentlich viel lieber bei ihm gewesen wäre, befehlen brauchte er ihr rein gar nichts. Sie war schließlich nicht seine Angestellte.

Kai versuchte zu retten, was zu retten war. »Ich will dich ja gar nicht von deiner Reise abbringen. Aber rufe mich bitte an, wenn du wieder heil von dem Buckel runter bist und versprich mir, zumindest solche Touren nur zu machen, wenn andere Leute mit unterwegs sind!«

Und inzwischen schlauer geworden, fügte er hinzu. »Ich mache mir nämlich Sorgen um dich Prinzessin. Schließlich will ich dich wieder heil und gesund zurück haben.«

Damit hatte er die Wogen wieder geglättet und sie konnten ganz normale unsinnige Dinge austauschen, die alle Frischverliebten von sich geben. Als er auflegte, unterdrückte er einen Fluch. Wenn er etwas geschickter gewesen wäre, hätte er sie sicher überreden können, die Reise abzubrechen. Kai starrte das Telefon an und seufzte. Es dauerte noch ewig, bis sie zurückkommen würde und die Tage zogen sich fürchterlich. Ein Lächeln zog über sein Gesicht. Und vor allem die Nächte!

Hetty saß gerührt auf ihrem Berg und schniefte mal kurz vor sich hin. Wenn der wüsste, wie sehr er ihr fehlte! Und wenn er erst gewusst hätte, wie gern sie eigentlich seiner Aufforderung zum Zurückkommen gefolgt wäre! Aber mit seinem ewigen Kommandoton brachte er sie immer dazu auf die Barrikaden zu gehen und ausgerechnet das Falsche zu tun. Sie verzog den Mund. Denn dass diese Reise nicht das Richtige gewesen war, stand inzwischen für sie mehr als felsenfest.

Nachdem sie den kaischen Beruhigungsanruf erledigt hatte, humpelte sie zum Camper zurück. Hatte es ihr doch ausgerechnet auf den letzten paar Metern die Füße weggezogen. Außer schmutzigen Klamotten und einem leicht verstauchten Knöchel war ihr aber nichts passiert.

»Jetzt weißt du, wie recht Kai hatte, kein Mensch weit und breit und wenn dir das weiter oben passiert wäre, hättest du echt Probleme gekriegt.« Ihr Verstand versuchte sich wieder einmal mit einer unerwünschten Moralpredigt.

»Ich weiß ja, ich weiß ja! Und werde es nicht wieder tun.«

Kai hatte sie natürlich nur gesagt, dass sie wieder heil am Boden sei. Sie verbiss sich ein Aufheulen, als sie den Fuß aus Versehen verkantete. Heil ist relativ!

Die Mulgacamper Romane Band 9 und 10

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