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Vorwort
Оглавление„Städte sind wie verschlüsselte Bilderbücher über vergangene und gegenwärtige Gesellschaftssysteme, man muß sie aufschlagen und die Symbolik zu entschlüsseln versuchen.“
Mit dieser Metapher ist das Anliegen des Buches umschrieben, „die Stadt“ in einem nur lückenhaft besetzten dreidimensionalen Informationsraum von zeitlichen Perioden, räumlicher Differenzierung und immanenten Fragestellungen visuell idealtypisch zu erfassen.
Die politischen Systeme liefern den Ordnungsrahmen. Mit der Änderung von politischen Systemen ändern sich die Konzepte von Stadt und städtischer Gesellschaft. Die historische Verortung der Thematik bedient sich eines politischen Periodensystems, ebenso wie die Darstellung der aktuellen Stadtentwicklung in der westlichen Welt sich in der Spannweite von Privatkapitalismus und Postsozialismus bewegt.
Die politischen Systeme beeinflussen die normativen Prinzipien des Städtebaus und der Stadtplanung, den Einsatz der Technologien, die Struktur der Wirtschaft und die Segregationsprozesse der Gesellschaft im Stadtraum.
In der konkreten Darstellung geht es um die Einbringung und Visualisierung von Sichtweisen und theoretischen Bezügen – von der Gesamtstadt über Stadträume bis zu Stadtvierteln, Bauten und Wohnungen – in einem breiten Spektrum von Disziplinen: von der Geschichte des Städtebaus und der Architektur bis zu den Sozialwissenschaften, der Kommunalpolitik und Stadtplanung und last, not least der Stadtgeographie.
Dem Zugang im Detail entsprechend lautete der ursprüngliche Untertitel des Buches „Gebaute Umwelt und Gesellschaft“. Er entstand aus der Überzeugung der Verfasserin, daß die Visualisierung der Information das Hauptmerkmal an der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert darstellt und hierzu eine geographische Stadtforschung Wissen anzubieten hat.
Der vom Verlag gewählte Untertitel „Von der Polis zur Metropolis“ mag für den Buchmarkt griffiger erscheinen, da er die historische Sichtweise betont, entspricht jedoch, das sei den kritischen Rezensenten vorweggenommen, nur partiell den Auswahlkriterien des Stoffes.
Stadtforschung ist als interdisziplinäres Forschungsfeld stets Großstadtforschung gewesen. Es sind die großen Städte der westlichen Welt, auf die sich Text und Abbildungen beziehen.
Vorwörter sind Nachwörter. Sie werden nach Abschluß eines Werkes geschrieben. In ihnen kann der Autor auch seine persönliche Wissenschaftsideologie offenlegen.
Die Thematik des Buches hat mich durch viele Jahre wissenschaftlicher Tätigkeit begleitet. Es konnte daher im Text auch auf mehrere Forschungsmonographien und zahlreiche Aufsätze Bezug genommen werden. Die Stadt Wien selbst ist für den Aufgriff von neuen Fragen ein Forschungsobjekt vor der Haustüre der Universität gewesen, das eine solide Ausgangsbasis für Vergleichsuntersuchungen in anderen Städten Europas und Nordamerikas geboten hat.
Frühe Kontakte mit Stadtplanungsbehörden brachten die Kenntnis von der Bedeutung normativer Prinzipien für die Stadtentwicklung. Seit den Jahren der Lehrtätigkeit in Nordamerika beschäftigt mich die Frage nach Konvergenzen von Stadtentwicklungen in der postindustriellen Gesellschaft. Wird die europäische Stadtentwicklung – etwas verspätet – den Weg der nordamerikanischen einschlagen? Die Antwort auf diese Frage ist offen. Sie begleitet aber den Leser.
Vorwörter sind nicht nur Nachwörter, sie sind auch Dankeswörter. Mein Dank geht zuerst an meinen Mann, Herrn Oberstudienrat Prof. Josef Lichtenberger, der mich auf vielen Reisen begleitet hat. Ich danke ihm besonders dafür, daß er auch diesmal, wie bereits oft zuvor, mit Nachsicht und Geduld meine Unaufmerksamkeit während der Zeit des Schreibens ertragen hat. Seiner Photographierleidenschaft sind viele der Abbildungen zu verdanken. Für die Mühe der Durchsicht des Textes bedanke ich mich sehr herzlich bei Frau Dr. Monika Streissler und Herrn Dr. Josef Kohlbacher. Meiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Frau Dr. Katja Skodacsek danke ich für die Beschaffung von Literatur und Bildmaterial, das Einscannen von Abbildungen und die Organisation der Ausstattung, Herrn Dr. Gerhard Hatz für wertvolle Internethinweise und Details. Schließlich geht mein Dank, wie schon öfter, an Herrn Kollegen Heinz Fassmann, meinen Nachfolger auf dem Ordinariat für Angewandte Geographie, Raumforschung und Raumordnung an der Universität Wien, der als kritischer Gesprächspartner in zahlreichen Diskussionen die Frage „What to put in and what to leave out?“ zu klären half.
Dem Verlag der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft danke ich für die Aufnahme des Buches und das stets erfreuliche Gesprächsklima. In diesen Dank darf ich auch den graphischen Produzenten des Buches, Herrn Joachim Schreiber, einschließen.
Die geographische Stadtforschung besitzt in Wien eine bedeutende Tradition. Hier hat Hugo Hassinger, Ordinarius am Institut für Geographie der Universität, mit seinem Kunsthistorischen Atlas von Wien (1916) dem Denkmalschutz eine Grundlage geschaffen und im Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg durch seinen persönlichen Einsatz manches Baudenkmal vor der Spitzhacke gerettet.
Dem Andenken an Hugo Hassinger widme ich dieses Buch.
Wien, im Mai 2001 Elisabeth Lichtenberger