Читать книгу Die Stadt - Elisabeth Lichtenberger - Страница 7

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Mehrere Fragen werden gestellt, mehrere Zugänge öffnen sich, welche mittels der Visualisierung neue Erkenntnisse ermöglichen. Hierbei werden drei Schienen ausgelegt. Die ersten drei Kapitel beschäftigen sich in der zeitlichen und räumlichen Dimension mit der Stadt auf der Makroebene, das vierte Kapitel schlägt mittels sachlicher Determinanten eine Brücke zur Mikroebene von gebauter Umwelt und Gesellschaft, mit der sich die letzten drei Kapitel befassen.

Das erste Kapitel „Von der griechischen Polis zur Neuen Stadt“ ist der Vergangenheit der Stadt und der städtischen Gesellschaft gewidmet. Die Fragen lauten: Welche historischen Strukturen vergangener Perioden der Stadtentwicklung reichen in die Gegenwart? Welche materiellen Formen haben sich als gebaute Umwelt erhalten und welche in der Vergangenheit entstandenen Normen, Werthaltungen und Handlungsdirektiven beeinflussen noch die gegenwärtige Stadtgesellschaft?

Die Erfassung der Umstrukturierung und Umfunktionierung des jeweiligen baulichen Gehäuses vor dem Hintergrund der Abfolge der Gesellschaftssysteme erfordert eine in die Tiefe der Zeit hineingreifende Sichtweise. Die historische Verortung der Thematik bedient sich dabei eines politischen Periodensystems, bei dem der Bogen von den Reichsbildungen der Antike bis zu den Staaten der entwickelten Welt in der Gegenwart gespannt wird, soweit – und dies ist eine Einschränkung gegenüber Archäologen – historische Bauwerke in der Gegenwart noch genutzt werden und zum aktuellen gesellschaftlichen Leben gehören.

Die Leitthese dieses Kapitels lautet: Mit der Abfolge von politischen Systemen ändern sich die Konzeptionen von Stadt und städtischer Gesellschaft grundlegend. Jedes politische System schafft neue Stadttypen und bewirkt eine tiefgreifende Veränderung der bereits bestehenden Städte. Mit den Existenzgrundlagen der Stadt ändern sich die soziale Wertigkeit und die Funktion der Stadtmitte, mit der sozialen Organisation werden die tragenden Sozialschichten ausgewechselt. Die Stadt-Land-Beziehungen unterliegen einem Wandel.

Das Kapitel „Aktuelle Stadtentwicklung und politische Systeme“ thematisiert die Frage nach der Stadtentwicklung im 20. Jh. vor dem Hintergrund der politischen Systeme. Die drei großen politischen Systeme der westlichen Welt bilden die Bezugsbasis für die Darstellung von Strukturen, Prozessen und Problemen der Stadtentwicklung, nämlich

▪ das soziale Wohlfahrtssystem Europas,

▪ das privatkapitalistische System der USA und

▪ das in Transformation vom Plan zum Markt befindliche System des ehemaligen Staatskapitalismus.

Die politischen Systeme beeinflussen die normativen Prinzipien des Städtebaus und der Stadtplanung, den Einsatz der Technologien und die Struktur der Wirtschaft ebenso wie die Segregationsprozesse der Gesellschaft im Stadtraum.

Das dritte Kapitel „Stadträume“ widmet sich der räumlichen Struktur von Städten. Städte sind zentrierte und gegliederte räumliche Gebilde. Alle weisen eine Stadtmitte auf, deren Aussehen und Funktion im Laufe der Zeit gewechselt und kulturspezifische Ausprägungen erfahren haben. Die Darstellung beschränkt sich auf folgende Formen: in Europa auf den Gegensatz von denkmalgeschützter Altstadt und City in Westeuropa und in den Transformationsstaaten sowie auf die Downtown in Nordamerika.

Städte sind wachsende räumliche Gebilde und weisen daher Stadtränder auf, die ebenfalls sehr unterschiedlich strukturiert sein können.

Stadträume sind, wenn auch nicht durchgehend, in Stadtviertel gegliedert. Außerordentlich wichtig ist die normative Konzeption der Nachbarschaft geworden. Städtebau und Stadtplanung sind dabei, als neue Superstrukturen, z.T. in Form einer Public-private-Partnership, in sektoraler Weise Schaustücke von Stadtumbau und integrierten Großkomplexen von Shopping-Center, Erlebnis- und Freizeitparks zu schaffen.

Das vierte Kapitel versucht „Determinanten und Leitbilder“ für die Stadtentwicklung in den Bereichen von Politik, Städtebau und Technik zu visualisieren.

Bei der Darstellung der Effekte der Politik geht es um die Thematik von öffentlichen, halböffentlichen und privaten Räumen. Diese Thematik zieht sich durch die Stadtgeschichte. Sie ist verbunden mit der Frage nach der Offenheit und Geschlossenheit von Stadtvierteln und Straßenräumen und besitzt eine hohe Aussagekraft für die räumliche Organisation der Gesellschaft im jeweiligen politischen System.

Der Städtebau bildet eine große, selbstbewußte Disziplin, aus deren Themenkatalog die Fragen herausgegriffen werden, welche für die Stadtgestalt besondere Wichtigkeit besitzen. Hierzu zählt die Frage nach der Symbolik der gebauten Kubatur in der historischen Dimension und bis in die Gegenwart herauf, welche immer neue Facetten aufweist. Das Gegensatzpaar von Repräsentation und Funktionalität bildet den zweiten großen Themenbereich, in den auch Aussagen über die Diktatur der Profession der Architekten und Städtebauer eingeblendet werden. Die Frage nach der Reglementierung der gebauten Umwelt führt zur Abfolge der städtebaulichen Leitbilder im 19. und 20. Jh. bis hin zum normativen Konzept der nachhaltigen Entwicklung der Stadt, welches mit der Forderung nach einer Entkoppelung von Flächenverbrauch und Wirtschaftswachstum verbunden ist.

Die Technologien des Bauens und Verkehrs sind aufs engste mit den Ideologien der politischen Systeme verbunden, welche nicht nur Paradoxa der multiplen Technologien aufweisen, sondern auch eine standardisierte Polarisierung der Bautechnologie zwischen dem Massenwohnungsbau und dem industriellen Bau von Einfamilienhäusern. In der Verkehrstechnologie stehen die Verfechter der fußgängergerechten denen der autogerechten Stadt gegenüber.

Das Kapitel schlägt eine Brücke zur Mikroebene von Stadt und städtischer Gesellschaft, der die letzten drei Kapitel gewidmet sind.

Das fünfte Kapitel über „Die Anatomie der Stadt“ übernimmt die Funktion einer „Negativplatte der Gesellschaft“ oder, um Peter Hall in „Urban Future 21“ zu zitieren, „die Funktion der Hardware für die Software“, als welche er die Gesellschaft auffaßt. Das gilt besonders für die Aussagen über die Aufgaben der Freiräume in der Verbauung, welche in historischem Rückblick scheinbar unterschiedliche, de facto jedoch sehr ähnliche Funktionen besessen haben. Sie dienten und dienen zur Machtdemonstration von oben, insbesondere in Form von kirchlichen und staatlichen Festlichkeiten, und von unten, d.h. für Revolutionen, Protestmärsche u. dgl.

Das sechste Kapitel untersucht das Verhältnis von „Wohnraum und Gesellschaft“ in einer historisch-komparativen Analyse von Wohnformen in der kompakten und in der offenen Verbauung, wobei die Unterschiede in der Entwicklung zwischen Europa und den USA herausgearbeitet werden. Die Segregation ist ein Grundprinzip der räumlichen Organisation der Gesellschaft. Historische und aktuelle Unterschiede der Segregation auf der Ebene des Wohnhauses bieten sich ebenso einer visuellen Analyse an, wie sich Wohnungen als Indikatoren der sozialen Organisation eignen: für die Erfassung der Differenzierung nach Altersgruppen und Haushaltstypen, nach Bildung, Einkommen und Lebensstilen.

Im Kapitel „Die Wirtschaft im Stadtraum“ werden in historischen Szenenfolgen die Entwicklung vom Einzelhandelsgeschäft zur Shopping-Mall, von der Hinterhofindustrie zum Industriepark, vom Kleinbüro zum Bürohochhaus thematisiert und abschließend in der Gegenüberstellung der Einrichtungen von Staat und Wirtschaft im Stadtraum die bisher zu wenig beachteten Unterschiede zwischen den politischen Systemen herausgearbeitet.

Die Stadt

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