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Kapitel 7

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Wieder im Hause der Tante zogen sich die Mädchen mit Hilfe der Haushälterin Claire um und bereiteten sich auf den nahenden Ball vor. Noch bevor Caroline und Jane die obere Etage überhaupt erreicht hatten, war Anne bereits oben gewesen, hatte sich ausgezogen und war dabei, ihr Ballkleid überzuziehen.

„Also wirklich, Anne, du verschwendest in Sachen Ballvorbereitung keine Zeit, nicht wahr?”, merkte Caroline an, als die beiden älteren Schwestern den Raum betraten.

„Wir müssen heute so gut aussehen, wie es nur geht, Schwestern”, erklärte Jane. Sie nahm ihr Kleid vom Bett und wirbelte durch das Zimmer. „Mama erwartet, dass wir mit Ehemännern zurückkehren. Natürlich liegt es an dir, Caroline, ihre Wünsche zu erfüllen. Du weißt schließlich, wie ich zur Ehe und allem, was sie mit sich bringt, stehe.”

Ihre Schwestern richteten sich weiter her, während Jane sich mit einem langen Stück blauem Seidenband hinsetzte, das sie sich für ihre Haare ausgesucht hatte. Sie blickte aus dem Fenster, während Claire ihren Schwestern half, die Korsetts zu schnüren und die Kleider anzuziehen. Immer wieder musste sie an den Fremden denken, der unter der Laterne gestanden hatte. Warum war er so fremdartig gekleidet? Auf wen hatte er an jenem ersten Abend wohl gewartet? Und wohin war er heute in der Stadt so eilig unterwegs gewesen? All dies hätte sie nur zu gern über den gut aussehenden Fremden gewusst.

„Kommen Sie, Miss Jane”, rief Claire. „Sie sind an der Reihe, meine Liebe.”

Jane ging zu ihr hinüber, streifte ihr Kleid ab und zog das Korsett an, vor dem ihr schon den ganzen Nachmittag graute. Sie hasste, wie wenig Bewegungsfreiheit sie darin hatte, auch wenn sie dünn genug war, um mühelos hineinzupassen. Als aktive junge Frau, die Wanderungen und Reiten liebte, fand sie weite Kleidung viel angenehmer und zog nur selten Kleider an, die ein Korsett verlangten.

Sie hielt sich am Bettpfosten fest, während Claire die Schnüre immer fester zog.

„Meine Güte, Jane!”, rief Caroline. „Wie schlank du bist.” Sie blickte ihre Schwester bewundernd an. Caroline war nie füllig gewesen, hatte aber eine sehr gerade Figur, während ihre Schwestern breitere Hüften und mehr Oberweite hatten.

„Gütiger Himmel!”, rief nun auch Annesley und umfasste die Taille ihrer Schwester. „Ich wünschte, ich hätte eine Figur wie du, Jane. Vielleicht sehe ich ja eines Tages auch so aus, wenn ich erwachsen bin.” Sie stieß Claire an und gab ihr so zu verstehen, dass sie das Korsett noch ein wenig fester schnüren sollte.

Jane hustete auf, denn sie hatte nicht erwartet, dass die Bänder noch fester gezogen werden würden, als sie es ohnehin schon waren.

„Claire, sei bitte so gut und löse den letzten Zentimeter wieder”, stieß sie atemlos hervor.

„Sind Sie sicher, Miss?”, erkundigte sich das Dienstmädchen freundlich.

„Natürlich bin ich sicher”, erwiderte Jane. „Wie soll ich denn auf einen Ball gehen, wenn ich so wenig Luft bekomme, dass ich mich nicht einmal auf den Beinen halten kann?” Sie warf ihren Schwestern einen wütenden Blick zu, worauf die beiden davon huschten, um ihre Tante nach Haarschmuck zu fragen.

„Darf ich ehrlich zu Ihnen sein, Miss Jane?”, fragte Claire.

„Bitte”, sagte Jane einladend.

„Ihre Schwestern haben recht. Sie haben wirklich eine schöne Figur, die für ein Kleid wie dieses wie gemacht ist”, bemerkte sie, während sie die Bänder unten am Korsett zu einer Schleife zusammenband.

„Danke, Claire. Das ist sehr liebenswürdig von dir”, erwiderte Jane. „Aber daran trage ich keinen Verdienst. Ich bewege mich einfach viel und esse stets das, wonach mir der Sinn steht. Ich weiß nicht, warum ich so dünn bleibe.”

„Aber nein, Miss. Ich meinte nicht, dass Sie einfach nur dünn sind, sondern dass Sie wohlgeformt sind. Sie haben so runde Hüften, wie die einer Mutter, und dazu eine beachtliche Brust”, fügte sie kühn hinzu.

„Es steht dir nicht zu, so etwas zu sagen.” Jane errötete und hielt ihren Blick starr auf den Bettpfosten gerichtet, während sie in das blaue Kleid stieg, das zu ihren Füßen lag.

„Ich bitte vielmals um Verzeihung, Miss”, entschuldigte sich Claire, während sie den letzten Knoten des Kleides band, das sich schmeichelhaft um Janes Kurven legte. Sie verbeugte sich und verließ den Raum, damit Jane sich weiter auf den Ball vorbereiten konnte. Sie betrachtete sich im kleinen Spiegel neben dem Fenster während, sie ihre Locken aus dem Dutt zu lösen begann und überlegte, welche Frisur sie zum Ball tragen sollte.

„Jane!”, ertönte Annes Stimme vom anderen Ende des Flurs. Sie kam mit einer großen Auswahl an Haarschmuck und Handtaschen ins Zimmer gelaufen. „Diese Perlen stehen dir bestimmt am besten”, stellte sie fest und legte sie über die Schultern ihrer Schwester.

„Aber Anne! Wo um alles in der Welt hast du sie nur gefunden?”, wollte sie wissen. „Bestimmt nicht in Tante Marys Schrank.”

„Da täuschst du dich, meine Schwester. Tante Mary hat sie von Onkel Charles bekommen; sie haben einst unserer Urgroßmutter gehört”, erklärte Anne, als Caroline den Raum mit noch mehr Haarschmuck betrat.

Jane lächelte und hakte den Verschluss der Halskette ein. Die Perlen schmückten schmeichelhaft ihr Dekolleté, und sie beschloss, die Kette für den Rest des Abends anzubehalten.

Während die Mädchen die anderen Accessoires untereinander aufteilten und ihre Locken hochsteckten, malten sie sich gemeinsam aus, wie schön der Ball werden würde. Annesley konnte an nichts anderes mehr als Offiziere und Männer in Uniformen denken. Caroline hielt weiterhin ihre anständige Fassade aufrecht und erklärte, dass sie mit keinem der Herren tanzen würde, ganz egal, wer sie auffordern würde. Janes Gedanken hingegen kreisten weiterhin um den rothaarigen Fremden, über den sie rein gar nichts wusste. Vielleicht würde auch er heute Abend auf dem Ball erscheinen; aber sonderlich wahrscheinlich war es nicht, denn sie hatte ihn noch nicht in Begleitung anderer Männer oder Frauen gesehen.

Als sie ihre Vorbereitungen abgeschlossen hatten, half Claire den Mädchen in die Kutsche und winkte ihnen, während sie in Richtung Stadt abfuhren. Als sie im Wagen saßen, kicherten sie unschicklich los und konnten vor Aufregung kaum still sitzen.

„Bitte sei vorsichtig, Anne”, bat Caroline ihre Schwester, als sie sich wieder beruhigt hatten. „Vergiss nicht, wie jung du noch bist und dass du noch nicht in die Gesellschaft eingeführt wurdest.”

„Ich bin doch nicht dumm!”, versetzte Anne wütend.

„Sie hat recht, Anne”, erinnerte sie Jane. „Bis nächstes Jahr solltest du Obacht haben. Wenn du über die Stränge schlägst, könntest du deinen Ruf ruinieren - genauso wie unseren und Papas.”

„Ja, das weiß ich! Aber es ist ungerecht, dass ihr beide Ehemänner mit nach Hause bringen dürft und ich den ganzen Abend über allein bleiben muss”, ereiferte sich Anne.

„Niemand verbietet dir, zu tanzen”, erwiderte Jane. „Aber es sollte nicht darüber hinaus gehen.”

Anne verdrehte die Augen. Die Kutsche fuhr vor dem Hilliard-Anwesen vor, das elegant geschmückt war und von Kerzen erleuchtet wurde. Die Größe und Pracht des Anwesens waren mit nichts zu vergleichen, was die Mädchen je zuvor gesehen hatten. Mit einem Mal stellten sie alle Streitigkeiten ein und gingen einträchtig ins Gebäude.


Der geheimnisvolle Schotte

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