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Kapitel 4

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Bei Tagesanbruch war das ganze Haus in Aufruhr. Jane und Caroline luden gerade Gepäck in die Kutsche, als Annesley aus dem Haus gerannt kam und erklärte, dass sie vergessen hätte, ihre Haube einzupacken. Dies führte zu einer eiligen Suche nach der besagten Haube, die seit Tagen von niemandem mehr gesichtet worden war.

Eine halbe Stunde später kam Mr. Ramsbury mit der Kopfbedeckung aus seiner Bibliothek und erklärte, dass sie seit Monaten auf einem hohen Regal in seinem Arbeitszimmer gelegen haben musste.

„Oh, danke, Papa!”, rief Anne voller Freude und packte hastig ihre Koffer um, um einen geeigneten Platz für die Haube zu finden.

„Nun kommt, Mädchen. Ihr solltet ein wenig frühstücken, bevor ihr euch auf die lange Reise begebt”, rief ihre Mutter aus dem Haus.

Die Schwestern liefen hinein und aßen Brot mit Schinken, bevor sie sich endlich in die kleine Kutsche begaben, die mit ihrem Gepäck völlig überladen war. Jane und Anne stritten sich, wie so oft, um den Fensterplatz, den Jane schließlich ergatterte, während sich Caroline gegenüber von ihren Schwestern niederließ.

„Und vergesst nicht, euren lieben Eltern zu schreiben, wenn ihr ankommt”, rief Mrs. Ramsbury, als sich die Türen hinter Caroline schlossen.

„Natürlich, Mama!”, rief Caroline.

„Und benehmt euch gut!”, fügte sie hinzu, als die Kutsche sich in Bewegung setzte.

„Ja, Mama”, rief Anne und streckte den Kopf über Jane aus dem Fenster.

„Und passe auf deine Schwestern auf, Jane!”, schrie sie nun lauter, da sich das Gefährt immer weiter entfernte.

„Ja, Mama!”, schrie Jane zurück und verdrehte belustigt die Augen, während ihre Schwestern kicherten.

„Glaubt ihr, dass wir irgendwelche Offiziere kennenlernen werden?", rief Anne aufgeregt.

„Welchen Unterschied würde das schon für dich machen?”, fragte ihre älteste Schwester, und Anne wusste, dass sie eine Anspielung auf ihr morgendliches Treffen mit George machte. Ihre Aufregung verflog mit einem Mal, und sie lehnte sich mit verschränkten Armen im Sitz zurück.

Caroline ignorierte die Szene, wie sie es immer tat, denn sie war an die beleidigten Grimassen ihrer Schwester nur allzu gut gewohnt.

„Jane”, setzte sie an. „Glaubst du, Mama und Papa schicken uns zu Onkel Charles und Tante Mary weil sie hoffen, dass eine von uns beiden einen Ehemann findet?”, mutmaßte sie beunruhigt.

„Ich hege keinerlei Zweifel daran, meine liebe Schwester, dass Mama außer sich vor Freude wäre, wenn eine von uns mit einem Ehemann nach Hause zurückkehrte. Da ich selbst jedoch nicht die Absicht hege, etwas Derartiges zu tun, liegt es an dir, Caroline”, gab Jane mit einem Zwinkern und Lächeln zur Antwort, woraufhin Anne in schallendes Gelächter ausbrach.

Nachdem Anne eingeschlafen war, ließ Jane ihre Gedanken schweifen. Caroline hingegen arbeitete still an dem Rock weiter, den sie vor einer Woche zu nähen begonnen hatte. Sie war eine solche Perfektionistin, dass das Kleidungsstück nicht einmal annähernd fertig war.

Natürlich war Jane nicht so naiv zu glauben, dass ihre Mutter sie ohne Hintergedanken nach London schickte, um einen Monat bei Tante und Onkel zu wohnen. Aber die Reise bot noch ganz andere Möglichkeiten. Jane würde in den nächsten Monaten Vormund ihrer Schwestern sein, und obwohl dies derzeit keine besondere Herausforderung darstellte, verlieh es ihr dennoch eine neue und respektable Position. Die Leute würden sie als erwachsen und verantwortungsbewusst betrachten - etwas, wonach sie sich in ihrem kleinen Dorf seit Jahren sehnte.

Auch wenn sie eine Frau war, würde sie von nun an wenigstens eine Frau sein, die von der Gesellschaft für ihre Fähigkeiten respektiert wurde; und das würde ihr mehr Vorteile und Möglichkeiten verschaffen, falls einer jungen Dame so etwas überhaupt zuteilwerden konnte. Aber die Gelegenheit, ihre Erfüllung zu finden, standen in London auf jeden Fall besser als in einem Vorort von Bristol.

Natürlich hoffte ihre Mutter, dass Jane noch vor ihren Schwestern einen Ehemann fände; und für einen kurzen Moment dachte sie, dass das vielleicht nicht einmal das Schlechteste wäre. Aber so schnell, wie der Gedanke gekommen war, verflog er auch schon wieder. Denn ein schöner schwarzer Hengst jagte auf der Straße neben ihnen vorbei, gefolgt von einem Mann und einer Frau auf zwei kräftigen braunen Stuten. Die Kutsche schien vorbeizugleiten, als sei sie schwerelos, während sie durch das Fenster die Szene der beobachteten, die für Jane absolute Vollkommenheit darstellte. Der Mann und die Frau arbeiteten zusammen, um das Pferd unter Kontrolle zu bringen.

Jane beobachtete die beiden amüsiert. Der Mann glitt von seinem Pferd, während die Frau weiterhin versuchte, näher an den Hengst heranzukommen. Das wilde Tier bäumte sich einen Moment auf und wieherte verängstigt, als der Mann näher an ihn herantrat. Schließlich ging der Hengst ein kleines Stück auf den Mann zu, der nun reglos dastand und auf das Tier wartete. Das Pferd hielt jetzt so still, dass der Mann ihm Zaumzeug anlegen und es mit sich führen konnte. Brav folgte es dem Paar, das ein triumphierendes Lächeln austauschte und nun wieder in die Richtung ritt, aus der sie gekommen waren.

Die mühelose Art, auf die das Paar zusammengearbeitet hatte und die Zuneigung, die sie nicht nur dem Pferd, sondern auch einander gezeigt hatten, inspirierten Jane. Sie beschloss, nach einem Mann Ausschau zu halten, der genauso gut zur ihr passte, wie dieser Mann zu seiner Begleiterin. In diesem Moment wusste sie, dass sie nur jemanden heiraten würde, der sie vollkommen verstand.

Mit diesem Gedanken schlief auch sie schließlich zufrieden ein. Die Kutsche mit den schlafenden Mädchen schaukelte weiter sanft durch die frühe Abenddämmerung, bis der Himmel schließlich schwarz wurde und sie ein Nachtquartier suchen mussten.


Der geheimnisvolle Schotte

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