Читать книгу Vampire essen keine Pasta - Elke Bulenda - Страница 7

Wie viele Dinge es doch gibt, die ich nicht brauche.

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(Sokrates)

»Hör mal, was ist denn das für eine bescheidene Begrüßung? Das Gleiche könnte ich auch von dir sagen!«, antwortete Malfurion, mein Schöpfer, der mitnichten tot wirkte und obendrein äußerst vergnügt vor mir stand. Groß und grün war er noch immer. Alles in allem, hatte sich mein Schöpfer, der mich damals in einen Vampir verwandelte, nicht sonderlich vom Äußeren her verändert. Er sah noch immer wie eine große, überdimensionale Kreuzung zwischen Fledermaus und einer Gewürzgurke aus. Äh, die Gewürzgurke spendete lediglich die Textur. Nur was den Geschmack seiner Kleidung betraf, hatte sich inzwischen einiges geändert. Er trug sie jetzt wesentlich legerer: Beiges Poloshirt, eine khakifarbige Chino und ein paar schwarze Schuhe aus Segeltuch. Jetzt fiel bei mir der Groschen, wieso Dyna so ein Geheimnis um die Identität des Hausherren machte. Wenn sie mir verraten hätte, unser Schöpfer weile noch immer unter uns, nicht ein Wort hätte ich ihr geglaubt und sie für vollkommen übergeschnappt gehalten.

»Ich dachte... du seist tot!?«, stammelte ich. Die Zeitung entglitt meinen Händen, fiel zu Boden, wo die Blätter abschließend zerstreut zum Erliegen kamen.

»Und du erst mal!«, frotzelte Malfurion zurück. »Wer erzählte dir, ich sei tot? Wohl kaum ein Beobachter, der Zeuge meines Ablebens wurde, oder? Ich entsinne mich nämlich, dass, nachdem du Lord Seraphim den Todesstoß verpasstet, vom aufgebrachten Volk sehr hart ran genommen wurdest und hinterher ziemlich tot warst. Nahezu kopflos, berichtete mir Dyna.«

»Aha, Dyna, ich verstehe... Oh, dieses Miststück! Weißt du, was sie vorhin mit mir gemacht hat?«, fragte ich aufgebracht.

»Hm, sie hat ein bisschen an dir herumgespielt, schätze ich. Was regst du dich so auf? Du lässt doch sonst nichts anbrennen. Oder bist du auf deine alten Tage hin prüde geworden?«, schmunzelte er belustigt.

»Gib zu, du hattest sie damals bei mir absichtlich ins Haus geschleust. Sie gab nur an, unsterblich in meinen Sohn verliebt gewesen zu sein! Jetzt erschließt sich mir alles mit einer Klarheit: Du warst der Einzige, dem sie jemals wirklich die Treue gehalten hat!«, brach es entrüstet aus mir heraus.

»Mag sein, vermutlich ja. Schließlich bin ich ihr Schöpfer, genauso wie deiner. Auch dich machte ich nahezu unsterblich. Brrr, Roter! Jetzt mal immer mit der Ruhe. Du hast Dyna viel zu verdanken, denn sie kam zu mir und fragte, ob es mir recht sei, euch hier unterzubringen. Ich erklärte mich einverstanden, denn hier seid ihr gut aufgehoben«, erwiderte er. »Übrigens, deine Eier haben wohl schon wieder zu viel Luft gezogen, wie? Ich habe dich zwar als meinen besten Krieger sehr geschätzt, aber sobald du mit deinem Schwanz denkst, scheint bei dir dort im Oberstübchen etwas auszusetzen. Du hast dich wieder einmal schön in die Bredouille gebracht!«, warf er mir vor.

»Diesmal ist es etwas ganz anderes!«, wehrte ich ab.

»Wirklich? Bitte erzähle mir nichts von deinen wilden Verschwörungstheorien, Annie setzte mich bereits darüber in Kenntnis. Du bist noch immer so paranoid wie früher«, schüttelte er verständnislos den Kopf und fuhr fort. »Stimmt, diesmal liegt der Fall ein wenig anders. Gegen die Regeln des Vampir-Rates zu verstoßen, ist schon ein ganz anderes Kaliber, als von mir überrascht zu werden, wie du es mit heruntergelassenen Hosen einer unserer Mägde aus der Festung besorgst. Halte dich bedeckt, ich gewähre dir und den deinen Asyl. Ihr steht alle unter meinem persönlichen Protektorat. Wenn du dich allerdings nicht an die von mir aufgestellten Regeln hältst, könnten alle hier Anwesenden in große Gefahr geraten, wenn dir der Vollstrecker nach deinem Kopf trachtet. Selbst meine Identität, die ich so lange hütete, könnte auffliegen. Aber in diesem Fall bist du willkommen, nachdem ich deinen Anhang gesehen habe und erfuhr, dass es sich nicht um irgendein x-beliebiges Weib handelte, sondern um deine Ehefrau, die getötet wurde. Deshalb mache ich eine Ausnahme, ansonsten hätte ich dich zum Teufel gejagt. So sehr ich deine sonstigen Eigenschaften zu schätzen weiß, so hast du doch zwei entscheidende Schwächen, die dich immer wieder in Schwierigkeiten bringen: Weiber und Alkohol.«

»Na ja, irgendein Laster muss man haben, oder nicht?«, grinste ich verlegen. »Herrgott! Bin ich nicht ein bisschen zu alt, um bei meinem Vampir-Vater zu wohnen?«, stöhnte ich deprimiert.

»Nun, sieh es eher so, dass meine Enkel, Annie und du, mir als meine Schutzbefohlenen Gesellschaft leisten dürft. Agnir und Sascha sind wirklich sehr aufgeweckt, und ich wundere mich darüber, dass mich nach all der langen Zeit, überhaupt noch irgendetwas erfreuen kann. Na ja, so gesehen, wohnst du nicht bei mir. Siehe es eher umgekehrt«, schmunzelte er und nahm auf der mir gegenüberliegenden Couch Platz.

»Lass deine Finger von meinen Kindern!«, knurrte ich.

»Zu spät, nun haben sie mich bereits kennengelernt und ich glaube, sie finden es dufte, einen Opa zu haben«, giggelte er.

»Na toll. Was heißt das, du wohnst eigentlich bei mir? Rede nur weiter so, denn ich verstehe kein Wort!«, kniete ich nieder und hob den losen Blätterwust auf und versuchte, wieder daraus eine einigermaßen ansehnliche Zeitung zusammenzubasteln. Alles in mir schrie, ich solle unverzüglich den Raum verlassen.

Mein Schöpfer blickte auf das Titelblatt mit der Schlagzeile. »Du verstehst kein Wort?«, grinste er. »Gewöhne dich dran. Du glaubst doch wohl nicht ernsthaft, Gungnir wäre tot, oder? Sonst stündest du nicht so munter vor mir. Ich spreche aus Erfahrung. Jedes Mal, wenn eines meiner Geschöpfe stirbt, verspürte ich einen tiefen Schmerz, gleich so, als reiße mir jemand das Herz aus der Brust. So wie letztens, als Godfrey starb.«

»Der Scheißkerl hat es nicht anders verdient! Weißt du was er getan hat?«, knurrte ich missgelaunt und sortierte die Zeitungsblätter.

»Tztztztz, allem Anschein nach, hat er meinen Rat nicht befolgt und damit vor dir herum geprahlt, wie er deine Edda und euren Sohn tötete, richtig? So, so. Du warst also derjenige, der ihn zur Strecke brachte. Ja, so gesehen, hat er es wirklich verdient. Habt ihr das Schwert und Amulett vor ihm in Sicherheit gebracht? Ich wollte, dass Cornelius beides bekommt«, schmunzelte er wissend.

»Also ehrlich! Du hast es die ganze Zeit gewusst!«, machte ich ihm zum Vorwurf.

»Was hätte ich tun sollen? Es dir brühwarm erzählen? Als er damit vor mir prahlte, war er drauf und dran, es dir zu sagen, um dich damit zu provozieren. Kein Stein wäre mehr auf dem andern geblieben, wenn ihr aneinandergeraten wäret. Daraufhin verbot ich ihm, es dir unter die Nase zu reiben. Dann kam wieder diese leidige Diskussion um meine Nachfolge, und wir gerieten darüber in einen heftigen Streit. Daraufhin verstieß ich Godfrey und warf den Unseligen im hohen Bogen aus der Festung. Danach habe ich ihn nie wieder gesehen. Erzähl, was wurde aus Hellbent und Michaels Schild? Habt ihr meine verschlüsselte Nachricht erhalten?«

»Ja, wir haben die Schnitzeljagd erfolgreich beendet und die Artefakte zu Salomons Ring gebracht, wo sie für andere unzugänglich verwahrt werden«, beruhigte ich ihn.

Mein Schöpfer nickte zufrieden. »Gut, denn so mächtige Artefakte sollten vor dem Zugriff finsterer Mächte geschützt werden. Hm, ich denke, Gungnir musste aus bestimmten Gründen von der Bildfläche verschwinden«, mutmaßte Malfurion. »Mir kam da so eine Geschichte zu Ohren, er hätte jemanden kaltblütig ermordet.«

»Ja leider steckt er ebenfalls in schlimmen Schwierigkeiten. Aber ich weiß, dass er in eine Falle gelockt wurde. Und an seinen Tod glaube ich ohnehin nicht. Gungnir stirbt nicht so schnell. Um ihn richtig totzukriegen, muss man hinterher noch ein paar Mal mit dem Hammer draufschlagen und ihm den Kopf abtrennen. Er ist mit allen Wassern gewaschen«, verkündete ich stolz. »Äh, nochmals zum Thema. Was soll das heißen, du würdest bei mir wohnen?«, hakte ich erneut nach.

»Sei nicht so ungehalten, das kann dir Edwin van Weyden besser erklären«, tätschelte Malfurion meine Wange, dabei wusste er ganz genau, wie sehr ich so etwas verabscheue.

Angewidert warf ich einen Blick auf seine Hand. Er besaß statt fünf Fingern, nur noch drei mutierte Klauen, genauso wie Godfrey. Ein Zeichen dafür, dass er schon seit sehr langer Zeit kein Mensch mehr war und viele Metamorphosen durchlebt hatte. Angeblich zählte Malfurion bereits damals schon, als er uns wandelte, über tausend Jahre. Und seitdem sind inzwischen abermals mehr als tausend Jahre vergangen.

Mit einem schalkhaften Blick aus gelben Augen, sah er mich an. Und ich plotzte daraufhin wieder auf die Couch, als mir bewusst wurde, was er gerade eben zu mir sagte. »Was? Verdammt... Edwin van Weyden? Was denn? Der lebt auch noch? Da frage ich mich doch, wieso mir jeder Arsch von Vampir, so schwere Vorwürfe macht, wenn wegen mir eigentlich überhaupt niemand umgekommen ist!«

Statt mir eine Antwort darauf zu geben, sah Malfurion zur Tür, die itzo in diesem Moment, vom besagten Edwin van Weyden geöffnet wurde. Jessas, auch er hatte sich kaum verändert. Das ist wohl das Schicksal aller Vampire: Die Welt um uns herum verändert sich rasant, wir jedoch, bleiben immer die gleichen (vorausgesetzt, dass niemand zwischendurch einen Metamorphose-Schlaf einlegt und sich statt mit fünf, nur noch mit drei Fingern begnügt).

… Edwin besaß von jeher die Ausstrahlung eines kränklichen Buchhalters. Blass, schmalbrüstig und ein wenig verhuscht, trotz seiner aristokratischen Züge. Die Hakennase, die in seinem Gesicht prangte, verlieh ihm ein raubvogelartiges Aussehen, was sein stechender Blick weitgehend unterstricht. Und er trug wie immer seine Aktentasche herum, als wäre sie sein eigener Sarg. Und Edwins Kleidungsstil schien ebenfalls nach wie vor nichtssagend zu sein. Dunkler Anzug, weißes Hemd, - fehlte nur ein Umhang mit rotem Futter und so eine alberne Ordenskette. Wenn er sich etwas Bequemes anzieht, ist es garantiert das Gleiche wie jetzt, lediglich in einem anderen Farbton, oder er greift zum Leichenhemd...

Freudig kam Edwin auf mich zu und streckte die Hand aus, die er schnell wieder sinken ließ, weil er wusste, welches Unbehagen es mir bereitet, jemandem die Hand zu geben.

»Ragnor, wer hätte das gedacht?«, grinste er wie ein Honigkuchenpferd, setzte sich zu Malfurion auf die Couch, und zog seinen Aktenkoffer auf den Schoß. Geräuschvoll ließ er die Schlösser aufschnappen.

»Äh, was wird das jetzt? Willst du mir weismachen, ich hätte im Lotto gewonnen, oder was?«, ätzte ich rüber. »Eine Glücksfee stelle ich mir wesentlich attraktiver vor. Vor allem fülliger, obenherum.«

Alles in mir schrie, ich solle unverzüglich die Couch unter ihren Hintern in Brand setzen.

»Lotto? Ha, ha, ha, ha«, lachte er. »Ja, könnte man so sagen. Niemand kann genau wissen, wie es um dich steht, aber ich kann mich sehr wohl daran erinnern, dass ich damals dein Bankier, und in dieser Funktion, für deine Geldgeschäfte zuständig war. Wohl an, die schlechte Nachricht zuerst«, eröffnete er die geschäftliche Besprechung.

...Herrjemine, er fing gleich mit der schlechten Nachricht an? Was kam danach? Die noch schlechtere?...

»Ja?«, fragte ich blöde.

»Leider hat der Verkauf deines Hauses am Fluss, nicht den erwarteten Kaufpreis eingebracht«, enthüllte er mir.

»Äh...«, meldete ich mich zu Wort, »Moment mal ...ich hätte nicht erwartet, dieses Haus überhaupt verkaufen zu können. Eher dachte ich daran, wir wären kurzerhand von der Obrigkeit wegen Hochverrats enteignet worden.«

»Jahahaha!«, stieß Edwin den Zeigefinger in die Luft. »Aber wir waren clever, verkauften es an ein paar Zwerge, die ganz scharf auf das umliegende, fruchtbare Weideland waren. Wegen der Kühe, verstehst du? Wir datierten den Kaufvertrag ein paar Wochen zurück, und so konnte ich für das Haus noch einen einigermaßen akzeptablen Preis erzielen, in Anbetracht dessen, dass die Zwerge harte Verhandlungspartner - und obendrein geizig sind«, erklärte van Weyden.

»Ja, was soll ich sagen? Toll! Nur was habe ich davon?«, knarzte ich genervt.

»Wir, das heißt, dein Schöpfer und ich, legten dein Geld gewinnbringend für dich an. Ach ja, zusammen mit dem Verkauf deiner anderen Immobilien und dem Silber, das du monatlich von König Hogarth bezogen hast. Vergiss nicht, du warst damals schon sehr reich. Als du von ihm zum Ritter geschlagen wurdest, verzichtetest du auf Güter im Osten und entschiedst dich stattdessen für eine monatliche Zuwendung in Form von Silber. Wir haben für dich und deine Familie interveniert, und für deine Erben weiterhin, den ihnen zustehenden Betrag erhalten. Ich brauchte Jahre, um herauszufinden, wo sich deine Frau Mala herumtrieb. Als ich sie endlich fand, wollte sie nichts von deinem Eigentum haben. Sie meinte, eure Ehe wurde annulliert und sie sei nun lediglich deine Ex-Frau. Stattdessen schlug sie vor, ich solle dein Vermögen an deine leiblichen Kinder verteilen. Da Gungnir und Wally bereits früher ihren Erbteil erhalten hatten, blieben nur noch Mara und Jule übrig. Jule konnte ich letztendlich im Norden ausfindig machen, aber sie wollte, dass ich ihren Teil, genauso wie den von Mara, investiere. Später war Mara nicht mehr aufzufinden, es hieß, sie sei mit ihrer Mutter in die Dämonendimension gegangen. Tja, was soll ich sagen? Sechshundert Jahre sind eine lange Zeit, um aus einem ansehnlichen Vermögen, ein noch größeres zu machen. Wir investierten in Gold, Diamanten, Aktien und natürlich spekulierten wir auf dem Immobilienmarkt, in überwiegend krisensicheren Gegenden. Und da dein Schöpfer durch Seraphims Tod sein Heim, und den Großteil seines Hab und Guts verlor, sah er sich berechtigt, deinen Nachlass zu verwalten. Noch Fragen?«, musterte er mich über seine Habichtsnase hinweg.

Das musste ich erst einmal ein wenig sacken lassen. Selbstredend machte ich öfter Witze darüber, welcher Reichtum mir entgangen sein musste, weil ich sechshundert Jahre keine Zinsen kassieren konnte. Aber jetzt damit konfrontiert zu werden, fand ich regelrecht erschreckend. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich fand mich damit ab, mein Vermögen verloren zu haben. Deshalb war es für mich so, als hätte mir van Weyden wirklich einen Lottogewinn verkündet.

»Okay, ich wollte sowieso spätestens in neun Jahren bei Salomons Ring in den Sack hauen und mich in den Un-Ruhestand verabschieden«, überlegte ich laut.

… Aus gutem Grund wollte ich das. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit, stand eine gewisse Molly Flannigan vor meiner Tür und wollte von mir zur Vampirin gewandelt werden. Da sie aber noch reichlich grün hinter den Ohren war, vertröstete ich sie auf später und in meinem grenzenlosen Leichtsinn schwor ich bei Odin, dass ich sie nicht eher als in zehn Jahren wandeln würde. Tja, Schwur ist Schwur. Um diesen Umstand zu umgehen, wollte ich mich vor Ablauf der zehn Jahresfrist klammheimlich aus der Affäre ziehen, indem ich mich stikum verkrümeln wollte. Ja, ich weiß, das ist ziemlich unfair. Aber mal ehrlich: Bis ans Ende meiner Tage, wollte ich nicht von Molly Flannigan genervt werden, denn sie hat - ich mag es selbst kaum glauben - ein Faible für mich. Okay, ich schiebe mit dem Mädchen gern mal eine flotte Nummer, aber als untote Lebensabschnittsgefährtin ist sie für mich gänzlich ungeeignet. Wenn wir nicht gemeinsam im Bett liegen, liegen wir uns gegenseitig in den Haaren. Keine gute Prognose für eine sorgenfreie Zukunft...

»Ich weiß, ich bin nicht gerade dafür bekannt, ein Altruist zu sein. Dafür bin ich aber ein waschechter Wikinger, der ehrlich teilt. Nicht ich habe das Geld all die Jahre so gewinnbringend angelegt, sondern ihr ward es. Deshalb schlage ich vor, wir teilen alles durch fünf. Ein Teil geht an Malfurion, ein Teil an dich, Edwin, ein Teil an Mara, die inzwischen wieder aufgetaucht ist. Ein Teil geht an Jule und der letzte Teil an mich«, entschied ich spontan. »Dann bleibt immer noch genügend übrig, um meiner jetzigen Familie ein sorgenfreies Leben zu finanzieren.

»Gut, hier ist eine Aufstellung deines Nachlasses. Lies alles in Ruhe durch, dann können wir sehen, wie wir es nach deinem Gusto aufteilen«, nickte Edwin, klappte seinen Koffer zu und verabschiedete sich. »So, Ragnor. Ich bedanke und empfehle mich und wünsche euch eine Gute Nacht. So eine laue Toskana-Nacht, darf man nicht in geschlossenen Räumen verbringen«, machte er vor meinem Schöpfer und mir eine knappe Verbeugung. Wir wünschten ihm ebenfalls eine gute Nacht und der lange totgeglaubte Edwin von Weyden trollte sich.

… Und ich überlegte, wenn ich mich schon zur Ruhe setzen sollte, warum nicht eine Karriere als Porno-Darsteller anzustreben? Da verdient man quasi sein Geld im Schlaf... äh, im Beischlaf. Das wäre doch was für mich. Ragnor, der rote Rammler. Ha, ha, ha!...

»Jule?«, fragte mein Schöpfer erstaunt. »War sie nicht gestorben? Wie kann das sein?«

… Mein Luftschloss zerplatzte mit einem lauten Knall...

»Was? Oh, ja, das ist wahrlich eine haarsträubende Geschichte... Ach, du hast ja gar keine Haare!«, griente ich hämisch. »Die erzähle ich dir ein anderes Mal. Sehr kompliziert, mit Zeitreise und so. Jedenfalls habe ich Jule zurückgeholt. Und damit hab ich Volltrottel, sie gleichzeitig in Gefahr gebracht. Sie ist in der Zentrale von Salomons Ring«, meinte ich von Selbstvorwürfen geplagt.

»Du wirst doch deshalb nichts Unüberlegtes unternehmen, oder?«, fragte Malfurion skeptisch.

»Doch! Ich werde meine Töchter retten, den Laden aufräumen und anschließend mein Leben wieder so leben, wie ich es geplant habe. Meinst du etwa, ich gebe abermals ein Haus auf, das ich gerade erst abbezahlt habe?«, schnaufte ich verärgert.

»Du wirst gar nichts dergleichen tun!«, fiel mir mein Schöpfer ins Wort. »Denn genau solche Pläne sind es, die dich jedes Mal ins Unglück stürzen. Cornelius wird schon darauf achten, dass deinen Töchtern nichts Schlimmes widerfährt!«, beendete er die Diskussion.

»Aber...«, wollte ich einwerfen, doch er hob drohend die Pranke, und wer von ihm schon mal eine ordentliche Backpfeife kassierte, weiß was er davon hat. Nämlich einen Handabdruck auf der Wange, für mindestens eine Woche, in den schillerndsten, psychedelischen Farben. Dieser alte Vampir war beinahe allmächtig - mächtiger als alle meine Feinde zusammen.

»Gut, dann wäre das also erledigt«, brummte er im ruhigen Tonfall.

»Deine Regeln. Ja, so einfach ist das, nicht wahr?«, maulte ich beleidigt. »Wenn ich mich hier so umblicke, warst du wohl viel unterwegs, wie?«

Er wirkte wieder amüsiert. »Du weißt doch, das Reisen erweitert den Horizont. Es ist seit unserem letzten Treffen viel Zeit vergangen, und wir Vampire sollten nie zu lange an einem Ort verweilen. Also reiste ich mit Edwin, wenn er nicht gerade die Winter in Skandinavien verbrachte, durch die Weltgeschichte. Sehr interessant, ich habe viel gesehen«, breitete er die Pranke aus und deutete mit einer Handbewegung auf die vielen exotischen Gegenstände.

»Und was sind das für Leute, die hier im Haus wohnen? Mir ist nicht entgangen, dass es Menschen sind. Sind das deine Langschweine?«, fragte ich voller Neugier.

Mein Schöpfer machte ein verächtliches Geräusch. »Langschweine! Lass das nur nicht deine Freunde von Salomons Ring hören. Deine Meinung über Menschen ist noch immer eine sehr herablassende. Nein, ich halte mir hier kein Vieh, jedenfalls kein menschliches«, schüttelte er sein Haupt. »Eigentlich kann ich mir selbst nicht erklären, wie es dazu kam. Aber jeder der hier wohnt, hat seine eigene Geschichte und Gründe für seinen Ausstieg, um hier zu leben. Und lass dir eins gesagt sein, meistens keine angenehmen. Frauen auf der Flucht vor ihren prügelnden Ehemännern. Männer, die in ihrem vorherigen Leben schlimme Fehler machten und so weiter. Zuerst kamen sie nur, um hier einen Sommer lang entweder bei der Viehzucht, oder in den Weinbergen oder Olivenhainen zu arbeiten. Doch es blieben immer ein paar von ihnen, weil sie das Leben hier als angenehm empfinden. Wir sind eine friedliche Gemeinschaft, die sich an die aufgestellten Regeln hält«, erklärte er, während ich vor mich hin grinste. »Scherze nicht, aber wir haben hier unser eigenes Utopia erschaffen - und es funktioniert. Löchere nicht die Leute, was der Grund für ihren Ausstieg ist. Entweder sie erzählen es dir von allein, oder sie schweigen darüber.«

»Es ist mir doch völlig wurscht, was ihre Beweggründe sind, solange sie mir nicht auf den Sack gehen!«, schnaufte ich. »Wer ist Cesare?«, fragte ich daraufhin. Schließlich musste ich ihn durchleuchten, da er meine Kinder unterrichtete.

»Cesare ist seit zwei Jahren bei uns, er ist vertrauenswürdig, intelligent und ansonsten gern das Mädchen für alles. Ich würde ihn dir gerne vorstellen, aber er hat im Moment seine freien Abende. Drei im Monat, direkt hintereinander.«

»Okay, morgen nehme ich ihn in Augenschein.«

»Ach, übrigens, ich habe Ructus und Agnir versprochen, mit ihnen ins Museum zu gehen«, griff er in die Hosentasche und warf mir einen Autoschlüssel zu. »Du fährst! Für gewöhnlich chauffiert mich Cesare, aber wie gesagt, er hat heute Abend frei.«

»Wie? Ich fahre? Und was soll das heißen, du versprachst, mit ihnen ins Museum zu gehen? Du kannst nicht einfach mit meinen Kindern mitten in der Nacht in einem Museum herumspazieren!«

»Natürlich, wieso denn nicht?«, schmunzelte er.

»Weil ich da auch noch ein Wörtchen mitzureden habe! Ich bin schließlich ihr Erziehungsberechtigter!«, machte ich meinem Unmut Luft.

»Annie ist es auch, und sie hat nichts dagegen«, konterte er. »Eine meiner ersten Regeln lautet: Nicht auffallen!«

»Klugscheißer, ich bin zwei Meter fünf groß, wie soll ich nicht auffallen? Agnir und Ructus werden sich fürchterlich langweilen!«, hielt ich dagegen.

»Nicht da, wo wir hinfahren. Dort gibt es keine langweiligen Gemälde.«

Grunzend verdrehte ich die Augen. »Nicht? Na gut, überredet. Wir treffen uns vor dem Haus, ich muss mich umziehen!«

Vampire essen keine Pasta

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