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Ryan

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Eine halbe Stunde waren sie schon unterwegs. Er kam mit seinem Rucksack gut voran – im Gegensatz zu den beiden Mädchen. Es war ihm ein Rätsel, nach welchen Gesichtspunkten die ihre Sachen gepackt hatten. In seinem Rucksack steckte quasi alles, was vorzeigbar war. Auf den Rest, den er zu Hause zurückgelassen hatte, konnte er gut verzichten. Er rupfte im Vorbeigehen ein Blatt ab, zerrieb es zwischen den Fingern und roch – wildes, frisches Grün.

Obwohl im Infobrief gestanden hatte, dass sie durch den Wald zum Camp laufen würden, hatte diese Olympe sich die riesigste ihrer Taschen ausgesucht. Das Teil war natürlich so schwer, dass sie es dauernd schimpfend von einer in die andere Hand wechselte. Das andere Mädchen – Noomi – wirkte entspannter, obwohl sie ihren Koffer ebenfalls tragen musste, denn zwischen all den Wurzeln und Tannenzapfen nützten die Rollen natürlich nichts. Sie summte die ganze Zeit vor sich hin, was ihm gefiel. Das Summen schien seine Schritte leichter zu machen, mehr Energie in seine Muskeln zu leiten; einen Moment lang fühlte er sich fast frei.

Dann, plötzlich, erstarrte Olympe vor ihm. Sie ließ die Tasche fallen und kreischte, beides gleichzeitig, und war mit einem Sprung zwischen den Bäumen verschwunden. Nur ihr Arm blieb sichtbar, der ausgestreckte Zeigefinger auf den Weg gerichtet.

»Bitte sagt, dass das nicht wahr ist«, rief sie aus der Deckung heraus. »Sagt, dass ich halluziniere. Solche Viecher gibt’s in fernen exotischen Ländern, aber doch nicht … hier!«

Auch Frau Jorek und Noomi waren stehen geblieben und folgten Olympes Finger mit den Blicken.

»Na, ihr habt vielleicht Glück!« Frau Jorek klang begeistert.

Endlich entdeckte auch er den Grund für die Aufregung: einen hellgrau-dunkel gemusterten halben Meter Schlange, der sich langsam über den Weg ins Gebüsch wand.

»Eine Kreuzotter«, erklärte Frau Jorek. »Sehr scheu. Man begegnet ihnen viel seltener als Ringelnattern. Nattern werdet ihr hier jedenfalls öfter sehen. Die liegen oft im Gras und sonnen sich.«

»Sie sonnen sich?«, echote Olympes Stimme aus dem Gebüsch. »Nicht Ihr verdammter Ernst!«

»Wow, voll wild hier.« Noomi hatte aufgehört zu summen.

Frau Jorek sagte: »Gewöhnt euch dran. Die Wildnis ist Teil des Projekts.« Sie drehte sich um und stapfte weiter. »Los jetzt. Ein Viertelstündchen noch.«

»Giftschlangen!«, knurrte Olympe, als sie sich aus dem Schutz der Bäume herauswagte. »Großartig.« Dann hievte sie die Tasche wieder hoch und folgte Noomi.

Er bog die Zweige des Gebüschs auseinander, unter dem die Schlange verschwunden war, aber sie war weg. Schade. Er ruckelte seinen Rucksack zurecht, sog den warmen Waldgeruch ein und schloss zu den anderen auf.

Nach einer Ewigkeit lichteten sich die Bäume, die Büsche rechts und links des Weges wichen zurück und endlich traten sie auf eine Lichtung.

Sonne. Eine Wiese, mindestens hundert Meter Weite.

»Da sind wir.« Frau Jorek drehte sich zu ihnen um. »Willkommen bei Feel Nature!«

Sie breitete die Arme aus und auf ihrem Gesicht lag ein Strahlen. Kurz nur, ganz kurz, dann erinnerte sie sich offensichtlich an ihre Aufpasserrolle. »Das ist für die nächsten sechs Wochen euer Zuhause.«

Zuhause, dachte er. Nun ja.

Wild

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