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Kapitel 2

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Fröstelnd zog Tom die Jacke um sich, als er aus dem Auto stieg. Im Moment war der Herbst zwar noch recht mild, aber um 5:45 Uhr morgens spürte man von der Wärme des beginnenden Tages nicht das Geringste. Ein kalter Wind zog über den Mitarbeiterparkplatz.

Er schloss den Wagen ab und stiefelte Richtung Haupteingang. Heute war sein erster Arbeitstag als Krankenpfleger auf der chirurgischen Station im Klinikum Maiwald. Vorher hatte er in einem Uniklinikum in Schleswig Holstein gearbeitet und in keiner Weise vorgehabt, die Stelle zu wechseln. Doch der Job hier war ihm extrem schmackhaft gemacht worden.

Eines Tages hatte Tom einen Flyer im Briefkasten gefunden, welcher großspurig verkündete: Arbeiten Sie in einer der fortschrittlichsten Kliniken Deutschlands! Auf der Innenseite wurde das Krankenhaus als sehr innovative Einrichtung beworben, führend in der Forschung und mit vielen Vorteilen für die Mitarbeiter wie übertarifliche Bezahlung und schnelle, spezielle Qualifikationen. Von großen Aufstiegschancen war die Rede gewesen, und von weitergehenden Verdienstmöglichkeiten nach entsprechender Zusatzqualifikation und Einarbeitung.

Dass der gesamte Text zwar verführerisch klang, doch auffallend allgemein gehalten war, hatte ihn zu diesem Zeitpunkt kaum gestört. So schickte er eine Bewerbung ab, zunächst nur aus Spaß und ohne sonderliche Erwartungen.

Das Vorstellungsgespräch hatte ihm auch keine nennenswerten Informationen gebracht, bis auf das um ein Drittel höhere Gehalt. Der Pflegedienstleiter David Sommerheim hatte geheimnisvoll getan und ihm eine Menge Fragen gestellt. Über das Krankenhaus wollte er allerdings nicht viel verraten. Von den zukünftigen Kollegen erhoffte sich Tom mehr Auskünfte.

Jedenfalls hatte er schnell eine Zusage erhalten und schweren Herzens in der Uniklinik gekündigt. Jetzt war er hier, frühmorgens an einem kühlen Herbsttag, auf dem Weg zu seinem neuen Arbeitsplatz.

Nachdem er das Krankenhaus betreten hatte, schlug er die Richtung zur chirurgischen Station ein. Den Weg kannte er, da er ein paar Tage zuvor kurz dort gewesen war, um sich vorzustellen.

Auf dem Stationsflur herrschte Ruhe. Ein spärliches Dämmerlicht kam von kleinen Lampen an der Wand. Die übliche Nachtbeleuchtung.

Die Station bestand aus einem langen Gang, von dem zu beiden Seiten die Türen zu den Patientenzimmern und Nebenräumen abgingen. In der Mitte lag das Schwesternzimmer. Eine hohe Glasscheibe verband es optisch mit dem Flur. Rechts davon befanden sich Umkleideräume für das Stationspersonal, links ein Aufenthalts- und Pausenraum.

Tom zog den Schlüssel aus der Tasche, den er vom Pflegedienstleiter erhalten hatte, und betrat den Umkleideraum für die Männer. Eine Handvoll schmaler Spinde drängte sich in eine kleine Kammer. Tom öffnete den dritten Schrank und stopfte seine Sachen hinein. Die neue Dienstkleidung, Hose und Kasack, war für ihn bereitgelegt worden.

Ganz in Weiß verließ er die Umkleide und trottete in den Aufenthaltsraum. Um einen quadratischen Tisch saßen 5 Frauen, die bei seinem Eintreten alle aufblickten. Carola kannte er bereits, die Stationsschwester. Sie war groß und kräftig, ohne jedoch dick zu sein, und hatte kurze dunkelblonde Haare, die nach allen Seiten abstanden.

»Guten Morgen! Ich bin Tom Senger, der neue Pfleger hier ...«

Carola sprang auf. »Guten Morgen! Setz dich!« Sie wies auf einen von zwei freien Stühlen. Tom schüttelte lieber zuvor noch alle Hände und lächelte ihren Besitzern freundlich zu. Eine nach der anderen stellten sich die Anwesenden als Schwester Monika, Barbara, Steffi (»Keine Schwester Stefanie-Witze!«) und die Stationshilfe Doris Schildhauer vor.

Als er Platz nahm, bekam er einen A4-Zettel vor die Nase gelegt, auf dem in einer Liste sämtliche Zimmer mit Patientennamen aufgedruckt waren. Er bedankte sich gleichzeitig für das Blatt und die Tasse Kaffee, die Monika ihm gerade eingoss.

Als eine weitere Krankenschwester den Raum betrat, sah Tom auf und schüttelte nochmal eine Hand. »Hallo, ich bin Tom!«

»Schwester Iris, ich bin Dauernachtwache hier.« Mit einem Stapel Patientenkurven setzte sie sich auf den letzten freien Platz und goss sich ebenfalls einen Kaffee ein.

»Die Station ist derzeit nicht voll belegt.« Carola sah ihn an. »Darum haben wir Zeit, dass ich dir nachher kurz das Krankenhaus zeige, wenn du einverstanden bist.«

»Natürlich! Gerne!«

Die Nachtschwester begann mit der Übergabe. Der Reihe nach ging sie alle Patienten durch und schilderte Besonderheiten, die im Nachtdienst oder im Spätdienst des Vortages aufgetreten waren. Für Tom nannte sie zusätzlich Diagnose und OP. Schließlich endete sie mit einer Frau Markwart, 67 Jahre alt, in der Klinik wegen akuter Appendizitis und Appendektomie.

Nachdem er seinen Stift eingesteckt hatte, sah Tom erwartungsvoll in die Runde. Iris raffte die Patientenkurven zusammen und trug sie aus dem Zimmer. Die Stationsschwester blätterte in einem kleinen Notizbuch, welches vor ihr auf dem Tisch gelegen hatte.

»Herr Oberberg steht als Erstes auf dem OP-Plan«, sagte sie. »Der muss vollständig gewaschen werden ... Ansonsten sind heute zur OP dran ... Herr Radel, Frau Spieß und Frau Rheinbach. Und Frau Senkbeil bleibt auch nüchtern«, wandte sie sich an die Stationshilfe Doris. »Die kriegt ein Abdomen-Sono.«

Sicherheitshalber notierte sich Tom das auf seinem Zettel.

»Barbara und Steffi, ihr nehmt die hintere Seite, Monika, du übernimmst mit Tom die vordere Hälfte und zeigst ihm den Ablauf!«

Alle nickten.

»Wir teilen die Station nach dem Bereichspflegeprinzip ein«, erklärte ihm die Stationsschwester. »Immer Zimmer 1 bis Zimmer 8 und Zimmer 9 bis Zimmer 16. Jeweils zwei auf einer Seite.«

Sie warf einen Blick auf die Uhr an der Wand und wie auf Kommando sprangen alle auf. Tom kippte den Rest Kaffee hinunter und steckte den Zettel ein. Dann folgte er den Schwestern auf den Flur.

Das Klinikum

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