Читать книгу Weg aus der Einsamkeit - Emma zur Nieden - Страница 7
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Rose bekam eines Abends ein Gespräch mit, das Sarah mit Harriet führte. Harriet, eine Studentin, die stundenweise bei ihr arbeitete, war so etwas wie der Sonnenschein in ihrem Laden. Sie war jung, sah toll aus und lockte vor allem die jungen Männer ins Geschäft. Eines Tages schien sie sehr aufgewühlt. Sie hatte wohl geweint. Was genau Sarah ihr erzählte, konnte Rose nicht verstehen, aber dass sie dabei sehr einfühlsam vorging, war nicht zu übersehen. Sie schaffte es, Harriets Tränen zum Versiegen zu bringen. Das war offensichtlich. Und sie munterte Harriet auf, sodass sie schon bald ein Lächeln auf den Lippen trug.
Mittlerweile konnte Rose sich die Arbeit ohne Sarah gar nicht mehr vorstellen. Sie erledigte nicht nur zuverlässig sämtliche ihr übertragenen Aufgaben, sondern kümmerte sich darüber hinaus um die Sorgen der Belegschaft, wenn die Situation es erforderte. Sollte Sarah je Roses Laden verlassen, entstünde eine große Lücke. Rose war sich sicher, dass diese nicht so leicht zu füllen wäre.
Mit ihrer Größe und den schönen blauen Augen, würde Sarah zwar weder Miss World geschweige denn Miss Aberfoyle werden, aber sie hatte etwas an sich, das Rose faszinierte. Nicht von Anfang an, aber je länger sie Sarah kannte, desto mehr gefiel sie ihr. Einerseits war sie geheimnisvoll – Rose wusste nichts über sie außer dem Wenigen, was Sarah ihr bis dahin preisgegeben hatte. Andererseits umgab ihre beste Mitarbeiterin eine tiefe Traurigkeit, die sie durch ihre Unnahbarkeit zu verdecken versuchte. Es war Rose, als umgäbe Sarah dieselbe Traurigkeit, die sie selbst zuweilen erfasste. Es musste ihr etwas zutiefst Verletzendes widerfahren sein, war Rose sich sicher. Etwas Ähnliches wie ihr selbst vielleicht. Rose seufzte, bevor sie sich erneut ihrer Arbeit widmete, um nicht in eine düstere Stimmung abzugleiten.
Zu Beginn ihres Kennenlernens hatte Sarah verhärmt auf Rose gewirkt … fast wie eine Magersüchtige. Aber seit sie bei Rose arbeitete, beteiligte sie sich an den regelmäßigen gemeinsamen Mahlzeiten und hatte an Gewicht zugelegt. Stand ihr ausgezeichnet, bemerkte Rose eines Mittags, als sie Sarah verstohlen beobachtete. Die Hose lag eng am Po an und schlackerte nicht mehr darum herum. Rose erschrak über ihre unangemessenen Gedanken. Sarah war ihre Angestellte, schalt sie sich und versuchte, ihren Puls in normale Bahnen zu lenken.
Dass Sarah anfangs in den Kellerräumen für Ordnung gesorgt hatte, war ihr daher ganz recht gewesen, weil sie nicht wusste, wie ihre Kunden auf eine extrem dünne Bedienung reagieren würden, die den Anschein machte, als habe sie Essstörungen. Aber das Thema hatte sich mittlerweile erledigt, und von der mutmaßlichen Magersucht war nichts mehr zu sehen.
Erneut warf Rose einen Blick auf Sarahs frauliche Kurven, die ihr äußerst anziehend erschienen.
Schluss damit, mahnte sich Rose. Schließlich war sie längst noch nicht über Karen hinweg, außerdem dürfte Sarah einige Jahre älter sein als sie selbst. Doch ihre innere Stimme der Vernunft verstummte und machte anderen Gedanken Platz: Na und, was hatte Liebe mit Alter zu tun? – Was hieß überhaupt Liebe? Von Liebe war sie mehr als meilenweit entfernt, musste aber zugeben, dass sie sehr angetan von Sarah war.