Читать книгу Weg aus der Einsamkeit - Emma zur Nieden - Страница 9
Оглавление6
Rose hatte Mildred für einen Montagabend zum Grillen eingeladen. Das Restaurant der Freundin war montags ebenso geschlossen wie ihr eigener Laden. Deshalb bot es sich an, einen gemütlichen Abend miteinander zu verbringen. Die beiden hatten am Nachmittag in der Küche gewirbelt und Marinaden und Soßen für das Fleisch hergestellt. Sie hatten die Erfahrung gemacht, dass die eigenen Soßen wesentlich besser schmeckten als alles Gekaufte. Außerdem hatte man den Überblick über die Zutaten.
Rose hatte bereits den Grill angeworfen. Mit einer dicken Jacke stand sie davor und begutachtete die Grillkohle, damit sie den Zeitpunkt für das Auflegen des Fleisches nicht verpasste. Die Temperaturen hatten angezogen, obwohl der Frühling schon seine Fühler ausgestreckt hatte. Aber die beiden waren erfahrene Grillerinnen, einerlei, was das Thermometer anzeigte. Mildred deckte inzwischen den Gartentisch. Sie hatte zwei neue Salate kreiert. Rose wollte nun testen, ob Mildred sie auf ihren Speiseplan im Restaurant setzen konnte.
Rose lächelte. Auf diese Weise war sie des Öfteren zu wunderbaren, teilweise allerdings gewöhnungsbedürftigen Kreationen gekommen. Leckere vegetarische Aufläufe waren genauso dabei wie eine interessante Zubereitung von Rehfleisch. Rose verzog in der Erinnerung das Gesicht. Dieses Gericht hatte es definitiv nicht auf die Speisekarte bei Mildred geschafft. Dennoch verdienten die meisten Mahlzeiten ein großes Lob.
Die Kohle loderte noch, obwohl sie das Fleisch längst gegessen hatten. Rose und Mildred saßen fest in ihre Jacken eingepackt auf den Gartenstühlen und hatten ein Glas Whisky vor sich. Ein krönender Abschluss für ein sternewürdiges Menü.
Rose hatte die Augen geschlossen, als der relative junge Whisky, den sie gemeinsam mit ihrem Bruder kreiert hatte, die Kehle hinunterrann. Der war ihnen richtig gut gelungen. Wenn er weitere fünf oder sechs Jahre reifte, würde es ein Spitzenwhisky sein. Sie öffnete die Augen. „Sag mal“, begann sie. „Weißt du, warum Sarah in der letzten Zeit so gut drauf ist?“
„Das ist mir auch schon aufgefallen“, stimmte Mildred zu. „Sie war letzte Woche Samstag in meinem Restaurant, hat gescherzt und war ausgelassen. So fröhlich kenne ich sie gar nicht.“ Mildred sah Rose in die Augen. „Steht ihr ausgezeichnet, finde ich.“
Rose nickte und spürte eine leichte Röte in ihre Wangen aufsteigen. „Ich wollte mich ja nicht beschweren. Es kam mir nur außergewöhnlich vor. Und ich dachte, du kennst vielleicht die Ursache für die Ausgelassenheit.“
„Tja.“ Mildred nahm einen Schluck ihres Whiskys. „Das wirst du schon selber herausfinden müssen.“ Sie zwinkerte Rose zu. Die wandte ihren Blick ab. „Aber sag mal,“ Mildred machte eine bedeutungsvolle Pause, „kannst du mir erklären, woher deine ausdauernd gute Laune kommt? Du machst Scherze, bist nicht pikiert, wenn ich dich auf den Arm nehme. Vor allem läufst du permanent mit einem Lächeln im Gesicht herum. So ausgelassen warst du lange nicht. Steht dir besser als diese Ernsthaftigkeit der letzten Jahre.“
Rose wandte den Kopf zur Seite, weil die Röte sich nun sogar auf ihrem Hals ausgebreitet hatte. Sie machte eine wegwerfende Handbewegung, als wollte sie sagen, das entspräche nicht der Wahrheit. Insgeheim hätte sie zugeben müssen, dass dem tatsächlich so war. Seit Karens Tod hatte sie ihre Unbeschwertheit verloren. Seit Sarah in ihr Leben – ähm – in ihren Laden getreten war, hatte mit Rose eine Veränderung stattgefunden. Über diese wollte sie allerdings gerade jetzt nicht nachdenken und sprechen schon gleich überhaupt nicht. Sie wusste, Mildred würde nicht lockerlassen, wenn sie einmal Lunte gerochen hatte. Mildred durfte unter keinen Umständen auf dumme Gedanken kommen. Sie musste dringend abgelenkt werden.
Deshalb schenkte Rose Mildred rasch ein zweites Glas Whisky ein und hoffte dadurch auf einen Themenwechsel. „Das ist Ians und meine Whiskykreation, als wir Dads Geschäft übernommen haben. Erinnerst du dich?“ Sie bat inständig, das neue Thema möge sie ablenken.
Mildred nickte und schwenkte die goldene Flüssigkeit in ihrem Glas hin und her. „Der hat richtig Charakter bekommen. Ein paar Jahre Reifung, und er wird besser schmecken als der beste Whisky deines Vaters.“
Mit stolzgeschwellter Brust setzte sich Rose in ihrem Gartenstuhl auf. Das war nicht ein Lob irgendeiner Person. Vor ihr saß die beste Whiskykennerin, die Rose jemals kennengelernt hatte.
Das Maischen oder Aller Anfang ist kompliziert