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Der erste gemeinsame Abend

Nach dem Essen machten Zoe und Malin es sich in Zoes Kabine gemütlich. Zoe schlug vor, den Abend auf dem Balkon mit einem Glas Wein ausklingen zu lassen. Malin holte sich den Schreibtischstuhl und überließ Zoe damit die Liege. Die Polarsirkel steuerte vom letzten Hafen aus in Richtung des offenen Meeres. Eine Weile zog die Fjordlandschaft an ihnen vorüber, während die beiden ihr schweigend dabei zusahen. Da die Sommersonnenwende mit Riesenschritten herannahte, wurden die Tage immer länger. Obwohl die Uhr bereits nach zehn zeigte, hätte man mit ein wenig Mühe sogar noch ein Buch ohne Licht auf dem Balkon lesen können.

Kälte kroch durch Zoes Gliedmaßen. Es gelang ihr nur mit Malins Hilfe, eine Jacke überzuwerfen. Ihr graute bereits davor, sich bei den Außenterminen warm genug anziehen zu müssen. Mit dem Gipsarm ging eine schmerzlich einschränkende Unbeweglichkeit einher. Allein würde sie es nicht hinbekommen, in ihre dicke Jacke zu schlüpfen. Dazu käme, dass sie während eines Ausflugs in wärmender Kleidung weniger wendig wäre, was das Bedienen der Kamera anging. Hat die Ärztin nicht empfohlen, deinen Arm ruhig zu halten? Zoes Gewissen meldete sich. Sie schob den Gedanken beiseite und hielt den Gips so ruhig sie konnte, das musste reichen. Malin gegenüber hatte sie etwas ähnlich gesagt, als diese darauf hinwies, sie sollte den Arm mehr schonen.

„Der Wein ist nicht aus unserem Sortiment, oder?“, fragte Malin, während sie das Etikett betrachtete.

„Nein.“ Zoe hielt ihr Glas gen Himmel, den sie durch den Weißwein hindurch sehen konnte. „Ich habe zwei Flaschen aus Ägypten mitgenommen, als ich dort an einem Bildband archäologischer Ausgrabungen gearbeitet habe.“

„Der schmeckt jedenfalls sehr kräftig. So mag ich Weißwein.“ Zoe beobachtete Malin dabei, wie sie einen kleinen Schluck nahm und die Augen schloss. Sie konnte nicht wegsehen. Sie wurde magisch angezogen von dem Licht des aufgehenden Mondes, das Malins Gesichtszüge feinzeichnete, als hätte jemand einen Weichzeichner benutzt. Wie gern hätte Zoe ihre Porträtkamera zur Hand genommen und eine ganze Serie an Fotos von diesem sie verzaubernden Gesicht gemacht. Und Zoe fand, Malins Faszination ging nicht nur von ihren feinen Gesichtszügen aus, sondern von der Person im Ganzen.

„Was für Aufträge du so bekommst. Das muss spannend sein“, ergriff Malin das Wort, während ihre Augen in die Ferne schweiften. Vor ihrem inneren Auge sah Zoe Malin mit einer Kamera an einem Ausgrabungsort herumlaufen und ein Foto nach dem anderen schießen. Zoe fühlte Malins Blick auf sich.

„Es muss doch nicht nur äußerst aufregend sein, eine Ausgrabung fotografisch zu begleiten. Du wirst dabei sicher eine Menge Geld verdienen. Wieso krebst du finanziell am Abgrund?“

Okay. Malin wollte es genau wissen. Aus deren Sicht erschien es eine berechtigte Frage. Zoe beschloss, nicht um den heißen Brei herumzureden, sondern Malin die Wahrheit zu sagen, damit sie Zoes Existenzängste nachvollziehen konnte.

„Den Auftrag in Ägypten habe ich vor meiner ersten Fahrt mit den Postbudruten in die Antarktis bekommen. Meine Partnerin und Lebensgefährtin hat mich verlassen, während ich den Auftrag auf der MS Postbudruten erledigt habe. Sie hat unser gemeinsames Konto leergeräumt. Die ziemlich beeindruckende Summe, die der Bildband über die Ausgrabungen erzielt hatte, befand sich bereits auf unserem Konto. Es war ein Leichtes für Petra, es zu plündern, weil wir natürlich beide darauf zugreifen konnten und ich während eines Auftrags etwas anderes zu tun habe, als mein Konto zu überprüfen. Ziemlich naiv – im Nachhinein betrachtet.“

„Du hast ihr vertraut.“ Malin sah sie mit großen Augen an, als fiele es ihr schwer zu glauben, dass die vertrauteste Person in jemandes Leben zu so etwas fähig sein konnte. „Warum hat sie das gemacht? Kannst du dir das Geld nicht zurückholen?“

Malin schien die Tatsache, dass Zoe mit einer Frau zusammen gewesen war, vollkommen zu ignorieren oder unbedeutend zu finden. Sie schien sich lediglich darum zu sorgen, dass Zoe um ihr hart verdientes Geld betrogen worden war. Ihr fiel ein Stein vom Herzen, dass Malin kein Gehabe darum machte, dass sie mit Frauen lebte.

„Sie hat sich in eine andere verliebt. Das Geld gehört zwar nur zur Hälfte ihr, aber ich müsste sie verklagen, um an meinen Anteil zu kommen. Ich könnte meiner Anwältin noch nicht einmal Petras neue Adresse nennen. Eine Anklage hätte deshalb wohl wenig Chancen. Sie hat sich mit der anderen Frau und meinem Geld aus dem Staub gemacht.“

Zoe wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. Der Schmerz saß verdammt tief, obwohl Petra schon seit über drei Monaten nicht mehr in ihrem Leben war. Es tat weh, an die ehemalige Geliebte zu denken. Niemals hätte Zoe es ihr zugetraut, sie an den finanziellen Abgrund zu stoßen. Sie spürte eine warme Hand an der Schulter des gebrochenen Arms. Zoe drehte sich um. Malins Miene drückte so etwas aus wie „Es tut mir so leid.“ Malins Mitgefühl tat gut. Dazu diese betörende Wärme ihrer Hand, die Zoe geradezu entflammte. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Sie legte ihre gesunde Hand auf Malins und nickte ihr zu. Ein stiller Dank für diese tröstende Geste.

„Tja, und genau deshalb muss ich diesen Auftrag unbedingt zu Frau Johansens Zufriedenheit erfüllen. Sonst kann ich einpacken und einen Offenbarungseid ablegen.“

Die Tränen flossen nun doch noch. Obwohl Zoe sich so dagegen wehrte, stürzten sie nur so aus ihr heraus. Malin kam auf sie zu, kniete nieder und umarmte sie. Ihre Hände streichelten sanft über Zoes Rücken. Langsam beruhigte sie sich, wollte aber diese wunderbare Nähe zu Malin noch nicht aufgeben. Auch Malin schien keine Anstalten machen zu wollen, sich aus der Umarmung zu lösen. Stattdessen näherte sie sich Zoes Ohr und flüsterte: „Ich bin froh, dass du mir diese Geschichte erzählt hast. Ich hätte sonst geglaubt, du würdest dich mit meiner Hilfe nur noch mehr bereichern wollen. Nicht jede hat das Geld, sich so eine Suite zu leisten.“

„Ich kann dich nicht einmal bezahlen, weil ich die Einnahmen brauche, um mein kleines Unternehmen zu sanieren“, flüsterte Zoe zurück.

„Dass du mir angeboten hast, mir einen Abzug von einem deiner Bilder zu schenken, dem ich eine Wand in meinem Haus frei halte, ist für mich Lohn genug. So ein Unikat ist etwas Einzigartiges, das sonst niemand hat. Und ich darf mir sogar ein Motiv aussuchen. Das ist wirklich mehr als genug Belohnung für meine Unterstützung.“ Malin holte Luft. „Ich werde mir alle Mühe bei meiner Arbeit geben. Das verspreche ich.“

Zoe konnte förmlich den riesigen Felsbrocken von ihrem Herzen poltern hören. Malin wollte ihr Bestes geben, um Zoes Auftrag zu erfüllen. Sie hoffte nur, es würde ihren eigenen Ansprüchen genügen. Sie löste sich von Malins wärmendem Trost und schlug vor, ins Bett zu gehen. Ein anstrengender Tag lag vor ihnen, der ihre volle Konzentration erforderte.

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