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Anomalien der Eurokrise 17. April 2012 - Volatile Anleihen, stabiler Euro
ОглавлениеDie Eurokrise hat ein neues, potentiell zerstörerisches Stadium erreicht, warnt der Investor und Finanzmarktkritiker G. Soros. Wegen der rasant steigenden Renditen auf dem Anleihemarkt steht vor allem Spanien auf der Kippe. Doch wieso steigen die Risikoaufschläge so schnell, wieso droht auch Italien die „Ansteckung“, und wieso erholt sich gleichzeitig der Euro? Dies sind nur einige der zahlreichen Anomalien der Eurokrise, die in Brüssel kaum diskutiert werden.
Die Risikoaufschläge für Spanien haben gestern wieder die kritische Marke von sechs Prozent überschritten. Damit sei die Krise erneut in ein „akutes“ Stadium übergegangen, warnt der Thinktank „Re-define“. Doch wieso steigen die Renditen so schnell? Gestern gab es weder gute noch schlechte Nachrichten aus Madrid; offenbar machen sich die Märkte selbst Angst und lösen so eine negative Rückkoppelung aus.
Dagegen müsste die Eurogruppe vorgehen, z.B. mit einer massiven und zeitnahen Intervention der EZB oder Hilfe aus dem Rettungsschirm EFSF. Doch sie tut es nicht. Genauso wenig unternimmt sie gegen die so genannte „Ansteckung“ auf den Märkten, die diesmal vor allem Italien trifft. Bis auf ein paar empörte Äußerungen über die „Übertreibung“ der Spekulanten und wüste Anschuldigungen aus Rom nach Madrid tut sich nichts. Die Eurogruppe starrt wie das Kaninchen auf die Schlange, und die Investoren warten auf „News“, um ihren Angriff auf den Euro fortzusetzen.
Dazu eine interessante Einschätzung von „zerohedge", der die Märkte als „depressiv bis manisch" beschreibt:
When it comes to sovereign bond issuance out of Europe the market either continues to be blissfully ignorant or is purposefully stupid: a few hours ago Spain sold €3.18 billion in 12 and 18 month bills, which was more than the expected €3 billion, and which, while coming at higher rates than before, set off a futures buying spark. What however has been pointed out over and over is that issuance of Bills that come due (by definition) within the LTRO's 3 year maturity is meaningless: all it does is concentrate and front-load maturity risk. After all what happens if and when the ECB were to ever not roll the LTRO forward? As such, the only true Spanish bond issuance test this week comes on Thursday when the country issues 10 year bonds. Everything else is merely designed to take advantage of a headline driven market.
Bemerkenswert auch, dass der Eurokurs trotz der Krise seit zwei Jahren kaum verändert ist. Normalerweise müsste die Gemeinschaftswährung unter dem Druck der Schuldenlast und wegen der Rezession in Südeuropa massiv eingebrochen sein, eine Parität mit dem Dollar wäre wohl angemessen. Stattdessen stieg der Euro gestern, am Tag der Panikattacke wegen Spanien, sogar leicht an. Selbst das „Wall Street Journal" wundert sich über diese Anomalie. Offenbar sind Devisen- und Anleihemärkte völlig entkoppelt - vermutlich, weil die USA den schwachen Dollar begrüßen, während die EU an der Doktrin des starken Euro festhält.
Der Eurokurs ist für die meisten Krisenländer jedoch viel zu hoch. Selbst für global agierende Konzerne wie EADS und Airbus liegt er an der Schmerzgrenze. Für Deutschland hingegen ist der Euro sogar noch zu schwach; wenn es noch die DM gäbe, läge sie viel höher, und die deutschen Exporte würden einbrechen. Frankreichs Präsident Sarkozy hat daher recht, wenn er den Wechselkurs zum Thema machen will - und Merkel handelt egoistisch, wenn sie die Debatte verhindert...
P.S. Diese Überlegungen beruhen auf Gesprächen, die ich mit EADS-Chef Gallois und mit dem früheren EZB-Präsidenten Trichet geführt habe. Gallois beklagte den hohen Wechselkurs, Trichet die allzu schnelle „Ansteckung" Europas während der Finanzkrise.