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Drittes Kapitel 1

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Zwölf Stunden nachdem sie von Kobe ausgelaufen war, geriet die ›Silver Isle‹ in schlechtes Wetter, und mehr als die Hälfte ihrer Passagiere zog sich in ihre Kabinen zurück.

Das Schiff gehörte der ›Isle‹-Linie, die zwischen San Francisco und Kalkutta einen Frachtdienst betrieb und dabei Yokohama, Kobe, Hongkong, Manila, Saigon, Singapur und gelegentlich auch Rangun anlaufen ließ. Mit der wachsenden Beliebtheit von Weltreisen hatte der Passagierverkehr der Gesellschaft schnell zugenommen; zwei ihrer neueren Schiffe waren umgebaut worden, um größere und behaglichere Kabinenräume zu schaffen. Die ›Silver Isle‹ war eines dieser beiden Schiffe. Unglücklicherweise waren ihre Aufbauten durch diese Verbesserungen, zu denen auch ein aufgestocktes Deck zählte, nicht unerheblich erhöht worden, und wenn die See nicht gerade spiegelblank war, schlingerte das Schiff heftig.

Für Greg Nilsen allerdings kam das schlechte Wetter wie gerufen. Er und Dorothy, seine Frau, waren beide seefest und konnten mit ungeschmälertem Appetit in den Speisesaal hinuntergehen. Zugegeben, Dorothy beklagte sich darüber, dass das ununterbrochene Rollen und Schlingern sie ermüdete; aber er konnte das nur als geringfügige Unbequemlichkeit ansehen. Was ihn betraf, so war ihm jedes Wetter recht, das Arlene Drecker zwang, in ihrer Kabine zu bleiben.

Greg war Ingenieur und Inhaber einer Präzisionsformengussfabrik in Wilmington, Delaware. Seit mehr als zwei Jahren hatten er und Dorothy ihre Weltreise geplant, seit ihr jüngerer Sohn aufs College gekommen war.

Sie hätten diese Reise schon früher antreten können, wenn sie bereit gewesen wären, den größten Teil des Weges zu fliegen; aber das wollte Dorothy nicht. Eine ›richtige‹ Weltreise hatte sie sich gewünscht, eine Seereise also, und zwar eine auf kleinen, langsamen Schiffen.

»Schließlich werden wir nur einmal in unserem Leben in der Lage sein, uns das zu leisten«, hatte sie gesagt. »Die Touristen zieht es sämtlich in Städte wie Tokio und Hongkong und Paris und Rom. Ich finde, wir sollten uns auch einige entlegenere Plätze ansehen; Orte, von denen die meisten Leute nur lesen oder Fotografien in Bildbänden gesehen haben. Herrliche Gegenden wie Tahiti, wohin die Vergnügungsdampfer nicht fahren.«

Greg hatte ihr zugestimmt. Doch schon wenige Abende, die sie mit Landkarten, Schiffsfahrplänen und einem 40-cm-Globus verbrachten, hatten genügt, um ihre Vorstellungen zurechtzurücken. So stellten sie beispielsweise fest, dass ein eintägiger Abstecher nach Tahiti auf der Route nach Japan und nach Hongkong ihr Reiseprogramm um zwei Wochen verlängern würde. Am Ende war ihnen klar geworden, dass die Reise mindestens zwei Monate dauern würde, selbst wenn sie in Bezug auf die Größe und die Geschwindigkeit der Schiffe Kompromisse schlössen, wenn sie sich an die üblichen Häfen hielten und Südamerika vollkommen aus dem Spiel ließen; und drei Monate, wenn sie nicht praktisch ihre ganze Zeit auf See verbringen wollten.

Greg hatte ein paar außerordentlich tüchtige Mitarbeiter; aber was die Geschäftsführung anbetraf, war die Firma ›Nilsen Formenguss und Werkzeuge‹ praktisch ein Einmannbetrieb. Greg konnte sich nicht auf eine dreimonatige Urlaubsreise begeben, wann immer ihm danach zumute war, und obschon er seit geraumer Zeit eine Umorganisation vorhatte, die ihn in die Lage versetzen sollte, mehr Verantwortung als bisher an seine Mitarbeiter zu übertragen, waren Veränderungen damit verbunden, die nur allmählich vorgenommen werden konnten. Dafür hatte er zwei Jahre berechnet; ein Jahr, in dem die Veränderungen eingeführt werden sollten, und ein zweites, in dem sich zeigen würde, ob sie sich bewährten. Aber selbst so war es nicht leicht gewesen fortzukommen. Im letzten Monat vor ihrer Abreise hatte es zuweilen so ausgesehen, als würden sie wegen eines Ärgers mit einem neuen Regierungsauftrag ihre Reisepläne aufgeben müssen. Doch die Schwierigkeiten konnten gerade noch rechtzeitig ausgebügelt werden, und Anfang Oktober reisten sie von Wilmington ab. Wegen des vielen Gepäcks, das sie mit sich führten, fuhren sie mit dem Zug nach San Francisco. Am Siebenten stachen sie in See.

Beide waren nicht häufig auf Schiffen gereist. Während des Krieges war Greg auf einem Truppentransporter nach Europa gekommen. Auf der ›United States‹ und der ›America‹ waren sie zusammen nach England und Frankreich gereist und wieder zurück. Das war alles. Von erfahreneren Freunden hatten sie viele Ratschläge bekommen. Wie Greg sich später erinnerte, hatte einer dieser Freunde eine besonders ernste Warnung ausgesprochen.

»Während der ersten zwei oder drei Tage müsst ihr euch in Acht nehmen«, hatte dieser Mann gesagt. »Vor allem am ersten Tag kurz nach dem Auslaufen. Ihr werdet mit diesen Leuten wochenlang zusammen sein müssen. Aber zunächst wird euch alles fremd vorkommen, und ihr werdet euch nach allen Seiten hin freundlich zeigen wollen. Ihr werdet in die Bar gehen und einen Drink nehmen, um diese Ausreise zu feiern. Nehmt euch in Acht! Fangt nur nicht an, mit irgendjemandem freundlich zu sein! Wartet ab! Ihr kommt mit jemandem ins Gespräch, und noch bevor ihr es begriffen habt, bumms! sitzt ihr mit dem langweiligsten Menschen an Bord fest. So etwas kann einem die ganze Reise verderben.«

Arlene Drecker war keineswegs die langweiligste Per-son an Bord; aber Greg für sein Teil empfand sie als weit schlimmere Plage.

Nach der Abfahrt waren er und Dorothy auf Deck geblieben, bis sie die Golden-Gate-Brücke passiert hatten. Sie hatten den Jungen einen lückenlosen fotografischen Bericht von der Reise versprochen, und Greg hatte mit der 16-mm-Bell-and-Howell-Kamera fast eine Stunde auf dem Bootsdeck verbracht. Der Tag war sonnig, aber es wehte eine kühle Brise. Als es draußen nichts mehr zu sehen gab, waren sie froh gewesen, die Wärme der Bar aufzusuchen und vor dem Lunch einen Drink zu nehmen.

Arlene hatte etwa zwei Meter von ihnen entfernt an einem kleinen Tisch gesessen, Schiffstelegrammformulare ausgefüllt und an einem Martini genippt. Dann war dem Füllfederhalter, den sie aus dem Schreibzimmer mitgenommen hatte, die Tinte ausgegangen, und sie hatte verzweifelt in die Runde geblickt. Greg hatte ihr höflich seinen Füllfederhalter angeboten. Sie hatte ihn genommen. Später, als sie ihm den Halter zurückgab, hatte sie die beiden zu einem Drink eingeladen.

»Nein, nein. Sie müssen sich zu uns setzen«, hatte Dorothy gesagt.

Arlene hatte gelächelt. »Wissen Sie, für ein alleinreisendes Mädchen ist das ein großes Problem – wie kann sie die Leute dazu überreden, sich gelegentlich auch einmal zu einem Drink einladen zu lassen?«

Dessen ungeachtet hatte sie sich zu ihnen gesetzt und einen Martini getrunken. Zusammen waren sie zum Lunch hinuntergegangen. Später war der Steward mit der endgültigen Speisesaalsitzordnung an Greg herangetreten und hatte gefragt, ob er und Mrs. Nilsen etwas dagegen hätten, wenn Miss Drecker an ihrem Tisch säße. Einzeltische gäbe es nicht, erklärte er, und Miss Drecker säße nicht gern in einer größeren Gesellschaft. Greg blieb nichts anderes übrig, als zuzustimmen.

Als sie an jenem Abend hinuntergingen, stand eine Flasche Champagner auf ihrem Tisch; zum Dank dafür, dass sie bei ihnen sitzen dürfe, und um auf die Reise anzustoßen, erklärte Arlene.

Später, in der Kabine, murrte Greg darüber. Er machte sich nichts aus Champagner, der ihm stets Sodbrennen verursachte, aber Dorothy hatte dafür kein Verständnis. Es zeigte, meinte sie, dass Arlene ihnen nicht zur Last fallen wollte. Das sei es, was sie ihnen mit dem Champagner auf eine sehr nette Art habe sagen wollen. Die Tatsache, dass er davon Sodbrennen bekomme, sei in diesem Zusammenhang irrelevant. Dorothy hatte eine Zuneigung zu Arlene gefasst.

Sie war eine hochgewachsene, ungelenke blonde Person mit großen weißen Zähnen, bräunlicher Haut und sehr dünnen Beinen. Aus ihren Bemerkungen schloss Dorothy, dass sie wohl schon zu den Endvierzigern gehörte, aber sie sah ohne Frage jünger aus. Sie zog sich sehr elegant an, in einem nahezu männlichen Stil, der gut zu ihr passte, obschon sie zuweilen dazu neigte, sich mit schweren Armbändern zu behängen und Ohrringe zu tragen, die ihren schmalen Kopf noch betonten. Von sich selbst redete sie sehr frei und durchaus nicht unamüsant mit vorsichtig-sanfter Stimme, die bei jedem Wechsel der Tonlage ein wenig knarrte. Ihr Vater war Grundstücksmakler in Los Angeles gewesen. Während des Krieges hatte sie im Amerikanischen Roten Kreuz gearbeitet und war bis siebenundvierzig mit dieser Organisation in Frankreich und Deutschland geblieben. Dann starb ihr Vater, und sie ging nach Kalifornien zurück. Sie besaß nun ein Haus in Palm Springs, das sie vermietete, wenn sie auf Reisen ging. Sie hatte niemals großes Verlangen danach gehabt zu heiraten, obschon sie verheiratete Leute mochte und eine Schwäche für Kinder hatte. Aber man musste schon den richtigen Mann treffen, sonst war es sinnlos. Ihre Schwester hatte zum vierten Mal geheiratet, und was für ein elendes Durcheinander das alles doch gewesen war. Ihre Einstellung den Männern gegenüber war sarkastische Kameraderie, gemischt mit etwas Verachtung.

Am vierten Tag auf See war Gregs Abneigung gegen sie bereits heftig. Die Flasche Champagner war nur ein kleines Ärgernis gewesen; aber als am zweiten Abend eine Flasche französischer Rotwein zum Dinner aufgetischt wurde, hatte er protestiert.

»Es war nett gemeint von Ihnen, Miss Drecker«, sagte er. »Aber Dorothy und ich sind es nicht gewohnt, zum Essen Wein zu trinken. Wenn es Ihnen also nichts ausmacht …«

»Aber der Steward hat die Flasche schon geöffnet. Oh, nun seien Sie doch nicht so, Mr. Nilsen. Leben Sie ein bisschen gefährlich!«

Dorothy kicherte. Der Steward lächelte und schenkte ein.

»Hör mal, Dorothy«, sagte Greg später, als sie allein waren. »Arlene Drecker kann so viel Wein trinken, wie sie will. Und du natürlich auch. Aber ich werde mir doch nicht von ihr sagen lassen, was ich trinken soll.«

»So hat sie es doch gar nicht gemeint.«

»Es ist mir egal, wie sie es gemeint hat. Tatsächlich hatte ich nur die Wahl, etwas zu trinken, was ich nicht wollte, oder wie ein Bauer dazustehen. Verdammt, sie ist nicht unsere Gastgeberin auf diesem Schiff. Ich wünschte, sie hörte damit auf, so zu tun, als ob sie es wäre.«

»Sie gibt sich nur Mühe, freundlich zu sein.«

»Hör mal zu, wenn du Wein trinken willst oder wenn wir Wein trinken wollen, dann bestelle ich welchen.«

Am nächsten Abend bestellte Arlene Drecker Burgunder. Aber Greg hatte wohlweislich im voraus eine Flasche Rosé bestellt, und die beiden Weine wurden gleichzeitig gebracht.

»Zu ärgerlich«, sagte Greg grob. »Wie wär’s, wenn Sie mithielten und Rosé tränken, Arlene?«

»Rosé zu Roastbeef?« Arlene hob die Brauen. »Nein danke, da bleibe ich beim Burgunder.«

Aber als der Steward am nächsten Abend die halbgeleerte Flasche Burgunder wieder brachte, bestand Arlene nicht darauf, sie mit ihnen zu teilen. Greg hatte sich durchgesetzt. Und erst später am Abend entdeckten sie, dass ihre Tagesrechnung in der Bar von Arlene bezahlt worden war. Dorothy konnte das Lachen nicht unterdrücken.

Zwei Tage vor ihrer Ankunft in Yokohama wurde bekannt gegeben, dass während des Aufenthaltes Stadtbesichtigungen vorgesehen wären. Passagiere, die die günstigen Sonderpreise wahrzunehmen wünschten, sollten sich innerhalb von vierundzwanzig Stunden beim Zahlmeister anmelden.

Greg hatte seinen und Dorothys Namen genannt. Beim Lunch erzählte Dorothy beiläufig davon.

Arlene starrte sie ungläubig an. »Rundfahrten? Meine Gute, Sie müssen nicht bei Verstand gewesen sein!«

»Was haben Sie gegen Besichtigungsfahrten?«, fragte Greg. »Schließlich machen wir die Reise wegen der Sehenswürdigkeiten.«

»Oh, Greg!« Arlene lachte nachsichtig. »Haben Sie jemals eine japanische Besichtigungsfahrt mitgemacht?«

»Sie etwa?«

»Allerdings, und ich kann Ihnen sagen, es ist das Letzte. Man stopft Sie in einen Bus, gibt Ihnen ein Lunchpäckchen und fährt Sie dann von einem Bumslokal zum anderen. Das, was Sie gern sehen wollen, zeigt man Ihnen nicht. Man will nur, dass Sie möglichst viel kaufen – Kameras, Fächer, falschen Schmuck.«

»Davon ist auf dem Schwarzen Brett nicht die Rede.«

»Natürlich nicht. Hören Sie, wenn Sie wirklich etwas sehen wollen, dann schließen Sie sich mir an. Ich will Sie gern herumführen. Ich kenne mich aus. Sie brauchen nur einen Wagen zu mieten, und der Chauffeur fährt Sie überall herum. Sie sind unabhängig, können halten und weiterfahren, wann Sie wollen.«

Unsicher geworden, wandte sich Dorothy Greg zu: »Was hältst du davon?«

»Aber wir haben uns doch schon vormerken lassen.«

Arlene seufzte. »Na, dann lassen Sie sich eben wieder streichen! Warum denn nicht? Wenn Sie schon Touristen sein wollen, dann können Sie es auch richtig machen. Jetzt ist nicht die beste Jahreszeit für Japan, aber da Sie schon einmal hier sind, sollten Sie es sich wenigstens bequem einrichten.«

Unglücklicherweise hatte sie recht gehabt. Die Teilnehmer der Stadtrundfahrt kamen erschöpft, übel gelaunt und verspätet zum Dinner. Dorothy dagegen hatte einen faszinierenden Tag erlebt und ein Paar geschnitzte Haarnadeln aus Speckstein gekauft, die, wie der Barmixer behauptete, mindestens das Dreifache dessen wert waren, was sie bezahlt hatte.

Am nächsten Tag und auch später in Kobe wiederholte sich das gleiche Spiel. Es mochte Einbildung sein, aber Greg hatte den Verdacht, dass Dorothy und Arlene ein stillschweigendes Übereinkommen getroffen hatten, seinen Führungsanspruch zu ignorieren und die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.

Als der Tischsteward berichtete, dass Miss Drecker seekrank sei und in ihrer Kabine bleibe, kostete es ihn eine gewisse Überwindung, ein paar Worte des Bedauerns herauszubringen.

Das schlechte Wetter hielt zwei Tage an, die Greg gründlich genoss. Als am dritten Tag eine blasse Arlene zum Lunch erschien, war er beinahe ebenso besorgt wie Dorothy.

Dann kam das Missverständnis wegen des Shuffleboard-Turniers. Der Schiffsarzt wollte Greg und Dorothy gern in seinem Team haben, und Greg hatte zugesagt, ohne Dorothy zu fragen. Als das erste Spiel über die Lautsprecheranlage des Schiffes angesagt wurde, fehlte Dorothy. Greg fand sie schließlich beim Scrabble-Spiel in Arlenes Kabine. Bis er ihr erklärt hatte, was geschehen war, und sie an Deck erschienen, hatte man das Team neu aufgestellt, und sie konnten an dem Turnier nicht mehr teilnehmen.

Greg war verärgert. Um das Shuffleboard-Spiel tat es ihm nicht leid; er fand, es sei ein Spiel für alte Herren. Aber es ärgerte ihn, dass er sich beim Arzt entschuldigen musste.

Dorothy verhielt sich sehr vernünftig. »Es tut mir leid, mein Lieber. Aber du hast mir nichts davon gesagt, nicht wahr?«

»Ich dachte, du wärest irgendwo an Deck.«

»Nun, du hast gelesen, und Arlene schlug vor, Scrabble zu spielen. Dass du dazu keine Lust hast, weiß ich, und deswegen habe ich dich gar nicht erst gestört.«

»Musstet ihr denn unbedingt in der Kabine spielen?«

»Ihre Kabine ist sehr behaglich. Du kennst sie nicht. Sie ist zweimal so groß wie unsere. Hör mal, mein Guter, ich bin sicher, dass es dem Doktor nichts ausmacht. Er hat Verständnis dafür.«

»Ja, ich weiß. Aber trotzdem …«

Er war verärgert. Als Arlene und Dorothy an diesem Abend von Einkäufen zu reden anfingen, die sie in Hongkong tätigen wollten, kehrte sein Ärger zurück.

»Die großen Läden sind alle in Victoria«, sagte Arlene. »Das liegt auf der eigentlichen Insel Hongkong. Aber für uns Frauen sind die Läden drüben in Kowloon auf dem Festland interessanter. Einer heißt ›Stern von Siam‹ und ist im Peninsular-Hotel – dort muss man gewesen sein.«

»Läden in einem Hotel?«, fragte Dorothy.

»Allerdings. Sie füllen zwei ganze Stockwerke.«

»Klingt mir nach Touristennepp«, sagte Greg.

Arlene lächelte ihn an. »Was würden Sie zu einem nach Maß geschneiderten Anzug in bestem englischen Kammgarn sagen, der fünfundzwanzig Dollar kostet?«

»Oh, natürlich, ich weiß Bescheid. Die kopieren einen Anzug, den man hat, und sobald man ihn anzieht, fällt er auseinander.«

Wieder lächelte Arlene nachsichtig. »Ach, wirklich? Das habe ich noch nie gehört, jedenfalls nicht von jemandem, der wirklich dort war und sich einen gekauft hat.«

»Warum versuchst du es nicht, Liebling?«, meinte Dorothy. »Ich finde fünfundzwanzig Dollar für einen Anzug billig. Und du kannst noch ein paar Sommeranzüge gebrauchen.«

»Brooks Brothers sind gut genug für mich.« Schon während er das sagte, wusste er, dass dies eine plumpe und törichte Bemerkung war.

»Nun, es ist ja auch unwichtig.« Dorothy sagte es ein wenig aufgebracht.

Arlenes Schweigen war auf geradezu überwältigende Weise taktvoll.

Es war Sonntagabend, und infolgedessen wurde nach dem Dinner nicht getanzt. Als Arlene ihre Kabine aufgesucht hatte, wollte Dorothy vor dem Zubettgehen noch einen Rundgang auf Deck machen.

Nachdem sie eine Weile gegangen waren, sagte sie: »Liebling, ich bin etwas besorgt. Ich genieße die Reise sehr und amüsiere mich prächtig. Du, wie es scheint, weniger.«

»Weil ich mir nun einmal in Hongkong keinen Anzug machen lassen will?«

»Jetzt beginnst du wirklich langweilig zu werden.«

»Mag sein. Diese Frau geht mir auf die Nerven.«

»Arlene? Aber sie ist doch eine sehr nette Person.«

»Na, ich kann sie jedenfalls nicht leiden und wünsche nur, sie ließe uns in Ruhe.«

»Mich stört sie nicht. Ich finde sie sehr lieb und hilfsbereit. Stell dir vor, wie es uns in Tokio ergangen wäre, wenn wir nicht das Glück gehabt hätten, von ihr herumgeführt zu werden. Für sie ist es bestimmt nicht sehr aufregend gewesen. Sie kannte das alles ja schon, und nur unsertwegen hat sie sich so viel Mühe gegeben.«

»Ich wünschte, sie würde diese Mühen an andere Leute verwenden. Aber warum macht sie denn diese Reise, wenn sie schon alles gesehen hat?«

»Greg, Liebling, du bist sonst viel toleranter und verständiger. Sie ist eine sehr einsame Frau.«

»Und das nicht ohne Grund.«

»Wie hässlich, so etwas zu sagen. Es sieht dir gar nicht ähnlich.«

»Und doch ist es meine Meinung. Du weißt, dass ich diese Frau nicht ausstehen kann. Der Chefsteward sagte mir, dass sie nicht gern in Gesellschaft sei. Und warum nicht, wenn sie doch so einsam ist? Warum musste sie sich ausgerechnet auf uns stürzen?«

Dorothy antwortete nicht sogleich, und sie gingen schweigend noch einmal um das Deck herum.

»Hör mal, Liebster«, sagte sie schließlich. »Wir machen diese Fahrt nicht zur Erholung, sondern weil wir etwas mehr von der Welt sehen wollen als nur Amerika. Wenn wir Multimillionäre wären, dann könnten wir die Reise vielleicht auf unserer Privatjacht machen. Wie die Dinge nun einmal liegen, müssen wir mit anderen Leuten zusammen reisen. Wir sind nicht in der Lage, uns die Mitreisenden nach eigenem Geschmack auszusuchen, ebenso wenig wie sie ihrerseits uns haben aussuchen können. Wir müssen also versuchen, das Beste daraus zu machen. Ist das vernünftig?«

Greg lachte in sich hinein. »Es ist ein Gedicht, und du hast es wunderschön aufgesagt.«

»Greg, ich meine es ernsthaft.«

»Ich weiß, Liebling.« Er nahm sie bei der Hand. »Deswegen bist du ja so süß.«

Seine gute Laune war wiedergekehrt. Dorothys Predigten hatten meistens diese Wirkung. Vor ihrer Ehe war sie Kindergärtnerin gewesen, und auch heute noch konnte man ihr den alten Montessori-Stil in kritischen Augenblicken anmerken.

»Du machst mich ganz verrückt«, sagte sie.

Er blieb stehen und küsste sie auf die Wange. »Schon gut, Liebling, wir wollen, wohin wir auch kommen, nette, wohlerzogene amerikanische Touristen sein, die Freundlichkeit und Zuversicht ausstrahlen und harte Dollars unter die Leute bringen.«

»Wenn du nur ein wenig von dieser Freundlichkeit in Richtung Arlene ausstrahlen könntest, das ist alles, worum ich dich bitte.«

»Du sagtest, wir müssten das Beste aus der Sache machen. Also gut, ich werde mir Mühe geben.«

»Ich danke dir, Liebling.«

Er seufzte. »Ich werde es jedenfalls versuchen.«

Und ein paar Tage gab er sich redliche Mühe.

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