Читать книгу Kleine Geschichte Unterfrankens - Erich Schneider - Страница 10
Unterfranken wird fränkisch
ОглавлениеAufzeichnungen des „Geographen von Ravenna“ aus der Zeit um 700 zufolge gab es im frühen Mittelalter östlich des Rheins zwei feste Plätze: Uburcis und Ascapha, die für gewöhnlich als Würzburg und Aschaffenburg identifiziert werden. Man nimmt an, dass sich im 6. Jh. von Westen her fränkische Adelige und Siedler, darunter sogenannte „Freie Franken“, am mittleren Main niedergelassen haben. Zumindest der Adel dürfte getauft gewesen sein, während die altansässige Bevölkerung von heidnischen Vorstellungen geprägt blieb. Die neue Oberschicht gründete Orte, die meist aus Personennamen oder Himmelsrichtungen und der Endung „-heim“ zusammengesetzt sind. Diese Phase der „Verfrankung“ dauerte bis zur Mitte des 8. Jhs.
Rüsselbecher aus Hellmitzheim (Lkr. Kitzingen), hellgrünes Glas, 6. Jh.
Papst Gregor III. verfasste um 738 einen Brief an diejenigen „im Grabfeld, und alle [ ] im östlichen Landstrich Wohnenden“. Während das Grabfeld eine definierte Größe bildete, war das Land östlich davon in der päpstlichen Kanzlei damals noch Terra incognita. Erst nach Mitte des 8. Jhs. findet sich der Name orientales Franci für die dort Lebenden. Daraus wurde im 9. Jh. Francia orientalis – Ostfranken – für das Land am Main. Im Grunde ist das jedoch nur ein Notname zur Unterscheidung des Kerngebiets der Karolinger westlich des Rheins, der um 1200 jedoch allgemein wurde.
Den Prozess der Verfrankung gefährdeten im 6. Jh. von Osten bis in den Steigerwald vordringende, slawisch geprägte Ethnien. Von den Wenden gegründete Orte tragen Namen, die auf „-wind“ enden, wie z. B. Abtswind oder Geiselwind an der A 3. Bis in die Zeit Karls d. Gr. (768–814) war Franken durch kriegerische Aktionen der Sachsen immer wieder bedroht.
Darüber hinaus hat es den Anschein, als ob die fränkische Oberschicht am Main durchaus eigene, sich nicht immer mit denen der Merowingerkönige deckende Interessen verfolgte. So soll sich der Franke Radulf († nach 642) als Herzog von Thüringen (ducatus Thoringae) gegen die fränkische Oberherrschaft der Pippiniden aufgelehnt haben.
Unsere Kenntnisse von den genauen genealogischen Zusammenhängen in Ostfranken im 6. und 7. Jh. sind undeutlich. Die Passio Kiliani erwähnt einen Herzog Hruodi in Franken. Ob dieser mit Herzog Radulf aus dem thüringischen Dukat identisch ist, wissen wir nicht. Hruodi wird in der Passio als Stammvater der Dynastie der Hetenen bezeichnet. Ihm soll sein Sohn Hetan d. Ä. gefolgt sein, an den sich dessen Sohn Gozbert anschloss, der im ausklingenden 7. Jh. in dem Kastell Wirciburc weitgehend unabhängig vom Frankenreich über die Francia orientalis geherrscht haben soll. Unter dem Einfluss der fränkischen Hausmeier und dem ab 687 regierenden König Pippin II. ging ihr Herzogtum Thüringen zwischen 716 und 719 unter. Herzog Gozbert wurde ermordet und sein Sohn Hetan II. aus dem Land getrieben.