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Von Kilian bis Bonifatius

Der hl. Kilian als Apostel der Franken

Die frühesten Berichte über das Wirken des Frankenapostels Kilian und seiner Gefährten werden in die Mitte des 8. bis in die Mitte des 9. Jhs. datiert. Sie wurden daher erst etwa zwei bis drei Generationen nach seiner angenommenen Tätigkeit als Missionar aufgeschrieben. Es sind zunächst zwei Passiones („Leidensgeschichten“), die Passio maior und die Passio minor. Dem Märtyrerverzeichnis des Fuldaer Abtes und Erzbischofs von Mainz, Hrabanus Maurus (780–856), sowie dem Mönch Beda Venerabilis (vor 850) verdanken wir weitere Informationen.

Im Jahr 686 sollen der irische Wanderbischof Kilian und seine Gefährten, der Priester Kolonat und der Diakon Totnan, in der Rhön auf dem Aschberg („Kreuzberg“) einen Altar der Göttin Holla zerstört und ein Kreuz errichtet haben. Vom nahen Kilianshof aus zogen sie an den Main weiter. Versehen mit einem förmlichen Auftrag des Papstes, taufte Kilian in Würzburg viele Franken. Von Herzog Gozbert, der wohl bereits Christ war, verlangte der Missionar, seine Schwagerehe mit Gailana, der Frau seines verstorbenen Bruders, aufzulösen, da Ehen unter Verwandten nach kirchlichem Recht verboten waren. Als Gozbert damit einverstanden war, stiftete Gailana während dessen Abwesenheit bei einem Kriegszug Koch und Schlossvogt aus ihrem Haushalt an, Kilian und seine Gefährten zu enthaupten. Das geschah der Legende zufolge am 8. Juli 689. Ihre Leichen vergruben sie am Ort des heutigen Neumünsters. Darüber ließ Gailana einen Pferdestall bauen. Als der Herzog heimgekehrt war, gestanden die Mörder ihre Tat und richteten sich selbst. Gailana aber starb vom „bösen Geist“ besessen.

Fakt ist: 752 wurden die Gebeine der drei Märtyrer durch den hl. Burkard, den 741/42 von Bonifatius eingesetzten ersten Bischof von Würzburg, erhoben und Kilian wurde der Patron des Bistums. Mit der monumentalen Darstellung des hl. Kilian mit Stab und Schwert auf ihrer Fahne siegten die Truppen des Würzburger Bischofs 1266 in der Schlacht am Mühlberg bei Kitzingen (Museum für Franken, Würzburg). Als Reichsheiliger wurde er in Deutschland, Frankreich und Italien verehrt. Seit dem 16. Jh. waren die Gebeine der Patrone Frankens in der Krypta des Neumünsters in Büsten verwahrt, die Tilman Riemenschneider geschnitzt hat. Mit dem Untergang des Alten Reiches gingen die Reliquien verloren, wurden aber 1849 wiederentdeckt und ihre Verehrung erneuert. Während der Nazizeit und angesichts drohender Luftangriffe barg man die Reliquien heimlich im Turm der Pfarrkirche von Gerolzhofen. Nach Kriegsende trugen sie 1949 Gläubige in einer feierlichen Prozession wieder nach Würzburg. Bischof Julius Döpfner konnte 1952 im notdürftig reparierten Neumünster den 1200. Jahrestag der Erhebung der Gebeine der Bistumspatrone feiern. Bis heute tragen rund 130 Kirchen den Namen des hl. Kilian und der Tag des Martyriums der Frankenapostel wird am 8. Juli in Würzburg als geistliches und weltliches Hochfest begangen.


Martyrium des hl. Kilian und seiner Gefährten. – Holztafelgemälde, Nürnberger Meister, um 1475.

Willibrord, Bonifatius und die Gründung des Bistums Würzburg

Nach dem Tod von Herzog Gozbert fand der mainfränkischthüringische Dukat unter ungeklärten Umständen sein Ende. Das Gebiet am mittleren Main gelangte in die Abhängigkeit der Karolinger und wurde Königsland. Mit Unterstützung des Hausmeiers Pippin II. (um 635–714), des faktischen „Herrschers“ im Frankenreich, predigte der in Northumbrien geborene Mönch Willibrord (um 658–738) den christlichen Glauben in ganz Franken. Er erbaute christliche Kirchen, die er mit Priestern besetzte, und schuf erste kirchliche Organisations-strukturen. In einer im Castello Virteburch 704 ausgestellten Urkunde überließen Herzog Hetan II. und seine Gemahlin Theodrada dem Missionar Güter in Thüringen. 716 erhielt Willibrord von dem Herzog Land an der fränkischen Saale zur Gründung eines Klosters.

Umstritten ist, dass auf dem schon in der späten Bronzezeit besiedelten Burgberg über Würzburg 706 eine Marienkirche erbaut worden sein soll. Zu Beginn des 8. Jhs. soll Hetan II. für seine Tochter Immina († um 751) dort ein Kloster gegründet haben. Immina soll der Vita Burkardi zufolge ihr Kloster dem Bischof geschenkt und dafür das Marienkloster im etwa 30 km mainabwärts gelegenen Karlburg als Lehen empfangen haben. Die Wissenschaft datiert die Anfänge der Marienkirche in die erste Hälfte des 11. Jhs. Ihre Ausformung als Zentralbau über rundem Grundriss mit Kuppel rückt sie sowohl in die Nähe von Memorialbauten der Spätantike in Italien als auch der karolingischen Pfalzkapelle in Aachen.

Ein bedeutendes Kloster im Frühmittelalter war Amorbach im Odenwald. Örtlicher Überlieferung zufolge soll die Benediktinerabtei auf den hl. Pirmin zurückgehen, der um 714 das Christentum gepredigt hat. Zunächst sei es ein kleines Kloster unter der Leitung seines Schülers Amor gewesen, das dieser dann 734 an den heutigen Platz verlegt habe. Die Weihe der ersten Kirche soll der hl. Bonifatius selbst vorgenommen haben.

741 starb der fränkische Hausmeier Karl Martell. Im Zuge der folgenden Reichsteilung erhielt dessen Sohn Karlmann Franken östlich des Rheins, also das heutige Thüringen, Hessen und Franken. Mit Unterstützung von Karlmann gründete Bonifatius ab 742 die Bistümer Würzburg, Büraburg, Fritzlar und Erfurt, die 743 von Papst Zacharias bestätigt wurden. Zur wirtschaftlichen Absicherung des Bistums Würzburg unter Bischof Burkard hatte Karlmann ihm 24 königliche Eigenkirchen in Ostfranken und am Mittelrhein geschenkt. Außerdem sprach er Burkard den Zehnt von 26 Königshöfen zu. Diese waren bereits in merowingischer Zeit meist an strategisch wichtigen Fernstraßen oder am Ufer von schiffbaren Flüssen angelegt worden und sollten die Verwaltung des Reiches fördern. Darunter waren Hallstadt am Main nahe Bamberg sowie der Königshof Salz am Nordrand des Maingebietes nahe Neustadt an der Saale, ein wichtiger Handels- und Stapelplatz, an dem sich Straßen aus Thüringen, Sachsen oder Hessen nach Würzburg oder ins slawische Obermaingebiet trafen. Hinzu kamen weitere jährliche Einkünfte „von den Gebieten der Ostfranken und von den Slaven“. Pippin III. († 768) verlieh der Würzburger Kirche die Immunität und stärkte den königlichen Anspruch auf Franken weiter. Würzburg hatte sich damit als Metropole am mittleren Main sowie als Bindeglied und Puffer zwischen Bayern und Sachsen zugleich durchgesetzt.


Kiliansbanner. Siegespanier der Schlacht von 1266 bei Kitzingen, in der der Würzburger Bischof am Cyriakus-Tag die Grafen von Henneberg und von Castell besiegte.


Cyriakus-Schlacht von 1266 bei Kitzingen. – Miniatur von Martin Seger in der Fries-Chronik, 1546.

Bereits vor Bonifatius soll es einige Klöster und Zellen für Mönche und Nonnen etwa in Tauberbischofsheim oder in Kleinochsenfurt gegeben haben. Sicheren Boden betreten wir erst 744 mit der Gründung der Benediktinerabtei Fulda unter der Führung von Abt Sturmius. Dieses Kloster nahm durch seine Unterstellung unter die Gerichtsbarkeit des Papstes eine aus der Reichskirche herausgehobene Stellung ein. 745 erscheint Eichstätt an der Altmühl als Bistum südlich von Würzburg. Dort wirkten die aus Südengland stammenden Missionare Willibald, Wunibald und Walburga. Das Frauenkloster in Kitzingen wurde der Sage nach von Hadeloga, einer angeblichen Tochter Pippins d. J., vor 745/48 an einem im Mittelalter bedeutenden Mainübergang gestiftet.

Der hl. Bonifatius

Die Organisation der katholischen Kirche Mainfrankens ist mit dem Wirken des hl. Bonifatius verbunden. Geboren als Winfrid um 672/677 in Wessex, trat er als Benediktinermönch in Exeter respektive in Nursling ein, zu dessen Abt er gewählt wurde. Trotzdem missionierte er ab 718 mit einer Vollmacht von Papst Gregor II. unter dem Namen Bonifatius zunächst in Thüringen, dann in Friesland und ab 721 in Hessen. 722 weihte ihn der Papst in Rom zum Bischof. 732 wurde er Erzbischof ohne Sprengel, aber mit dem Recht, selbst Bischöfe zu weihen, und 737/38 päpstlicher Legat für Germanien. Damit war in der Person des Bonifatius die Organisation der Kirche in Deutschland eng mit Rom verknüpft.


Kloster Amorbach im Odenwald. Die 734 gegründete Abtei gehört zu den ältesten Stätten des christlichen Glaubens in Unterfranken.

Damals begann der Stern des Bonifatius zu verblassen. Seine 745 auf einer fränkischen Generalsynode in Frankfurt beschlossene Berufung zum Erzbischof von Köln scheiterte und er wurde „nur“ Bischof von Mainz. Der Rückzug seines Förderers Karlmann 747 in ein Kloster bot dessen Bruder und Nachfolger Pippin (714–768) die Chance, ganz Franken beiderseits des Rheins unter seiner Führung wieder zu vereinen. Mit Hilfe von Papst Zacharias setzte er 751 den Merowingerkönig Childerich III. ab und wurde als erster Karolinger zum König gewählt. Pippin III. drängte den Einfluss von Bonifatius auf die Reichskirche zurück und suchte dafür den direkten Kontakt zum Papst. Bonifatius nahm darauf mit über 80 Jahren die Mühen der Missionsarbeit erneut auf sich und zog nach Friesland, wo er 754 nahe Dokkum mit dem Schwert erschlagen wurde. Verehrt als Märtyrer und Heiliger wurde Bonifatius im Kloster Fulda beigesetzt.

Kleine Geschichte Unterfrankens

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