Читать книгу Kleine Geschichte Unterfrankens - Erich Schneider - Страница 14
ОглавлениеDie Staufer-Zeit
Würzburgs Blütezeit im 12. Jahrhundert
Das 12. Jh. gilt – ab dem Ende des Investiturstreits 1122 – als Höhepunkt für Würzburg und das ganze Bistum. Im deutschen Reich ohne Hauptstadt wurde die Metropole am Main für die staufischen Könige und Kaiser zu einer Art regionalem Stützpunkt in der nach dem Tod Kaiser Heinrichs VI. im Jahr 1197 ausgebrochenen Auseinandersetzung mit den Welfen.
Bereits der erste Stauferkönig Konrad III. (reg. 1138–52) weilte 17 Mal in Würzburg. Von Friedrich I. Barbarossa (reg. 1155–90) sind 18 Besuche bekannt. In Bischof Gebhard von Henneberg (reg. 1150–59) hatte er einen treuen Vasallen. Als Barbarossa 1156 Beatrix, die reiche Erbin des Königreiches Burgund, heiratete, feierte der Kaiser die Hochzeit in Würzburg.
Zu kaum einer anderen Zeit waren die Würzburger Bischöfe so intensiv durch den Dienst für das Reich mit den Kaisern verbunden, und kaum jemals wurden die finanziellen Ressourcen ihres Bistums derart bis zur Überschuldung belastet. Umgekehrt dürften zu keiner Zeit mehr Notare und Kleriker aus Würzburger Stiften im Dienste der Reichskanzlei tätig gewesen sein. Was lag daher näher, als für die Zukunft zu sorgen?
Die „gülden freyheit“ von 1168
1120 hatten die Würzburger Bischöfe das Richteramt für Franken erhalten. Auf ihren Münzen präsentierten sie sich seit Embricho (reg. 1122–46) als dux, als Herzog. Dennoch fehlte die kaiserliche Legitimation dafür. 1167 bot sich die Chance: Eine Ruhrepidemie hatte vor Rom das deutsche Heer sowie zahlreiche Bischöfe und Große dahingerafft. Barbarossa zog sich fluchtartig nach Norden zurück und erreichte in jeder Hinsicht geschwächt vor Jahresende Würzburg. Das nutzte Bischof Herold (reg. 1165–71) und ließ aus drei echten, nach ihrer „Auswertung“ zerstörten Urkunden einen neuen Text formulieren und die Originalsiegel auf ein gefälschtes Diplom übertragen. Dieses legte er Barbarossa auf dem Würzburger Hoftag Ende Juni 1168 vor.
Kaiserliches Siegel aus Gold an der als „gülden freyheit“ bezeichneten Urkunde, in der Kaiser Friedrich Barbarossa dem Bischof von Würzburg 1168 den Titel eines Herzogs zu Franken verlieh.
Vor seiner Unterschrift änderte der Kaiser freilich die Urkunde in einem entscheidenden Punkt: Er bestätigte dem Bischof zwar die volle Gewalt in Bistum und Herzogtum Würzburg sowie in allen darin gelegenen Grafschaften, nicht aber im Herzogtum Ostfranken. So steht es in der Reinschrift des Notars Wortwin († 1198), die mit einem Siegel (Bulle) des Kaisers aus purem Gold versehen wurde. Jetzt erst waren die Urkunde und die ausgesprochenen Privilegien diplomatisch korrekt: Zu Recht bezeichnete Lorenz Fries, der Würzburger Chronist des 16. Jhs., diese verfassungsrechtlich bedeutende Urkunde als „gülden freyheit“.
Obwohl Würzburg den Titel eines Herzogs zu Franken stets überinterpretierte und langfristig nur in seinem eigenen Hochstift durchsetzen konnte, gab er den Bischöfen eine herausragende Stellung. Diese konnten bis zum Ende des Alten Reiches kein Markgraf und kein Herzog von Weimar wirklich streitig machen. Mit Friedrich II. (reg. 1212–50) verwendete ein weiterer Stauferkaiser in zwei Urkunden von 1220 und 1231 erstmals die Worte domini terrae (Territorialherr): Der Bischof wurde damit immer mehr zum Herrn über das Land, das er vom König als jederzeit kündbares Lehen empfangen hatte.
Die Mainbrücke in Würzburg
Heute wie damals unterstreichen Bauwerke Macht und Einfluss der jeweils Herrschenden: In Würzburg war es die wohl auf Anregung des Bischofs Embricho von der Stadtgemeinde unter der Führung von Meister Enzelin vor 1133 errichtete steinerne Brücke über den Main, ein gewaltiges Werk mit einer Länge von 179 m und acht Pfeilern, auf denen bis zu 15 m Spannweite überwölbende Bögen lasteten. Mit der Brücke knüpfte man an die technologischen Leistungen der Spätantike an. Dabei verband man nicht nur die an beiden Ufern des Mains gelegenen Teile der Stadt, sondern gab dem gesamten Hochstift eine neue Infrastruktur: Nun endlich konnten Menschen und Waren sicher und unabhängig von Wetter und Jahreszeit über den Fluss gelangen. Die an der Straße von Nürnberg nach Frankfurt gelegene Brücke zog zudem den Verkehr an und generierte Zolleinnahmen.
Für lange Zeit war dieser Bau die einzige steinerne Brücke über den Main in weitem Umkreis. Ochsenfurt nimmt für sich in Anspruch, dass es dort gleichzeitig eine hölzerne Brücke über den Fluss gegeben haben soll; belegt ist eine Steinbrücke freilich erst seit 1254. In Kitzingen gibt es eine Steinbrücke seit 1300 und in der Reichsstadt Schweinfurt existierte eine Brücke aus Holz erst um 1400. Wenn es also einen Maßstab für die Bedeutung Würzburgs als Zentralort im 12. und 13. Jh. gegeben hat, dann war es die steinerne Mainbrücke.
Die von Meister Enzelin vor 1133 errichtete steinerne Brücke über den Main in Würzburg ist die älteste ihrer Art in Franken.
Der „Kampf um den Main“ im 13. Jahrhundert
Der Würzburger Historiker Otto Meyer sah den „Kampf um den Main“ als wesentliches Merkmal des späten Mittelalters in Franken an. Parallel zum Niedergang der Königsherrschaft suchten zahlreiche Mächte Zugang zum Main zu bekommen. Während des Interregnums im dritten Viertel des 13. Jhs. sicherten sich die Grafen von Hohenlohe für Jahrzehnte in und um Kitzingen Ansprüche. König Rudolf von Habsburg (reg. 1273–91) erlangte mit Schweinfurt 1282 eine Reichsstadt am Fluss. Andere Versuche hatten nur kurz Bestand oder scheiterten im Anfangsstadium: Heidingsfeld war von 1367 bis zur endgültigen Eingliederung in das Hochstift Würzburg 1508 böhmische Königsstadt, aber nie Reichsstadt.
Der Main half als Transportweg mit Zoll und Stapelrechten die Würzburger Ansprüche in der Region zu festigen. Dennoch musste Bischof Hermann von Lobdeburg (reg. 1225–54) die Politik der Mainzer Erzbischöfe aus dem Hause Eppstein im Blick haben. Sie hatten seit dem späten 10. Jh. in Aschaffenburg am Untermain Fuß gefasst und strebten nach der Ausbreitung ihrer Macht. Seit dem Ende des 13. Jhs. war das Mainviereck fest in mainzischer Hand. Dies ging zu Lasten der Grafen von Rieneck, die sich zuletzt mit der Burg Rieneck im Sinn-Tal begnügen mussten. Den Grafen von Wertheim mit ihrem Stammsitz an der Mündung der Tauber in den Main gelang es dagegen, mit dem Bau einer Höhenburg im späten 12. Jh. eine Art Riegel zwischen Mainz und Würzburg zu schieben.
Der Deutsche Orden besaß mit Prozelten und Mainberg für einige Zeit Standorte am Main. Daneben suchten die Grafen von Henneberg von Südthüringen aus über das Grabfeld an den Main zu gelangen. Ihnen gehörte die Burg Mainberg, bevor sie diese 1542 mit Würzburg gegen Meiningen tauschten. Die Seinsheim bzw. die Schwarzenberg sicherten sich in Marktbreit ihren Anteil am Main und Marktsteft einige Kilometer flussaufwärts gehörte den Ansbacher Markgrafen.
Der größte Coup aber war den Markgrafen 1443 geglückt, als sie die Stadt Kitzingen am Main von dem notorisch klammen Würzburg gegen Zahlung einer ordentlichen Pfandsumme erhielten. Fast 200 Jahre besaß Ansbach diesen wichtigen Brückenkopf am Main. Dass es Würzburg 1629 mitten im Dreißigjährigen Krieg gelang, diese Pfandschaft einzulösen, war in der langfristigen Planung der Markgrafen gewiss nicht vorgesehen gewesen.
Die Grafen von Castell konnten sich im Mittelalter um Volkach am Main etablieren, mussten die Stadt aber spätestens 1481 zu einem großen Teil an Würzburg abgeben. Die fränkische Reichsritterschaft hatte ihre Sitze meist in den Randgebieten des Bistums, im Spessart, in den Haßbergen, im Grabfeld oder im Steigerwald. Nur den Fuchs von Dornheim respektive den Herren von Crailsheim scheint es 1320 mit Mainsondheim gelungen zu sein, gegenüber von Dettelbach am Fluss Fuß zu fassen.
Auch die Klöster versuchten sich gerne am Main niederzulassen. Darunter befanden sich alte und zeitweise bedeutende Anlagen wie in Neustadt, Triefenstein, Kitzingen oder Münsterschwarzach. Da es sich dabei um dem Würzburger Bischof als Landesherrn unterstellte Klöster handelte, stärkten sie eher dessen Macht, als dass sie eine Gefahr für ihn bedeuteten.