Читать книгу Als meine Fehler laufen lernten - Erma Bombeck - Страница 7

Mom, für den sorgen wir schon ...

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Als Oma abgerauscht war, nahm ich mir meinen Sohn vor und sagte: »Hör mal, wegen dieser Schlange ...«

»Mom«, sagte er, »fang gar nicht erst an, schwer zu atmen, es lohnt sich nicht. Sie bleibt nur ein paar Tage. Außerdem dachte ich, Mütter seien immer für ihre Kinder da.«

»Zeig du mir einen Jungen, der seiner Mutter eine Schlange nach Hause bringt, und ich zeige dir ein Waisenkind!«

Seine Geschwister schalteten sich ein. »Genauso war sie damals, als wir Harry ins Haus brachten, weißt du noch?

›Fütter ihn nicht bei Tisch.‹ ›Geh, wasch dir die Hände.‹ ›Du darfst den Hund nicht küssen, du weißt ja nicht, wo er gewesen ist.‹«

»Und jetzt bleibt er dir den ganzen Tag auf den Fersen«, sagte mein Sohn.

»Ohne ihn wärst du ganz verloren«, sagte meine Tochter wehmütig.

»Manchmal glaube ich, du liebst den Hund mehr als uns – nun gib es schon zu.«

Was sollte ich zugeben? Harry ist ein Paket schlechten Mundgeruchs und sollte außerdem einem Anwalt gehören. Nie geht er an einem Bein vorüber, ohne die Zähne hineinzuschlagen. Er beißt die Hand, die ihn füttert. Nämlich meine. Und an dem Tag, an dem er ins Haus kam, wurden Versprechungen gemacht, die nie eingelöst wurden.

Er sollte nie etwas bei Tisch bekommen. (Stimmt, er hatte seinen eigenen Stuhl am Tisch, wie alle anderen Familienmitglieder.) Er würde in seinem eigenen Bett schlafen. (Vorausgesetzt, es war ein Wasserbett, gefüllt mit Cognac.) Wenn er ein Pfützchen oder Häufchen machte, würde derjenige, der es zuerst erblickte, es wegputzen. (Die Kurzsichtigkeit feierte seitdem Triumphe!) Die Kinder würden ihn dazu erziehen, dies draußen zu erledigen. (Er lebt nun schon so lange nur auf Papier, daß wir ihm die New York Times abonniert haben.)

Heute ist er acht Jahre alt, und wenn Sie sich einen Sechsundfünfzigjährigen in schäbigem Pelzmantel vorstellen, der allabendlich sechs Stunden ins Fernsehen glotzt, ohne während der Werbeeinschaltungen das Zimmer zu verlassen, haben Sie es so ziemlich getroffen.

Von der Natur weiß Harry nichts. Er hat nie einen Baum gesehen, einen Grashalm, einen Bordstein, einen Pfeiler, einen Autoreifen.

Er will auch gar nicht wissen, warum er sich nicht auf dem Samtbezug eines Stuhls erleichtern darf oder warum es so schwierig ist, auf hochflorigen Teppichen auf drei Beinen zu balancieren.

Gott weiß, wie sehr ich mich bemüht habe, ihn stubenrein zu bekommen. Ich lobte ihn, wenn er dorthin ging, wo er sollte, ich strafte ihn, wenn er neben das Papier machte. Bei den Kindern hatte es doch auch immer funktioniert.

Als das Haus komplett mit bepinkelten Spannteppichen ausgelegt war und unsere Besucher in Bewegung bleiben mußten, um nicht mit einer Wand verwechselt zu werden, ließen wir eine Hundetür einbauen.

Eine Hundetür ist eine Öffnung, ungefähr 20 mal 30 cm, die in eine Tür zu 400 Dollar eingepaßt wird. Für den Hund ist es genauso schwierig, dort hindurchzugehen, wie mit verbundenen Augen auf einer Mähmaschine über den Schlangenfluß setzen.

Das Training war ganz einfach: Binnen einer Stunde hatte ich heraus, daß man die Klappe mit der Nase nur kräftig anschieben mußte, dann ging sie nach draußen auf und es war nur eine Frage von ein bißchen Schwung und einem festen Aufsetzen der Hände und Füße auf der Schwelle und schon schob man sich hindurch. Harry brauchte etwas länger, um es zu begreifen.

»Nun tu nicht so, als sei es die Berliner Mauer«, sagte ich eines Tages und rieb mir die schmerzende Schulter. »Es ist ein Durchgang, du kannst raus und auch wieder rein, wenn du Lust hast.«

Eines der Kinder kam eines Tages aufgeregt zu mir: »Mom, der Harry steht an der Tür und will raus!«

Unglücklicherweise war es nicht die Tür, in die wir das Loch geschnitten hatten.

Ein andermal war ich in der Küche und hörte in einer Talkshow einen Hundezüchter reden. Der Moderator fragte ihn, was man tun solle, wenn ein Hund immer auf den gleichen Stuhl pinkelte. Ich ließ das Geschirrtuch fallen, raste zum Fernseher und kam gerade noch rechtzeitig, um den berühmten Fachmann äußern zu hören: »Schmeißen Sie den Stuhl weg.«

Wenn ein Hund zuläßt, daß man sein bester Freund wird, hat man ihm viel zu danken. Und eine der elementarsten Freuden ist Futter.

Eines Abends kam mein Mann in die Küche, tauchte den Löffel in eine Schüssel und sagte: »Mmm. Schmeckt ja phantastisch! Was ist es denn?«

Ich sagte: »Huhn, Speckstreifen, Zwiebeln und Nierchen.«

»Und wie heißt es?«

»Es heißt Hundefutter. Für uns gibt es Bohnen und Würstchen. Geh und wasch dich.«

»Aber vorher möchte ich noch wissen, was in der Flasche mit der braunen Flüssigkeit ist?«

»Das ist ein neuartiges Getränk für Hunde, die es satt haben, immer nur Wasser zu trinken. Es schmeckt nach Fleisch.«

»Für jemand, der aus der Toilettenschüssel trinkt«, sagte er, »hat er es weit gebracht. Und überhaupt, woher weißt du, daß unser Hund es satt hat, nur Wasser zu trinken. Sagt er ›Bah!‹ und spuckt es aus?«

Hierin mußte ich meinem Mann recht geben. Noch nie hatten wir einen Hund, der sang, sprach, Briefchen schrieb oder sich sonst irgendwie mitteilte.

»Man muß auch mal dem Hersteller vertrauen«, sagte ich.

Ja, Vertrauen brauchten wir unbedingt. In den letzten paar Jahren habe ich ›Tiernahrung‹ (ein paar Tüten Hundekuchen bei den Grassamen am Ausgang vom Supermarkt) zu einem ganzen Regal mit großer Auswahl anwachsen sehen. In blindem Glauben habe ich heimgeschleppt: Knusperchen mit Käse- und Fleischgeschmack, Trockenfutter, das im eigenen Saft weich wird, Leckerlis, Leberplätzchen, Knochen, von denen der Hund weiße Zähne kriegt und Dosen besonderer Delikatessen dafür, wenn er sich mal langweilt.

»Sag mal«, überlegte mein Mann. »Hat sich der Hund jemals für etwas im Fernsehen Angepriesenes begeistert?«

»Aber du weißt doch, daß er im Fernsehen überhaupt nur auf eines reagiert, auf die Polit-Diskussion, bei der geht er sofort in seinen Korb.«

»Das interessiert ihn eben nicht«, sagte mein Mann. »Womöglich ist er Vegetarier und weiß nicht, wie er uns das beibringen soll. Wenn wir ihm jeden Tag eine rohe Kartoffel hinwerfen, freut er sich vielleicht wie ein Schneekönig.«

Er setzte die Flasche mit dem Fleisch-Drink an, nahm einen Schluck und verzog das Gesicht.

»Was hattest du denn erwartet? Etwas Leckeres?«

Er wandte sich an den Hund und flüsterte ihm zu: »Bleib beim Toilettenwasser.«

Trotz der vielen Forderungen unserer Haustiere stehen sie in der Hack- und Beiß-Ordnung der Familie an oberster Stelle. Ich muß zugeben, daß ich zu Harry eine bessere Beziehung habe als zu jedem anderen Familienmitglied. Das hat seinen guten Grund.

Einen Hund kann man rufen und wenn er gerannt kommt, zu ihm sagen: »Ich wollte nichts Besonderes, nur wissen, wo du bist.« Probieren Sie das mal mit einem Ihrer Kinder, es dreht Ihnen den Hals um!

Ein Hund bleibt auch während der schlechtesten Schau seit Erfindung des Fernsehens neben einem sitzen und wird, sofern sie einem gefällt, kein einziges Mal versuchen, auf etwas Besseres umzuschalten.

Nie lädt er sich Geschäftsfreunde ein und zwingt einen, sich ins Schlafzimmer zurückzuziehen und dort die Zeit abzusitzen, wie ein Schwerverbrecher.

Nie lügt er einen an und nie regt er sich auf, wenn man seinen Geburtstag vergißt.

Jede Beziehung wird dadurch untermauert, daß ein Freund ein Geheimnis bewahren kann. Einem Hund kann man erzählen, daß man die Zinsen für das überzogene Konto noch vor dem 15. zusammen haben muß und nicht weiß woher nehmen – er wird es für sich behalten.

Da gibt es die Geschichte von dem Mann in Wisconsin, dessen Frau und Hund sich nicht vertrugen. Einer von beiden mußte gehen. Er setzte eine Anzeige in die Zeitung: FRAU ODER HUND ABZUGEBEN! FRAU GUTAUSSEHENDE ABER UNGEDULDIGE BLONDINE HUND DEUTSCHER KURZHAAR ZWEIEINHALBJÄHRIGES STERILISIERTES WEIBCHEN. SIE HABEN DIE WAHL! BEIDE GRATIS.

Er bekam mehr als zwanzig Anrufe von Leuten, die sich für den Hund interessierten. Einer der Anrufer sagte, er habe eine kleine Brünette und einen englischen Setter und wollte wissen, ob ein Tausch in Frage käme.

Mein Mann fand diese Geschichte himmlisch. Er sagte, sie sei für ihn vollkommen einleuchtend.

»Schließlich bekäme er von dem Hund die gleiche liebevolle Zuwendung wie von der Frau. Der Hunde würde ihm Pantoffeln und Zeitungen bringen, hinge nicht den ganzen Tag am Telefon, hinterließe nie eingeweichtes schmutziges Geschirr im Spülbecken, und hielte ihm nachts die Füße warm.«

Ich erwiderte: »Wenn das deine Meinung ist, wieso hast du dann keinen Hund geheiratet?«

Mein Mann ist zu schlau ... zu alt... und zu gut gefüttert, um so etwas auch nur in Erwägung zu ziehen.

Als meine Fehler laufen lernten

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