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„Quantensprung“ ist nicht „Quantensprung“

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Der Begriff „Quantensprung“ wird heute inflationär benutzt. Zum Beispiel von Ökonomen, die auf irgendwelchen Aktionärsversammlungen behaupten, das Unternehmen stünde kurz vor einem „Quantensprung“. Daran sieht man wieder genau das Problem, das Planck immer angesprochen hat, dass nämlich die Wissenschaftssprache und die öffentliche Sprache eigentlich nicht zueinander finden können.

In der Wissenschaftssprache ist ein Quantensprung das Kleinste, was geschehen kann. Es bewegt sich meistens hin zu einem Grundzustand. In diesem verharrt das System für alle Zeiten fest.

Aber genau das will ja ein Unternehmen nicht. Es will einen großen Sprung nach vorne in eine aktive, dynamische Phase machen. Der „Quantensprung“ des Volkes ist also das Gegenteil des Quantensprungs von Planck.

Hier liegt das Problem, wenn man versucht, Wissenschaft zu vermitteln. Trotzdem kann man natürlich darüber nachdenken, was das menschliche Denken möglich macht. Was im menschlichen Denken sozusagen Lust auf Quantensprünge macht oder was bei Planck Unlust auf Quantensprünge macht. Er wollte diese Quantensprünge nicht. Er wollte nicht, dass die Natur sich unstetig verhält. Er hat den Vorschlag, dass der Energieaustausch zwischen der Materie und dem Licht unstetig vor sich geht, nur in einem Akt der Verzweiflung gemacht.

Allerdings war dieser Akt der Verzweiflung sehr erfolgreich. Man konnte anschließend tatsächlich erklären, was passiert. Wie das Licht zustande kommt, das durch Erwärmung der Materie induziert wird. Und man hatte insgesamt die Möglichkeit, eine ganz neue Art der Physik aufzustellen, auf die ich noch etwas näher eingehen werde.

Planck hat sich auf der einen Seite gefreut, denn was kann einen Physiker mehr erfreuen, als dass er eine erfolgreiche Theorie über die Wirklichkeit des Materiellen liefert. Es hat ihn aber auch geärgert, weil seine ursprüngliche Vorstellung einer kontinuierlichen, immer stetigen Natur damit verschwunden ist. Es war plötzlich eine Lücke da und über diese Lücke konnte man nichts wissen. Es ist eine merkwürdige Grundeinstellung, die Planck der Wissenschaft geliefert hat, ohne sie wirklich voll akzeptieren zu können. Eine ungeheuer spannende Situation, die ihn sehr beschäftigt haben muss. Trotz seiner großen Leistungsfähigkeit war er sozusagen dauernd seelisch angespannt.

4 Portraits (Pauli, Einstein, Planck und Heisenberg)

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