Читать книгу Behauptung statt Wahrheit - Erwin Leonhardi - Страница 44
Katholizismus
ОглавлениеEine große Besonderheit ist das katholische Verständnis des Wortes Gottes. Es besteht in schriftlicher Form in der Heiligen Schrift und in mündlicher Form in der Apostolischen Tradition, dem Papsttum. Dabei dient Letzteres als Richtschnur für die einzig gültige Auslegung der Bibel. Praktisch geschieht dies in der Ausübung der kirchlichen Lehrautorität.
Dies ist ebenfalls eine rein menschliche Festlegung. Hiermit wird gesagt, dass das, was man in der Bibel liest, nicht so zu verstehen ist, wie es da geschrieben steht, sondern so aufzufassen ist, wie es die katholische Kirche festlegt. Damit erhebt sich die Frage, ob man dann überhaupt die Bibel braucht. Mit seinen Dogmen und klerikalen Schriften definiert das Papsttum eine Reihe von Sachverhalten, die weit über den Inhalt der Bibel hinausgehen. Für diese Kirchenführer ist die Bibel bestenfalls ein Alibi.
Die katholische Kirche definiert also für sich exklusiv die selbst angedichtete Berechtigung, allein die gültige Bibelauslegung festzulegen und begründet das mit der ebenfalls selbst erfundenen Apostolischen Tradition.
Die Notwendigkeit hierzu ist leicht einzusehen, wenn man die Bibel als Buch liest. Man stößt massenweise auf Ungereimtheiten, die der Kirche nicht passen können. Also beschäftigen sich hauptamtliche kirchliche Ideologen mit der Passendmachung. Das geschieht seit über zweitausend Jahren. Besonders kritisch wurde die Sache, als die Bibel in die Volkssprachen übersetzt wurde.
Einige von diesen Passendmachungen muten erbärmlich an und zeigen, wie viel außerinhaltliche Konstruktion aufgewendet werden musste, damit die Doktrin erhalten bleiben konnte. Hieraus folgt zwingend, dass der Kirche die Doktrin wichtiger ist als die Heilige Schrift. Die Doktrin ist also alles, die Bibel nur das Aushängeschild.