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Dogma statt Bibel

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Wenn überhaupt, kennen viele Christen nur auszugsweise Bibelstellen, meist ohne den Kontext. Das ist von den Kirchen auch bewusst so gesteuert. Der Priester sucht im Rahmen der Dogmatik Stellen aus, predigt den Gläubigen auf der Basis einer vorgegebenen Exegese und zeichnet damit ein Religionsbild, das von seiner Obrigkeit indoktriniert wird. Wahrscheinlich können sich viele Kirchgänger an Predigten mit selektiven Textauszügen erinnern, in die alles Mögliche hineininterpretiert und die beliebig in die moderne Zeit extrapoliert wurden. Der alttestamentliche Kontext wurde dabei in der Regel nicht erläutert.

Diese Vorgehensweise war sehr bequem, als die Kirchgänger noch nicht lesen konnten. Dem Analphabeten kann man alles erzählen, er muss es ja glauben, denn er kann nichts nachprüfen. Auf diese Weise kann der Hirte seine Schäfchen mit Gleichnissen, Moralgeschichten, Angstformeln und Strafankündigungen perfekt beherrschen.

Vor der Reformation war die Verschleierung des Inhalts noch einfacher, da die Bibel nur in griechischer Sprache als Septuaginta und viel später in lateinischer Sprache als Vulgata vorlag. Außer Kirchenleuten, Mönchen und einigen gebildeten Adligen und deren Lehrern hatte kaum jemand Zugang zu diesen alten Sprachen. Erst im 15. Jahrhundert begann eine gewisse allgemeine Alphabetisierung in den Städten. Auf dem Land sollte es noch lange dauern, bis eine wenigstens geringe Anzahl von Menschen lesefähig wurde. Die heutige Kirche hatte also über 1.500 Jahre lang ein leicht lenkbares Publikum, die alttestamentliche Priesterschaft hatte noch weitere mindestens 700 bzw. sogar 1.200 Jahre Zeit, das ihr genehme Religions- und Gottesbild zu prägen.

Behauptung statt Wahrheit

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