Читать книгу Behauptung statt Wahrheit - Erwin Leonhardi - Страница 49
Moralbild am Beispiel der Erzväter
ОглавлениеJeder Christ kennt die Namen der Erzväter Abraham, Isaak und Jakob und hat ein positives Bild dieser Männer. Sie sind die von Gott auserwählten Leitfiguren. Das wurde jedem von frühster Jugend an durch die Organe der Kirche so eingetrichtert.
Bei genauem Lesen des AT stellt sich dann folgendes heraus:
Abraham war ein Nomade aus Ur in Chaldäa, im heutigen Irak. Er zog als Nomade nach Westen. Er hat zum eigenen Schutz zweimal seine Ehefrau verleugnet und Königen gegenüber behauptet, sie sei seine Schwester. Rein sachlich war das sogar richtig, denn Sara war seine Halbschwester. Aufgrund ihrer Schönheit wurde sie in beiden Fällen vorübergehend von den Herrschern begehrt. Als sich dann herausstellte, dass sie nicht nur Schwester, sondern auch Ehefrau war, erhielt Abraham von beiden Königen, dem ägyptischen Pharao und dem König von Gerar, Abimelech, jeweils großen Reichtum als Abfindung oder Wiedergutmachung.
Genau genommen erwarb Abraham seinen Reichtum durch Zuhälterei. In der Zeit, als seine Frau Sara nicht schwanger werden konnte, beschlief er deren Magd Hagar und zeugte mit ihr Ismael, der im Koran als Prophet und Stammvater der Araber geehrt wird. Später hätte er Saras Sohn Isaak ohne Skrupel auf vermeintlich göttliches Geheiß wie ein Tier geschlachtet und geopfert.
Abrahams Neffe Lot schwängerte seine beiden Töchter.
Über Isaak ist wenig gesagt. Er beerbte Abraham und vermehrte den Reichtum, in dem er in einem Jahr das Hundertfache einer normalen Ernte einfuhr. Wie er das bewerkstelligt hat, ist nicht genannt. Dass dies mit rechten Dingen ablief, ist zweifelhaft. Zumindest sorgte das für Zerwürfnis mit den Philistern, die ihn des Landes verwiesen.
Isaaks Zwillingssöhne sind Jakob und Esau. Schon früh bringt Jakob seinen Zwillingsbruder Esau für eine Linsensuppe um das Erstgeborenenrecht. Angeregt durch seine durchtriebene Mutter, täuscht er seinen kranken Vater mit einer Verkleidungslist, um den Segen zu erhalten. Später zieht er zu seinem Onkel Laban. Dort muss er wegen einer Hinterlist Labans dessen zwei Töchter Lea und Rahel heiraten, die seine Cousinen sind. Mit ihnen und deren Mägde zeugt er die Söhne, die später die Stammväter der Israeliten werden. Als Jakob nach Kanaan zurückkehren will, versucht Laban ihm den versprochenen Lohn zu verweigern, wird aber selbst von Jakob überlistet, der sich dabei der riesigen Herde Labans bemächtigt. Rahel stiehlt ihrem Vater Götzenfiguren und belügt ihn, als sie auf der Flucht gestellt wird. Jakob belügt Esau, nachdem sie sich versöhnt haben. Statt wie versprochen zu Esaus Anwesen nachzukommen, flüchtet er nach Kanaan. Jakobs Söhne Simeon und Levi schlachten alle Männer der Stadt Sichem, nachdem sie ihnen vorgegaukelt haben, sie könnten ihre Völker mischen, wenn diese sich beschneiden ließen. Die Männer Sichems waren noch verletzungsgeschwächt als Simeon und Levi die gesamte Stadt plündern und alle Frauen und Kinder unterjochen.
Kann diese Familie ein Vorbild sein? Bei näherem Hinsehen sind die hochverehrten Erzväter der Israeliten und deren Familien kriminelle Clans. Warum verspricht Gott dieser Sippschaft mit ihrer verkommenen Moral die große Zukunft ihrer Nachkommen? Die Antwort lautet: Weil die aus heutiger Sicht verwerflichen Handlungen damals als völlig normal angesehen wurden.
Hier zeigt sich eines von vielen Beispielen, wie der biblische Bericht durch auszugsweise Vermittlung durch die Priesterschaft und Kirche in ein zweckgerichtetes Licht gerückt wird. Die oben genannten biblischen Fakten sind bei Christen bestenfalls teilweise bekannt, und werden wegen der geschickten Art der Darstellung in Kirche und Religionsunterricht nicht als sündhaft eingestuft.
Wenn der Gott der Israeliten diese Männer ausgesucht hat, offenbart er damit seine eigenen Moralvorstellungen, die mit unseren heutigen nicht annähernd im Einklang stehen können.
Vielweiberei war damals normal, legal und biologisch wichtig. Dass Jakob seine Söhne mit mehreren Frauen zeugte, eliminiert halbwegs den Generalverdacht einer ausgewachsenen Inzucht, denn es durfte nur innerhalb des Volkes geheiratet werden. Im AT steht der Begriff Volk auch gelegentlich für Großfamilie. Die Mägde wurden nicht geheiratet, sie waren von der Stammeszugehörigkeitsregelung nicht betroffen. Wenigstens sie brachten gelegentlich frische Gene.