Читать книгу Skyle - Esther Bertram - Страница 12
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ОглавлениеMit ausdrucksloser Miene saß Hawk auf einem der Sitzpolster im Senatssaal und lauschte den Debatten. Sein Blick glitt durch die Arkadenbögen nach draußen, über das Häusermeer von Estate Phoenix. Die dunklen Augen der Fensteröffnungen spähten im Sonnenlicht misstrauisch aus den weiß getünchten Wänden unter den hellen Lehmdächern. Alle Gebäude waren zwei Stockwerke hoch, lediglich der grauweiße Feuerturm durchbrach das gleichförmige Bild. Hinter den letzten Gebäuden begann das schmutzige Gelbbraun der Staubwüste, die sich bis zum Horizont erstreckte, wo sie mit dem flirrend hellen Himmel verschmolz.
Hawk ließ seine Augen kurz in der Ferne ruhen, dann unterdrückte er ein Seufzen und lenkte seine Aufmerksamkeit in den Senatssaal zurück. Seit Stunden diskutierte der Sommerrat über Nichtigkeiten. Kaum zu glauben, in wie viele Worte so wenig Inhalt gekleidet werden konnte. Die zwölf Senatsmitglieder, allesamt Frauen, saßen auf dicken Sitzpolstern im Kreis um einen niedrigen Tisch, umgeben von der üppigen Pracht des Palastes. Hawk hatte es vor langer Zeit aufgegeben, an die Verschwendung innerhalb der Palastmauern, ja, in ganz Estate Phoenix einen Gedanken zu vergeuden. Er sorgte dafür, dass das Militärbudget nicht zu stark gekürzt wurde und an den richtigen Stellen ankam. Alles andere kümmerte ihn wenig.
Senatorin Siham, eine strenge, verbitterte Frau, war seit einigen Jahren im Rat für das Militär verantwortlich. Sie scherte sich nicht um Finanzen, ein Umstand, der Hawk in der Vergangenheit bereits einige Male zugutegekommen war. So konnte er die Gelder verteilen, wie es am besten in seine Pläne passte. Deshalb legte er keinen Wert darauf, dies an die große Glocke zu hängen. Es war am sichersten, wenn die Senatorinnen weiterhin den Eindruck hatten, dass sie in allen Bereichen die ungeteilte Macht besaßen. Selbstzufrieden und abgeschirmt saßen sie in ihrem Palast und spannen fruchtlose Intrigen gegen die Frühlingskönigin. Solange ihre größte Sorge war, der Herrscherin gleichzeitig den Hof zu machen, um sie nicht zu verärgern, hatte Hawk alle Freiheiten, die er brauchte.
Das Läuten der Stundenglocke erlöste ihn von seiner Langeweile.
Er beugte sich zu Siham hinüber. »Senatorin«, sagte er leise.
Siham nickte unwirsch. »Geh, ich komme später nach.«
Hawk zwang sich, keine Miene zu verziehen. Bevor Siham ihn zur Auswahl der Rekruten begleitete, würden sich die Menschen mit den Rjtak verbrüdern und ein Fest der Liebe feiern.
»Ihr habt den Bericht bis morgen«, murmelte er, ehe er sich erhob und sich verbeugte. »Wenn Ihr mich entschuldigt, werte Senatorinnen, ich empfehle mich.«
»Aber Hawk!« Senatorin Danas Gesicht verriet kaum verhohlenen Neid darüber, dass Hawk dem Senatssaal entfliehen konnte, und echte Verzweiflung. »Du kannst uns doch nicht an diesem entscheidenden Punkt verlassen!« Die übrigen Senatorinnen hatten die Debatte weitergeführt und seine Verabschiedung nur mit einem Kopfnicken zur Kenntnis genommen.
Hawk verbeugte sich erneut. »Es betrübt mich zutiefst, dass ich Euch verlassen muss, Senatorin Dana, aber ich darf meine anderen Verpflichtungen nicht vernachlässigen.« Mit einem letzten Nicken in die Runde verließ er den Saal, erleichtert, dem Geschwafel endlich zu entkommen.
»Sayed Hawk«, sprach ihn eine dünne Stimme von der Seite an. Ein Sklavenjunge reichte ihm den weißen hochgeschlossenen Militärmantel. Hawk schlüpfte hinein und knöpfte ihn zu. Dabei strich er über die eingestickten Doppelsonnen am Kragenaufschlag, das Wappen des Sommerrats. Dann nahm er dem geduldig wartenden Jungen auch seinen weißen Langbogen ab. Er nickte ihm zum Dank zu, bevor er zu seinem Rekrutierungsoffizier aufschloss, der einige Meter den Flur hinunter auf ihn wartete. Auf dem Weg zog er seine schwarze, verspiegelte Sonnenbrille aus der Manteltasche und ließ seinen kobaltblauen Augen dahinter verschwinden.
»Wie viele?«, fragte er und ließ sich die Rekrutenliste reichen.
»Vierunddreißig, Sir.«
Hawk überflog die Liste, auf der Namen, Alter und Herkunft der neuen Rekruten standen, ehe er sie zurückreichte. Er hatte das alte, fehlerbehaftete Bewertungssystem abgeschafft. Stattdessen wohnte er als oberster Befehlshaber der Truppen alle zwei Monate dem Auswahlverfahren in Phoenix bei. Es war eine willkommene Abwechslung.
Sie traten hinaus ins gleißende Licht der Zwillingssonnen. Hawks Hand glitt unbewusst zu dem Rjtak-Talwar an seinem Gürtel. Manchmal ließ er sich auf einen Trainingskampf mit seinen Soldaten ein. Nach den endlosen Debatten des Rates hoffte er beinahe, dass ihn heute jemand um einen Kampf bat.
Auf dem Trainingsplatz hinter den Baracken angekommen, sah er, dass die Rekruten bereits in Paare eingeteilt und mit Holzwaffen ausgestattet worden waren. Als er an ihnen vorbeiging, verstummten ihre Gespräche und machten respektvoller Stille Platz. Mit verschränkten Armen stellte er sich zu seinen Ausbildern unter das Sonnensegel. Ein Windstoß fuhr ihm durchs schwarze Haar und brachte den Geruch nach Wüste und Hitze mit sich und die tausend Düfte des Bazaars.
Hawk nickte seinem Rekrutierungsoffizier zu. »Beginnt.«