Читать книгу Skyle - Esther Bertram - Страница 9
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ОглавлениеRaven öffnete die Eingangstür der Spelunke und trat in einem Schwall aus stickiger Luft, Grölen und Gelächter auf die Gasse hinaus. Er mochte Orte wie diesen. Sie waren jederzeit laut und voll, und mit der richtigen Anzahl Münzen bekam man nicht nur ein Glas Hochprozentigen, sondern auch Informationen. Er wusste jetzt sicher, dass sich seine Beute in der Stadt aufhielt und heute Abend eine Verabredung in genau dieser Kneipe hatte. Nun musste er nur noch warten.
An der nächsten Hausecke blieb er stehen und zündete sich eine Zigarette an. Von hier aus hatte er die Tür und die Einmündung zur Gasse gut im Blick. Das Gebäude besaß keinen Hinterausgang, wie er zu seiner Zufriedenheit festgestellt hatte. Der Wirt hatte in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit Zechprellern gemacht und deswegen die Tür zum Innenhof fest verrammelt.
Raven rauchte fertig und schnippte den glimmenden Stummel seiner Zigarette in die stinkende Brühe, die in Pfützen auf der Gasse stand. Beim Gähnen entblößte er sein mächtiges Raubtiergebiss. Sein Blick glitt an den Häuserwänden nach oben. Wolkenfetzen jagten über den Himmel und verdeckten den Mond. Die aufziehende Nacht vertrieb die letzten Reste der spätsommerlichen Wärme aus den Straßen von Song Thrush.
Genervt schaute Raven sich um. Er hasste es, zu warten. Er hatte ein Black Board aufgesucht, bevor er hierhergekommen war. Seit dem Morgen hingen die neuen Steckbriefe aus, aber im Grunde war sein Besuch vergeudete Zeit gewesen. Die aktuellen Kopfgeldprämien waren so niedrig, dass sich nur bei zweien oder dreien das Jagen lohnte. Er hatte die Steckbriefe mit seinem Siegel versehen und damit Anspruch auf sie erhoben, weil er wusste, wo sich die Gesuchten befanden. Morgen würde er ihnen einen Besuch abstatten.
Eine Gruppe dunkel gewandeter Gestalten erschien an der Einmündung der Gasse. Sie bewegten sich vorsichtig auf den Kneipeneingang zu und sprachen mit gedämpften Stimmen. Auffällig, viel zu auffällig. Selbst ihre Waffen hielten sie versteckt, was sie viel verdächtiger erschienen ließ, als wenn sie sie offen getragen hätten.
Ravens Hände wanderten zu den Griffen der Loumepistolen an seinem Gürtel. Verdammte Amateure. Er trat zwei Schritte vor und bleckte seine Reißzähne.
Zwei der Gestalten erstarrten bei seinem Anblick. Die anderen drei blieben irritiert stehen, bis sie ihn ebenfalls entdeckt hatten.
Raven schlenderte auf die Gruppe zu. Die Headhunter wichen einige Schritte zurück.
»Ihr jagt in meinem Revier«, stellte er fest und wog die Loumepistolen in seinen Händen.
Der Mann, der ihm am nächsten war, schluckte hörbar. Sein Blick wanderte von den Pistolen über Ravens eisblaues Haar zu seinen blutroten Augen.
»Du … du bist Raven, nicht wahr?«
»Richtig.«
Wieder schluckte der Mann. Der stechende Geruch seiner Angst schlug Raven selbst über den Gestank der Gosse hinweg entgegen.
»Wir wussten nicht, dass du hier jagst. Wir … Song Thrush gehört zu unserem Gebiet, deshalb …« Der Mann brach ab.
»Heute Nacht gehört Song Thrush mir«, entgegnete Raven kalt.
Der Mann nickte heftig. »Natürlich! Wir werden dir nicht in die Quere kommen«, beteuerte er.
Raven hob demonstrativ eine seiner geliebten Loumepistolen hoch. »Das ist eine weise Entscheidung.«
Aus der Querstraße erklang ein gedämpfter Fluch, gleich darauf die Geräusche von Stiefeln, die auf die Pflastersteine hämmerten. Das Warten hatte ein Ende. Raven schritt an den fünf Männern vorbei, die weiter vor ihm zurückwichen. Der Mond schien für einen Moment zwischen den Wolken hervor. Sein Licht glänzte auf Ravens Haar, verfing sich in seinen klimpernden Ohrringen und verwandelte sein Gesicht in eine reißzahnbewehrte Fratze. Die Jagd hatte begonnen.