Читать книгу Skyle - Esther Bertram - Страница 8

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Kanonenschüsse hallten von den zerklüfteten Steilwänden der Himmelsinsel wider. Schwarze Rauchschwaden fingen sich in den halb entlaubten Ästen der Bäume, die sich unterhalb des Klippenrands an den schroffen Fels klammerten. Kurz vor der Küste schossen zwanzig oder dreißig wendige Gleiter zwischen den zwei gewaltigen Linienschiffen mit den hellgrünen Segeln hindurch.

Astral saß mit überkreuzten Beinen auf einem Felsen in sicherem Abstand zu den Klippen und beobachtete das Geschehen auf dem Wolkenmeer. Die Piloten der Möwen waren geschickte Flieger. Sie mussten es sein, weil ihre Gegner die Kanonen der Königlichen Marine waren und ihr Leben von ihrer Reaktionsgeschwindigkeit abhing. Jede der Möwen war mit einem Piloten und einem Schützen besetzt, ausgestattet mit Gewehr und Enterhaken.

Astrals Hand ruhte zwischen den Geweihgabeln seines Lunars Yami, der den Kopf auf die gewaltigen mitternachtsblauen Pfoten gelegt hatte. Er hatte seine Augen auf die Möwengleiter gerichtet, seine runden Ohren zuckten aufmerksam und Astral sah seine Anspannung in den halb gefalteten ledernen Schwingen. Er summte leise, um ihn zu beruhigen, und fischte in der Tasche seiner Uniformjacke nach seinem kleinen Skizzenblock, ohne das Gefecht aus den Augen zu lassen. Die Zeichnungen würden ihm später helfen, sich an Details zu erinnern und seine Berichte zu strukturieren.

Was auf den ersten Blick wie ein ungleicher Kampf zugunsten der Kriegsschiffe aussah, war in Wahrheit gut kalkuliert. Denn so mächtig die neuen Linienschiffe der Marine sein mochten, sie waren nicht für die Eiswinde im Norden ausgelegt. Ihre Takelage war mit einer dünnen Eisschicht überzogen, die Ruderblätter durch die Feuchtigkeit festgefroren. So waren sie nichts als steuerlose Giganten, der Macht der Elemente hilflos ausgeliefert. Es kostete die Mannschaften alle Kraft, ihre Schiffe von den vereisten Ausläufern der Klippen fernzuhalten. Die Rebellen machten sich dies zunutze, indem sie systematisch die Deckmannschaft ins Visier nahmen. Sollten sie es schaffen, die Marineschiffe manövrierunfähig, wäre dieser Kampf gewonnen.

Astral war es egal, wer diese Schlacht gewann. Er mochte zwar vom Beraterstab der Frühlingskönigin als Berichterstatter hergeschickt worden sein, aber er war eine Blauschwalbe und als solche immer neutral. Er würde den geforderten Bericht abliefern und dann zusehen, dass er aus Jazli wegkam. Wenn er etwas in seiner bisherigen Laufbahn als Blauschwalbe gelernt hatte, dann dass man niemals zu lange an einem Ort ausharren sollte. Davon abgesehen konnte selbst er nur eine gewisse Anzahl an Aufträgen vom Frühlingshof ertragen.

Eine eisige Böe fuhr über ihn hinweg. Astral zog zitternd seinen Schal fester um sich und suchte mit klammen Fingern nach seinem Stift, um einige Skizzen vom Kampfgeschehen anzufertigen. Yami spürte sein Unbehagen und knurrte leise, ehe er sich enger an Astral presste. Er rieb ihm dankbar über die hellgrau gemusterte Schnauze, bevor er seine Aufmerksamkeit zurück auf die Marineschiffe und die Winterrebellen lenkte.

Ein Gleiter löste sich aus der Formation und tauchte unter dem Bug der Schiffe hinweg, ehe er auf der anderen Seite wieder hervorschoss und steil nach oben zog. Astral wusste aus eigener Erfahrung, dass die Fallwinde so kurz vor der Küste unberechenbar waren, doch die Möwenteams kannten das Terrain. Als eine Böe den Gleiter erfasste, reagierte der Pilot so schnell, dass er kaum von seinem Kurs abwich, doch der Wind riss ihm seine pelzbesetzte Kapuze vom Kopf. Ein schlohweißer Schopf kam zum Vorschein.

Astral kniff die Augen zusammen und hob sein Fernglas. War das … konnte es sein, dass …?

Ein Marinesoldat wies mit ausgestrecktem Arm auf die weißhaarige Gestalt. Einige seiner Kameraden ließen von ihren Positionen ab und richteten ihre Gewehrläufe auf die Möwe, fest entschlossen, sie vom Himmel zu holen.

Der Wind trug einen Ruf zu ihm herüber: »Schützt den Prinzen!« Sofort reagierte ein halbes Dutzend Möwen und positionierte sich zwischen dem Prinzen und den Marineschiffen. Zwei von ihnen wurden abgeschossen und stürzten in die weißen Tiefen des Wolkenmeeres, ehe eine andere Gruppe ihnen zu Hilfe kam. Doch das Feuer konzentrierte sich nun auf die Möwe des Prinzen.

Astral kaute auf dem Ende seines Stiftes herum. Er war es also wirklich, der Winterprinz. Was tat er hier? Eines war offensichtlich: Die Winterrebellen waren zu risikofreudig geworden. Nun zahlten sie den Preis für ihren Leichtmut.

Yamis Schnurrhaare zuckten nervös, als das Gewehrfeuer sich verstärkte. Der Lunar bleckte die langen Säbelzähne. Mit gerunzelter Stirn sah Astral dabei zu, wie eines der Marineschiffe langsam abdriftete. Seine Besatzung war so sehr auf die Rebellen fokussiert, dass sie es zu spät bemerkten. Vielleicht konnten sie auch nichts tun, ihr Ruder schien unverändert nutzlos. Von einer tückischen Strömung erfasst, stellte das Schiff sich vor dem Bug seines Schwesternschiffs beinahe quer. Grimmiger Jubel ertönte aus den Reihen der Rebellen, die ihre Möwengleiter zu immer riskanteren Manövern zwangen. Gewehrschüsse pfiffen als Antwort auf die donnernden Kanonen. Sie konnten einen kleinen Etappensieg erringen, ehe die Hauptflotte sie erreichte.

Astral schüttelte den Kopf und steckte den Stift unverrichteter Dinge wieder ein. Seine Finger waren einfach zu klamm. Er pustete in die behandschuhten Hände, um sie zu wärmen. Wieder einmal war er froh, nicht Partei ergreifen zu müssen. Er wusste, dass beide Seiten unbedingt gewinnen wollten. Wenn die Rebellen es schafften, diese beiden Kriegsschiffe hinab ins Wolkenmeer zu schicken, hätten sie die Atempause erkämpft, die sie so dringend benötigten. Doch auch die Marinesoldaten taten ihr Möglichstes, um ihre Schiffe wieder flottzumachen, während sie die Reihen der Rebellen stetig ausdünnten.

Erneut hob der Blauschwalbenflieger das Fernglas an die Augen. Wieder trudelte eine Möwe abwärts, diesmal von einer Kanonenkugel getroffen. Auf einem Schiffsdeck explodierte eine Handgranate, von einem Rebellen geworfen. Beide, Winterrebellen und Marine, waren fest entschlossen, dem Gegner keine Fingerbreite mehr Raum zu geben. Dieser Kampf würde von nun an noch härter werden.

Astrals Mundwinkel wanderten nach unten. So viele verlorene Leben.

Skyle

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