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Keine zehn Minuten waren seit seinem Telefonat mit Protnik vergangen, als Horst sich bereits in seinem Wagen befand und Kurs in Richtung Süden nahm. Diesmal, das wusste er genau, würde er diesen elenden Verbrecher am Kragen packen können! Jetzt hatte er den definitiven Beweis!

Claudia und seinen Chef würde er gleich nachher von unterwegs mit dem Handy darüber verständigen, was er vorhatte, aber nun galt es erst einmal, so schnell wie möglich an den Bodensee zu kommen, bevor die letzte Chance, die sie in diesem Fall erhalten hatten, wieder unter seinen Fingern zerrinnen würde! Mühsam ordnete er seine Gedanken, die in hektischer Folge durch sein Gehirn pul­sier­ten.

Der Brief war von Markus Wälder gewesen. Der hatte darin klipp und klar zugegeben, von den Umweltvergehen der »Bodenseekies« selbstverständlich gewusst zu haben. Auch die Tatsache, dass sich ein Polizeibeamter namens Thomas Grundler immer näher an die kriminellen Machenschaften der Firma herangetastet hatte, war dem Geschäftsführer und seinem Chef, dem Kiesbaron Dr. Hubert Hefter, nicht verborgen geblieben. Da selbst das engmaschige Geflecht aus Beziehungen, Spenden, Parteizugehörigkeit und gegenseitiger Abhängigkeit in diesem speziellen Fall nicht so einsetzbar war wie gewöhnlich, hatten sich Hefter und Wälder zu drastischen Methoden entschlossen. Sie waren zu dem Schluss gekommen: Thomas Grundler musste sterben! Wenn irgend möglich sollte die Sache anschließend so dargestellt werden, als habe sich der Polizist aus privaten Gründen das Leben genommen, was sich angesichts der Ehekrise, die ein von ihnen beauftragter Privatdetektiv natürlich schnell entdeckt hatte, sogar als recht plausibel entpuppt hatte. Und so war das Todesurteil für Thomas Grundler gesprochen worden!

Weder bei Wälder noch bei Hefter handelte es sich jedoch um Personen, die sich selbst die Finger beschmutzten. Nein, in diesem Fall ließ man andere für sich tätig werden. Für Hefter war es ein Leichtes gewesen, den von der »Bo­den­­see­kies« und ihren zahlreichen und kräftigen Spenden völlig abhängigen Besitzer der Konstanzer »De­vil Divers«-Tauchschule für das Todeskommando zu verpflichten. Ein, zwei leise Drohungen mit künftig ausbleibenden Schecks für die seit Jahren schon marode und vom Konkurs bedrohte Tauchschule hatten genügt, um Wolfgang Förster, den Inhaber der »Devil Divers«, zum Mörder zu machen. Doch der besaß sozusagen geradezu ideale Möglichkeiten, die Tat auszuführen. Es war für die mit einem Kompressor für Pressluftflaschen ausgerüstete Tauch­­schule keine schwierige Aufgabe, Thomas Grundlers Flasche zu manipulieren. Förster hatte sich in der Nacht Zugang zu Grundlers Garage verschafft, die dort gelagerte Pressluftflasche mitgenommen, die Luft abgelassen und sie mit Sauerstoff gefüllt, der in einer Tauchbasis von der Größe der »Devil Divers« als Notfallmedizin für von Dekounfällen betroffene Taucher immer vorhanden war. Horst schauderte es noch nachträglich beim Gedanken daran, dass er kurzzeitig erwogen hatte, auch seine Press­luft­flasche bei Thomas in der Garage abzustellen. Nicht auszudenken, welche Folgen dies gehabt haben könnte!

Keine zwei Stunden später war die nun mit Sauerstoff gefüllte Taucherflasche wieder in Thomas Grundlers Garage zurückgestellt worden. Und damit hatte das Verhängnis, dem Thomas nun praktisch chancenlos ausgeliefert war, seinen Lauf genommen …

Als Wälder und Hefter klar geworden war, dass der Mord an Thomas Grundler, den sie im offiziellen Polizeibericht als Selbstmord hatten hinstellen können, die Ermittlungen gegen die Firma dennoch nicht hatte stoppen können, drehten die beiden weiter an der Todesspirale! Das nächste Opfer hieß Alex Winter, den sie schon länger im Verdacht hatten, mit Thomas Grundler gemeinsame Sache zu machen. Als sie Winter von da an intensiver beobachten ließen und registrierten, dass er sich dann noch lange mit den beiden Polizisten auf dem Überlinger Kran­ken­haus­park­platz unterhalten hatte, da stand für sie fest, dass er offenbar weiter in Sachen Kiesgrube recherchierte. Das war sein Todesurteil gewesen.

Förster hatte den völlig ahnungslosen Winter seitdem verfolgt und ihn schließlich am Aussichtsturm mit einem gezielten Karatehieb bewusstlos geschlagen. Anschließend hatte er Winter im Turm an ein Seil gehängt und danach kräftig an seinen Füßen gezogen: Der ohnmächtige Journalist starb an dem Strick, ohne noch einmal das Be­wusst­sein wiedererlangt zu haben. Eindeutiger Fall von Selbstmord! So hatte ja bekanntlich die blitzschnelle Analyse der beiden von Anfang an darauf gepolten Kommissare gelautet!

Doch was hatten Protnik und Meyer in der Zwischenzeit herausgefunden? Das Risiko, sie am Leben zu lassen, erschien den beiden Drahtziehern der Affäre zu groß und so wurde nun anstelle von Förster, der allmählich durchzudrehen begann und sich standhaft weigerte, einen weiteren Mord zu begehen, der Fahrer des Müllwagens engagiert, dessen Gesicht Horst nie mehr vergessen würde.

Giuseppe Voltera hatte seinen Auftrag freilich nicht zur Zufriedenheit des Kiesbarons erledigt und so wurde er beauftragt, einen zweiten Anschlag auszuführen. Das freilich war bereits ohne Mitwirkung des Geschäftsführers geschehen, denn der befand sich mittlerweile auf der Flucht. Als die Polizei vor dem Verwaltungsgebäude der »Bo­den­see­kies« angerückt war, sei ihm plötzlich bewusst geworden, dass alle Akten, Schriftstücke und sämtliche anderen Beweise für Umweltstraftaten einzig und allein auf ihn, Markus Wälder, hindeuteten. Und das habe ihm der Kiesbaron auch höhnisch ins Gesicht geschleudert, verbunden mit der Drohung, ja nicht den Mund aufzumachen, falls ihm sein Leben lieb sei!

Darauf ergriff Wälder Hals über Kopf die Flucht. Offenbar aber hatte er in den Jahren zuvor schon für diese Eventualität vorgesorgt, denn sein Weg führte ihn über die Schweiz zu den dort aufbewahrten großen Geldbeträgen auf geheimen Nummernkonten weiter zu Helfershelfern nach England. »Dort«, so schrieb Wälder abschließend, »verliert sich meine Spur für Sie. Versuchen Sie nicht, mich zu finden, sie werden keine Chance haben. Dazu habe ich in den letzten Jahren schon viel zu viel Geld und Überlegung in eine mir immer drohende Flucht ins Ausland gesteckt. Wenn Sie sich fragen, weshalb ich Ihnen dies alles geschrieben habe, so kann ich Ihnen nur – ohne mich von eigener Schuld freisprechen zu wollen – sagen, dass Hefter einen Großteil der Verantwortung für all die hier geschilderten Vorgänge trägt. Nachdem er mir die Gesamtverantwortung zugeschoben und mir außerdem mit Mord gedroht hat, ist es nun an der Zeit zurückzuschlagen. Sie werden mich nie mehr wiedersehen!« Unterschrift: »Markus Wälder, unbekannt verzogen«.

Horst drückte auf die Hupe seines Wagens: Wann gab der Schleicher da vor ihm endlich die linke Spur der Autobahn frei? Fluchend betätigte er die Lichthupe. Hoffentlich war Protnik ebenfalls schon unterwegs. Sie würden sich auf jeden Fall zuallererst den Tauchlehrer schnappen und ihn ordentlich unter Druck setzen. Das war seiner Meinung nach ihre einzige Chance.

Na endlich! Der Kerl vor ihm wechselte auf die rechte Seite und Horst drückte das Gaspedal voll durch.

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