Читать книгу Stoizismus heute - Felix Amhoff - Страница 8
Physik
ОглавлениеDie Stoiker versuchten sich daran, den aristotelischen Dualismus von Idee und Materie monistisch umzubilden. So waren Stoff, Form, Körper und Geist für die Stoiker eine Einheit. Auch das Geistige (die Idee) ist für die Stoiker Materie. Die gesamte Welt bildet für sie eine große Einheit. Diese besteht aus einer kraftbegabten, stofflich-körperlichen Substanz. Die Physik bekommt einen materialistischen Charakter verliehen. Alles, was einen Körper aufweist, ist wirklich. Stoffliche Ursachen liegen einer Wirkung zugrunde. Alle Dinge, die sind, die Seele, Gott, Affekte und Tugenden sind körperlicher Natur. Selbst die Weisheit sowie die Wahrheit werden dazu gezählt. Das Leere, der Raum, die Zeit sowie die Bedeutungen von Aussagen sind unkörperlich. Immanente vernünftige wirksame Kräfte sind in jedem Stoff enthalten. Die Gottheit wird allerdings als die Urkraft bezeichnet. Ähnlich wie bei Heraklit gilt die Physik als Feuer, welches jegliche Dinge erzeugt, belebt und anschließend bewegt, sog. Urfeuer. Dieses Urfeuer, auch „logos spermatikos“ genannt, durchdringt die ganze Materie und gestaltet und formt diese als wirkendes Prinzip. Der Logos wiederum kann nur durch die Materie Gestalt annehmen.
„Diese Weltordnung, dieselbige für alle Wesen, hat kein Gott und kein Mensch geschaffen, sondern sie war immerdar und ist und wird sein ewig lebendiges Feuer, nach Maßen erglimmend und nach Maßen erlöschend.“ (aus Heraklit „Naturlehre, Feuer und Feuchtigkeit“).
Ein weiterer Begriff, der kennzeichnend für die Physik ist, ist das „Pneuma“. Darunter ist ein belebender Atem und Hauch zu verstehen, welcher alle Lebewesen stofflich-dynamisch durchströmt. Alles ist eins. Unter dem Urfeuer ist auch die Vernunftkraft zu verstehen und unter dem Pneuma auch das Logos. Eine Urkraft unter Einwirkung der Notwendigkeit ist die Ursache für alles Geschehen in der Welt. Darunter kann auch Schicksal oder Verhängnis, das Fatum (griechisch „heimarmene“), zu verstehen sein. Trotz des Fatums besteht nach der Lehre der Stoiker indes ein Freiheitsspielraum des Menschen zur Gestaltung der Lebensführung. Denn das, was beeinflussbar ist, kann und soll der Mensch auch beeinflussen. Die menschliche Seele bildet ein Abbild der Weltseele (Kosmopolitismus). Diese hat das göttliche Geschlecht und ist unsterblich. Nach dem Tod erhalten sich die Einzelseelen lediglich eine gewisse Zeit. Laut den Stoikern erhalten sich die schlechten und unwissenden Einzelseelen bloß eine sehr kurze Zeit nach dem Ableben. Die guten Seelen verharren an einem Ort der Seligen bis eine neue Geburt der Welt erfolgt. Dies geschieht nach einem großen Weltenbrand („Ekpyrosis“), nachdem die gesamte Welt in die Einheit des göttlichen Urfeuers zurückkehrt. Laut den Stoiker kehren die Entstehung der Welt, deren Verlauf sowie deren Untergang periodisch wieder. Das Gleiche kehrt immer wieder, weshalb ein Fortschritt ausgeschlossen ist („Aeternum“). Man kann diesen Vorgang vergleichen mit einem Phönix, der aus der Asche aufsteigt.