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4. Die religiöse Seite des Krieges
ОглавлениеWie die meisten Völker des Altertums hatten die Römer von den ältesten Zeiten an ihre eigenen religiösen Kriegsrituale. Die rituelle Erklärung des Krieges an andere Völker und die Gelübde, die Friedensverträge einzuhalten, waren die Aufgabe des Priesterkollegiums der Fetialen (fetiales), Priester des Jupiter. Das Kollegium umfasste 20 Mitglieder. Die Kriegserklärung folgte einer „Forderung auf Wiedergutmachung“ an das Feindvolk (rerum repetitio). Dies waren die bellicae ceremoniae (Kriegseröffnungzeremonien), die durch die Fetialen als formelle interne Kriegserklärung erhoben wurde. Dabei gingen die Priester als Kriegsherolde an die Grenze Roms, an das Stadttor oder auf den Markt und erklärten gegenüber dem ersten Einwohner der anderen Stadt, den sie antrafen, den Krieg. Wenn die römischen Forderungen zurückgewiesen, die Genugtuung verweigert oder die Schuldigen nicht ausgeliefert wurden, wiederholte man nach 30 (oder 33) Tagen die Kriegserklärung. Dabei wurde von den Fetialen in Gegenwart von drei erwachsenen Zeugen unter Ausspruch religiöser Formeln eine Lanze in das feindliche Gebiet geworfen.
Da sich Rom ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. über die Größe eines Stadtstaates hinaus ausdehnte, konnte man diese Zeremonie nicht mehr so durchführen, wie beim Krieg mit einer nahe gelegenen Stadt. Deshalb appellierte man an einen rechtlichen Kunstgriff und erklärte bei der columna bellica (der Säule der Kriegsgöttin vor dem Bellonatempel, in der Gegend des späteren Circus Flaminus) ein kleines Geländestück zum Feindesland. Die Lanze wurde dann in dieses abgegrenzte „Feindesland“ geschleudert.
Gegen das Ende der Republik verfiel dieses Ritual in Vergessenheit, wurde aber von Augustus wieder aufgegriffen. So erklärte er effektvoll damit den Krieg gegen Kleopatra und Marcus Antonius. Ab diesem Zeitpunkt waren die Principes stets Mitglieder im Kollegium der Fetialen. Im Fall von wichtigeren Kriegen bediente man sich gerne dieses Rituals. So eröffnete etwa noch im 2. Jahrhundert n.Chr. Kaiser Marcus Aurelius auf diese Weise den Markomannenkrieg.
Auch andere Rituale sollten sicherstellen, dass die kriegerische Unternehmen der Römer die Unterstützung der Götter hatten. Jeder Feldherr legte im Tempel des Jupiter auf dem Kapitol ein Gelübde ab, im Fall eines Sieges dem obersten Gott einen Teil der Beute zu übergeben. Das Expeditionsheer wurde rituell gereinigt (lustratio), sobald der Kommandeur sich ihm anschloss. Die Magistrate mit Kommandogewalt (imperium) holten vor jeder Schlacht die auspicia ein, Divinationsakte, die meistens in den Vogelzeichen erfolgten, um herauszufinden, ob die Götter dem Start in den betreffenden Krieg wohwollend sind. Das Ritual der evocatio beschwor die Götter des feindlichen Volkes, dem feindlichen Volk ihre Gunst zu entziehen und sich der „gerechten“ Seite der Römer anzuschließen.
Der Triumphzug nach einem siegreichen Krieg hatte ebenfalls rituelle Bestandteile, wie z.B. das Legen des Lorbeerkranzes, den der Feldherr als Sieger im Triumph auf dem Kopf trug, in den Schoss der Jupiterstatue auf dem Kapitol.
Durch alle diese Rituale wollten die Römer die Idee untermauern, dass sie jedesmal einen „gerechten Krieg“ (bellum iustum) führen. Dementsprechend waren die von ihnen geführten Kriege aus römischer Sicht keine unbegründete Übergriffe auf andere Völker, sondern Reaktionen auf zugefügtes Unrecht oder Hilfe für die zu Unrecht angegriffenen Verbündeten der Römer.