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2 Einführung und Grundlagen

2.1 Allgemeines zum Bestandsschutz

Der Bestandsschutz sichert Eigentümern zu, dass der Staat nachträglich grundsätzlich keine Anforderungen an bauliche Anlage stellen kann. Eine bauliche Anlage darf weiterhin so genutzt werden, wie es ursprünglich genehmigt wurde. Der Bestandsschutz soll bezwecken, dass bauliche Anlagen nicht ohne Weiteres aufgrund einer Gesetzesänderung verändert werden müssen. Allgemein wird der Bestandsschutz aus der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes (Art. 14) abgeleitet. Die vom Staat unbeeinträchtigte Erhaltung und Nutzung des Eigentums hat jedoch ihre Grenzen dort, wo Grundrechte Dritter betroffen sind. Außerdem bleibt dem Gesetzgeber nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz vorbehalten, Inhalte und Grenzen des Eigentums zu bestimmen.

Der Bestandsschutz hat folglich seine Grenzen im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. So gelten die Grundsätze des Bestandsschutzes beim Thema Brandschutz, als ein Teilgebiet des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, nur mit Einschränkungen. Im folgenden Artikel werden diese Grenzen bzw. Einschränkungen genauer erläutert.

Bauliche Anlagen sind so anzuordnen und zu errichten, dass der Entstehung eines Brands und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind (§ 14 MBO).

Dies wird im Regelfall durch Einhaltung der folgenden verbindlichen Regelwerke (des jeweiligen Bundeslands entsprechend, nicht vollständig) erreicht:

Landesbauordnung
ggf. die Ausführungsverordnung zur Landesbauordnung
Sonderbauverordnungen
weitere Verordnungen
zum Teil durch Verwaltungsvorschriften
technische Baubestimmungen
Runderlasse der obersten Baurechtsbehörde
Regeln der Technik

Bei der Einhaltung dieser Regelwerke ist dem Brandschutz nach geltendem Recht ausreichend Rechnung getragen.

Im Gegensatz zu den verbindlichen Rechtsvorschriften sind andere Papiere zum Brandschutz nicht bindend. Hierzu gehören z. B. Hinweispapiere, Mustervorschriften der Bauministerkonferenz oder fachliche Hinweise der Feuerwehr. Eine Berufung auf diese Regelwerke kann eine Nachrüstungsforderung allein nicht stützen.

Eine grundsätzliche Pflicht des Eigentümers, sein Gebäude in brandschutzrechtlicher Hinsicht immer auf dem neuesten Stand zu halten, gibt es nur dann nicht, insoweit das Arbeitsschutzrecht für Arbeitsstätten und deren Nutzung den „Stand der Technik“ i. S. v. § 10 Abs. 2 BetrsichV nicht für verbindlich erklärt (z. B. im Gefahrstoffrecht oder beim Betreiben von überwachungsbedürftigen Anlagen i. S. v. § 2 Nr. 30 ProdSG). Eine bauliche Anlage kann allenfalls nur dann bestandsgeschützt sein, wenn sie genehmigt und genehmigungskonform errichtet worden ist (formeller Bestandsschutz) oder wenn sie zum Zeitpunkt der Errichtung dem geltenden Recht entsprochen hat (materieller Bestandsschutz) und danach jeweils nicht rechtswidrig geändert worden ist. Die Nachweispflicht über das Vorliegen eines Bestandsschutzes liegt beim Eigentümer bzw. dem Bauherrn oder seinem Vertreter. Ist für Bau und Betrieb hingegen der Stand der Technik maßgeblich, so kann es mit Blick auf die mit dem Schutzziel der Arbeitsschutzgesetzgebung verbundenen menschenrechtlichen Anforderungen aus Art. 2 Abs. 2 GG keinen Bestandsschutz hierfür geben. Auch bauliche Anlagen müssen dann ggf. ertüchtigt werden, damit dieser Standard eingehalten werden kann.

Unter passivem Bestandsschutz versteht man die Erhaltung der rechtmäßig errichteten Anlage im Zustand der bei ihrer Errichtung geltenden Vorschriften, selbst wenn sich diese im Laufe der Zeit geändert haben. Renovierungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen sind zulässig, soweit sie einer funktionsgerechten Erhaltung des Objekts dienen und sich an der genehmigten Nutzungsart nichts geändert hat (aktiver Bestandsschutz).

Werden Belange der oben genannten verbindlichen Vorschriften verletzt, so kann dies den Bestandsschutz unter bestimmten Umständen beeinträchtigen. Im Folgenden wird aufgeführt, wann und wie der Bestandsschutz aufgrund des Brandschutzes durchbrochen wird.

Geltungsbereich des Bestandsschutzes

Steht eine bauliche Anlage unter Bestandsschutz, so betrifft dies grundsätzlich nur die baulichen Bestandteile. Der Bestandsschutz gilt z. B. nicht für Lagerbestimmungen von Gefahrstoffen. Dies kann beispielsweise das gemeinsame Lagern von Gefahrstoffen oder maximal zulässige Lagermengen betreffen. Ändern sich diesbezüglich entsprechende Vorschriften oder Gesetze, so sind diese auch in Bestandsgebäuden anzuwenden.

Ebenfalls nicht bestandsgeschützt sind die zur baulichen Anlage gehörenden Planunterlagen, wie z. B. der Feuerwehrplan oder Flucht- und Rettungspläne. Vielmehr gibt es für derartige Planunterlagen Fristen, in welchen diese zu überprüfen und ggf. anzupassen sind.

Auch technische Anlagen, wie z. B. eine Brandmelde- oder Sprinkleranlage, unterliegen nur bedingt dem Bestandsschutz, denn diese müssen je nach Angabe des Herstellers gewartet und ggf. bei sicherheitstechnisch relevanten Neuerungen angepasst werden. Eine Neuauslegung, z. B. hinsichtlich des Überwachungsumfangs, der Überwachung einzelner Räume oder anderer vergleichbarer Parameter einer Anlage, muss jedoch nicht vorgenommen werden.

Steht eine bauliche Anlage unter Bestandsschutz, so betrifft dieser also keinesfalls alle Bestandteile der baulichen Anlage.

Handbuch Brandschutzbegehungen

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