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Erwachsenwerden

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Das Wort „Initiation“ kommt uns heute so weit weg, mythisch und mystisch vor, weil wir diese Art des Lehrens und Lernens weit hinter uns gelassen haben. Wir beschränken die Wirklichkeit doch weitgehend auf die „raumzeitlich bestimmte Wirklichkeit“, wie Dürckheim sagt, der wir einen objektiven Gehalt beimessen. Heute muss ein Mensch nur gut auswendig lernen, um sich Fachwissen anzueignen und die entsprechenden Examen zu bestehen. Dann bekommt er einen Titel. Ob er wirklich „ein Händchen“ für die Sache hat, ob er einer Berufung folgt und Reife gewonnen hat, die ihn zu einem Meister machen, das interessiert gemeinhin nicht. Clinton Calahan sagt:

Ein initiatorischer Prozess ist der Aktivierungsprozess, der eine Person in die authentische Weisheit von Verantwortung und Konsequenz bringt … Die moderne Kultur erklärt, dass wir automatisch mit 18 oder 21 Jahren erwachsen sind. Doch das ist nicht der Fall. Unser Irrtum ergibt sich aus unserem mangelnden Verständnis darüber, was einen Erwachsenen ausmacht.4

Menschen generell mit 18 Jahren als „mündig“ zu bezeichnen, lässt einen vermuten, dass dahinter eine Art maschinelles und industrielles Denken steckt, welches Menschen gleichschaltet und nach Kriterien für „erwachsen“ erklärt, die gar nichts mit ihrem Menschsein zu tun haben können, denn dieses ist individuell.

Das Problem der Unklarheit, was Erwachsensein, Reife und Mündigkeit eigentlich bedeuten und wie wir sie definieren wollen, ist im Bereich der Spiritualität noch viel größer bzw. diffuser als auf der weltlichen Ebene. Um heute ein Pastor bzw. Gemeindeleiter zu sein, muss einer nicht einmal bekehrt, geschweige denn wiedergeboren sein. Er kann den „Job“ nach den Vorgaben der theologischen Fakultät studieren und dann nach den Anforderungen seiner jeweiligen kirchlichen Institution ausführen, die ihm aufgrund bestandener Prüfungen den Titel „Pastor“ o. Ä. verleiht. Was seine menschliche und geistliche Reife betrifft, so ist das „Privatsache“. Er muss nur nach Vorgabe funktionieren und alle sind zufrieden. Heute gibt es entsprechend immer weniger Berufe und immer mehr Jobs. Selbst Geistliche sehen ihre Arbeit inzwischen zusehend als „Job“ an, d. h. sie definieren ihre Arbeit funktional.

Ursprünglich geht es in der Religion um die „Rückverbindung zum Heiligen, Transzendenten und Absoluten“ (Wikipedia). Ohne eine solche Verbindung, also ohne eine spirituelle Anbindung, ist Religion nur ein frommes Regelwerk, eine Ideologie oder Tradition. Was damit gemacht werden kann, ist uns aus der Religionsgeschichte hinreichend bekannt. Predigt ein nicht initiierter Mensch – also einer, der „das Heilige“ nicht selbst gesehen und erfahren hat, den Weg der Hingabe daran (der Heiligung) nicht gegangen ist und die Hand des Herrn nicht berufend und bestimmend auf sich gespürt hat – über eine Bibelstelle wie Offenbarung 1,4-6 im Gottesdienst, dann ist das hohl und schal. Theologisch gesehen vielleicht korrekt, aber langweilig und nichtssagend, obwohl es dabei um die größten und heiligsten Dinge geht.

Meiner Meinung nach müsste man ganze Bibelschulklassen und nachträglich so manchen christlichen Leiter in die Wüste, auf eine einsame Insel oder in die Berge schicken. Vierzig Tage lang Einsamkeit und Schweigen, Fasten und Gebet würden ihre Wirkung sicherlich nicht verfehlen! Immerhin hat der geistliche Dienst auf diese Weise bei Jesus begonnen! Der Geist trieb ihn für 40 Tage in die Wüste und er kam verwandelt zurück (vgl. Lukas 4). Dies sind die Orte, an denen klassischerweise Initiation geschieht, Gemeindesaal und Kanzel sind dafür ungeeignet. Leider kommt so etwas in der pastoralen Ausbildung von heute nicht vor, wie so vieles Wesentliche.

In den archaischen Gesellschaften zogen sich die Initiationsriten, deren Ziel es war, Jungen zu Männern zu machen, oft über viele Monate hin. Die Initianden zogen aus ihrem Dorf hinaus in die Wildnis und die Absonderung, in der sie in die „Heilige Geschichte“ eingeweiht wurden, die ihre Kultur und Welt begründete, der entsprechend zu leben sie von den Ältesten gerufen und verpflichtet wurden.

Initiation

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