Читать книгу Hilfe, ich bin nicht prominent! - Frank Oder - Страница 12
ОглавлениеDer österreichische Wohnungsnehmer sagt zu der Person, die ihm an jedem Tag die Hausordnung aufs Neue erklärt, Hausmeister. Meine lieben Freunde aus Deutschland und hier bevorzugt die Mieter aus den neuen Bundesländern, nennen diesen Herrn, es kann aber durchaus auch eine Frau sein, Blockwart. So weit so gut, es sei ihnen gegönnt, nur es bringt keinen wesentlichen Unterschied in die Beschreibung dieses Berufstandes. Ich persönlich bevorzuge drei verschiedene Bezeichnungen für solche Personen und zwar …
Hausmeister, Blockwart, Kerkermeister
Wer in der heutigen Zeit keinen Chef hat, der ihn schikaniert, zur Zeit auch keine Frau, die das dominante Weibchen heraushängen lässt, sein Eigen nennt, der kann jetzt seine masochistischen Neigungen nur noch in einer Mietwohnung mit integriertem Kerkermeister, im Volksmund etwas verschönert Hausmeister oder eben auch Blockwart genannt, ausleben.
Überall auf der Welt, wo die NSA einen Funkschatten vermutet, hat sie ihre zweite Geheimwaffe, den Hausmeister, installiert.
Wichtigste Aufgabe des Hausmeisters ist es, als verlängerter Arm des Hausbesitzers auszuspionieren, wer was, wann und warum in die Mülltonne wirft. Am späten Abend, nachdem er notiert hat, ob das hübsche Fräulein Uschi ihre Gurkenscheiben für die Gesichtsmaske in die Biotonne oder in die Gelbe Tonnen entsorgt hat, lässt er die Roten Schnecken rund um die Biotonne noch wie ein General „habt acht“ stehen und ausrichten, bevor er seinen ersten Spionageeinsatz beendet. Danach schreibt er alle Nichthausbewohner, die vor „seinem Block“ parken auf. Anschließend lauscht er ausgiebig an den verschiedenen Wohnungstüren, um herauszufinden, ob sich seine Mieter den „Musikantenstadel“, den „Trödeltrupp“ oder gar die Sendung „Französisch für Anfänger“ auf Super RTL im Fernsehen hineinziehen. Das notiert er sich dann alles penibel und verwahrt es in seinem Stahltresor auf, um es bei passender Gelegenheit gegen seine renitenten Mieter oder auch die Anrainer zu verwenden. Er verrichtet also im Dienste seiner Eigenschaft als Kerkermeister von oft über 100 Zellen, vom Hauseigentümer großzügig auch Wohnungen genannt, eine sehr verantwortungsirrelevante Aufgabe.
Ein Detektiv mit beschränktem Wirkungskreis eben, was allerdings seinem genauso stark eingeengten Auffassungsvermögen doch wieder sehr entgegen kommt. Zusätzlich recherchiert er, auf welch perfide Weise man ein altes Ehepaar aus der viel zu billigen Wohnung hinaus ekeln könnte, um diese dann an eine junge Familie mit unverschämt erhöhter Miete wieder weiterzuvermieten. Dazu benutzt er allerhand raffinierte Methoden. Er schickt zum Beispiel seine Frau mit einem selbstgebackenen Kuchen zu jenem Paar auf Besuch. Wenn sie das ohne Krankenhausaufenthalt überstehen, setzt er für ein paar Tage den Lift außer Betrieb und bohnert zweimal am Tag das Treppenhaus. Sollte auch das nicht zum gewünschten Erfolg führen, vergiftet er die Katze und entführt den Hund. Danach verteilt er im Namen der Organisation „Schach dem Herztod“ Flugzettel mit blau angelaufenen, atemlosen Seniorengesichtern und schreibt den alten Leutchen zwingend die Teilnahme am 30-minütigen Frühsport vor. Wenn auch diese Maßnahmen nicht den gewünschten Effekt zeigen, hängt er ein Bild seiner Schwiegermutter im Stiegenhaus auf und beleuchtet es bei Nacht. Der zusätzlich angebrachte Bewegungssensor lässt dann das Bild beim Vorbeigehen mit den Wimpern klimpern und Lieder von Heino singen, die noch hässlicher klingen als das Bild an der Wand auf die Passanten herabschaut. Sogar der Hausmeister selbst traut sich ab jetzt bei Nacht nicht mehr ins Stiegenhaus. Er resigniert, ruft seinen Hausherrn und Arbeitgeber an und bietet ihm seine Hausmeisterwohnung für die neuen Mieter an. Anschließend verleiht er seine Frau samt Hund an die Wach- und Schließgesellschaft und fährt auf die Malediven auf Erholungsurlaub.
Leider geht nicht jedes Mal die Geschichte letzten Endes so angenehm für die Mieter aus. Manchen wurden schon das Wasser, das Gas und der Strom abgedreht.
In Wien hat man, und das ist jetzt kein Scherz, aus Deutschland importierte Punks in so ein Haus einquartiert, um die Mieter hinaus zu ekeln. Der Schuss ging leider nach hinten los. Diese verbrüderten sich mit den Hausbewohnern. Es waren, sage und schreibe 1.700 Polizisten einer Spezialeinheit nötig, um diese 40 Berufschaoten nach zwei Jahren massiven Widerstand wieder los zu werden.
Das war jetzt die schlechte Seite des Hausmeisters oder in diesem Fall besser treffender als Scherge oder Kerkermeister bezeichnet. Jetzt zum guten Nebeneffekt: Wer sich halbwegs gut mit der Hausmeistersgattin stellt, hat einige Vorteile. Er spart sich das Abonnieren der Kronenzeitung oder für meine deutschen Freunde, das der Bild Zeitung. Er braucht auch nicht mehr „Österreich Heute“ oder „Hessen in 15 Minuten“ schauen, da gibt es nichts, was er nicht schon längst vom Hausmeisterweibchen erfahren hätte. Er ist sozusagen auch im Stiegenhaus online. Und nicht nur von der großen weiten Welt erfährt er alles. Nein, auch von der hübschen alleinstehenden Nachbarin (Sie wissen es schon, die Uschi) und den vielen jungen Männern, die regelmäßig zu ihr auf Besuch kommen. Die natürliche, angeborene Neugier der Weiblichkeit bekommt in ihrer Funktion als Hausmeisterin sozusagen eine Abhörlizenz. Wenn aber die Informationen über das Sexualleben dieser hübschen Mieterin auf einmal schlagartig verstummen, dann hat mit Sicherheit Frau Hausmeisterin, Herrn Hausmeister in flagranti mit ihr erwischt. Wir sehen, Hausmeisterinnen bringen nicht nur bei Senioren, die in den Gulag abgeschoben werden sollen, einen Kuchen vorbei. Das hat aber weniger mit Nächstenliebe als mit verdeckter Ermittlung zu tun. Vielleicht wollen sie auch nur ein paar neue Tipps zur Wiederbelebung ihres in die Garage gefahrenen Sexuallebens abkupfern. Doch was lernen wir daraus: Hausmeister wiederum kümmern sich bei hübschen Wohnungsnehmerinnen am liebsten um Dinge wie einen tropfenden Hahn, ihren eigenen Pipihahn nicht ausgenommen.
Mein Freund Herbert ist auch schon einmal das Opfer eines solchen Hauscasanovas geworden. Er hat ihm vertrauensselig wie er ist erzählt, er habe beim Fräulein Uschi die Steckdose repariert. Irgendwie muss der eifersüchtige Hausmeister das in den falschen Hals bekommen haben. Dem armen Herbert hat seine uneigennützige Tat leider kein bisschen Dank, aber ein stattliches blaues Auge eingebracht.
Wir notieren:
Wer sich keine eigene Straßenkreuzung leisten kann, um sich auf dieser als Verkehrsdirigent wichtig zu machen, als Folterknecht keine Stelle findet, aber im Schleimen und Kriechen schon immer ein Ass war, der braucht nur noch eine Hausmeisterwohnung und einen grauen Arbeitsmantel, um glücklich zu werden.