Читать книгу Drei Romane um Liebe und Geheimnis im August 2021: Mystic Thriller Großband 3 Romane 8/2021 - Frank Rehfeld - Страница 10

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Jeni Nezakanow rannte keuchend den Tierpfad entlang, der sich verträumt durch den dichten Tannenwald schlängelte.

Gehetzt schaute Jeni über ihre Schulter zurück und schrie ängstlich auf, als sie im Dunkel zwischen den Tannen den huschenden Schatten bemerkte, der ihr folgte.

Das Gelände stieg steil an, Felsbrocken ragten hier und da aus dem weichen Waldboden. Jeni strauchelte über eine Baumwurzel. Doch sie konnte den Fall noch rechtzeitig abfangen, indem sie sich an einem rauen Baumstamm abstützte.

»Lass mich in Ruhe, Vladislaw!«, rief sie verzweifelt und blickte sich gehetzt nach ihrem Verfolger um. »Ich werde es allen im Dorf erzählen, wenn du mir etwas antust!«

Vladislaw war stehen geblieben. Offenbar wollte er die Jagd noch etwas in die Länge ziehen. Ein gehässiges, böses Lächeln umspielte die Lippen des grobschlächtigen Bauernburschen.

»Es wird dir sowieso niemand glauben, Jeni«, sagte er schadenfroh. »Niemand in Rila nimmt deine Worte ernst, seit du allein von den seltsamen Stimmen erzählt hast, die du in diesem Wald zu hören glaubst.«

»Du bist ein gemeiner Schuft!«, rief Jeni verzagt. »Ich dachte, du würdest dich wirklich für diese schrecklichen Stimmen interessieren, als du mich fragtest, ob ich dich in den Wald führen und dir diese Stimme vorführen will.«

Vladislaw lachte gehässig. »Du bist wirklich ein naives, dummes Ding, Jeni! Dein Pech, dass du obendrein auch noch so verführerisch aussiehst. Du musst doch bemerkt haben, wie lüstern dich manche Jungs anstarren.«

Er trat drohend einen Schritt auf Jeni zu, die sich daraufhin von dem Baum abstieß und ängstlich einen Schritt zurückwich. Ihr dunkles langes Haar hing ihr in Strähnen über das Gesicht. Ihr derbes, einfaches Kleid war verschwitzt und klebte unangenehm auf ihrer Haut.

»Natürlich sind mir die lüsternen Blicke der Männer nicht entgangen«, schnappte sie, in der Hoffnung, Vladislaw durch dieses Gespräch irgendwie wieder zur Vernunft zu bringen. »Aber ich mache mir nichts aus diesen Kerlen.«

»Du bist dir wohl zu fein für unsereins?«, sagte Vladislaw zornig. »Du hältst dich für etwas Besseres, weil deine Familie früher einmal adlig gewesen war.«

Er stieß ein gehässiges Lachen aus. »Doch jetzt ist deine Familie ein genauso armer Haufen wie all die anderen Bauern und Handwerker in unserem Dorf!«

Er trat einen Schritt vor. »Also zier dich nicht länger, Jeni! Ich werde dir beweisen, dass du mit mir genauso deinen Spaß haben kannst, wie mit dem Traumprinzen, von dem du hoffst, dass er sich bald aus deinem Elend erlösen wird!«

Jeni spürte, wie sie errötete. Dass Vladislaw ihre geheimsten Sehnsüchte und Tagträume erraten hatte, war für sie fast noch unerträglicher als das Wissen, dass er sich von ihr mit Gewalt das nehmen wollte, was sie niemals bereit war, ihm oder einem der anderen Burschen des Dorfes freiwillig zu geben.

Vladislaw schien von dem Spiel nun genug zu haben. Er sprintete los und stürzte auf Jeni zu.

Mit einem schrillen Schrei brach Jeni zur Seite aus. Dabei bog sie einen dicken Ast und ließ ihn los, als Vladislaw sie fast erreicht hatte.

Der Zweig schnellte zurück und traf Vladislaws linke Gesichtshälfte.

Der junge Mann schrie überrascht auf und presste die Hand auf seine schmerzenden Wangenknochen.

»Das wirst du mir büßen!«, schrie er der flüchtenden Jeni zornig hinterher.

Dann nahm er die Jagd wieder auf.

Als wäre der Teufel hinter ihr her, rannte Jeni den Abhang hinab. Dabei schlängelte sie sich geschickt an den Bäumen vorbei und duckte sich geschwind, wenn ihr ein tiefhängender Ast in die Quere kam.

Diesen Teil des Waldes kannte Jeni besonders gut, denn hier war es gewesen, wo sie die geisterhaften Stimmen vor einigen Monaten das erste Mal gehört hatte.

Sogar jetzt, im Dämmerlicht des beginnenden Abends, vermochte sie sich mit schlafwandlerischer Sicherheit in dem Waldabschnitt zu bewegen. Immer wieder war sie im Abenddämmern hierhergekommen, um den rätselhaften Stimmen zu lauschen. Denn obwohl Jeni sich vor diesen Geisterstimmen fürchtete, so konnte sie dem Drang doch nicht widerstehen, sie sich immer und immer wieder anzuhören.

Der kleine Vorsprung, den Jeni sich mit List und Geschicklichkeit erarbeitet hatte, machte Vladislaw unterdessen durch rohe Gewalt wieder wett. Wie ein wild gewordener Bär brach er sich mit Brachialgewalt einen Weg durch das Dickicht des Waldes. Er war jetzt wild entschlossen, Jeni endlich zu packen und zu Boden zu werfen.

Jeni meinte bereits Vladislaws keuchenden Atem in ihrem Nacken zu spüren, und als sie sich voller Panik zu ihm umblickte, stellte sie erschreckt fest, dass er nur noch eine Armlänge von ihr entfernt war.

»Lass mich!«, schrie Jeni außer sich und schlug einen Haken.

Vladislaws zupackende Hände griffen ins Leere. Er tat noch ein paar stolpernde Schritte, ehe er seinen Lauf bremsen und die Verfolgung wieder aufnehmen konnte.

Jeni wusste, dass sie keinen Grund zum Triumphieren hatte. Die Luft brannte in ihren Lungen, und sie spürte, dass ihre Kräfte immer mehr nachließen. Nicht mehr lange, und sie würde völlig entkräftet auf den Waldboden sinken. Ihre Arme und Beine würden dann so schlapp sein, dass sie sich kaum gegen Vladislaws Zudringlichkeiten würde wehren können.

Da bemerkte Jeni aus den Augenwinkeln plötzlich eine huschende Gestalt.

Zu spät erkannte sie, dass es Vladislaw war. Er hatte ihr den Weg abgeschnitten und stürzte sich nun auf sie.

Mit einem spitzen Schrei auf den Lippen wurde Jeni zu Boden gerissen. Vladislaw landete direkt auf ihr und das Gewicht seines Körpers trieb ihr die Luft aus den Lungen.

»Jetzt bist du mein!«, keuchte er kurzatmig und presste ihr den Mund auf die Lippen.

Angewidert drehte Jeni den Kopf zur Seite, musste aber erkennen, dass sie ihre Arme nicht bewegen konnte, denn Vladislaw hielt ihre Handgelenke umklammert und drückte sie zu Boden.

»Du tust mir weh!«, unternahm Jeni einen letzten verzweifelten Versuch, an Vladislaws Vernunft und Ritterlichkeit zu appellieren.

Doch Vladislaw stachelte ihr verzagter Ausruf nur noch mehr an. Er vergrub sein Gesicht an ihren Hals und saugte sich mit den Lippen daran fest.

Als er dann auch noch anfing, ein Knie zwischen ihre Beine zu schieben, bäumte Jeni sich unter ihm auf.

Doch Vladislaw war zu schwer und massig, um ihn einfach abschütteln zu können.

Da verspürte Jeni plötzlich ein schmerzhaftes Stechen zwischen ihren Brüsten.

Verwundert stellte sie fest, dass dieser Schmerz von ihrem Glücksbringer herrührte, den sie vor einigen Wochen von ihrer Großmutter geschenkt bekommen hatte, als diese im Sterben lag.

Vladislaw schien auch irgend etwas gespürt zu haben, denn er richtete seinen Oberkörper abrupt auf und starrte mit finsterer Miene auf Jeni herab.

Sein Blick wanderte zu ihren Brüsten hinab – und seltsamerweise trat ein Ausdruck tiefen Erschreckens in sein derbes Antlitz.

»Was ist denn das für eine Hexerei?«, rief Vladislaw alarmiert und richtete sich halb auf.

Als Jeni den Kopf hob, sah sie, dass der Talisman ihrer Großmutter zwischen den Aufschlägen ihrer Bluse hervorgerutscht war.

Doch etwas stimmte mit dem Amulett nicht, das an einer feinen goldenen Kette um Jenis Hals hing.

Der Anhänger stellte ein verschlungenes Kreuz dar – und dieses Kreuz schien nun von innen heraus hell zu leuchten.

Erschreckt ließ Vladislaw von Jeni ab und stand hastig auf. »Du bist eine Hexe!«, rief er ängstlich.

Doch Jeni war über das geheimnisvolle Leuchten genauso erschrocken wie der Bauernjunge. Am liebsten hätte sie sich den unheimlichen Talisman vom Hals gerissen. Doch sie war vor Schreck wie gelähmt.

Plötzlich erlosch das Licht, und auch der Schmerz ebbte langsam wieder ab.

Voller Unbehagen richtete Jeni ihren Oberkörper auf und stützte sich mit den Ellenbogen auf dem weichen Waldboden ab.

»Was … was hat das zu bedeuten?«, fragte sie mit rauer Stimme wie zu sich selbst.

»Du hast mich bestimmt verhext, Jeni!«, schrie Vladislaw mit überschnappender Stimme und wich ängstlich vor der jungen Frau zurück.

»Rede keinen Unsinn!«, erwiderte Jeni unbehaglich.

Doch dann fielen ihr plötzlich wieder die Worte ein, die ihre Oma an sie gerichtet hatte, kurz bevor sie starb: »Dieses Amulett ist etwas ganz Besonderes, mein Schatz. Es wird dich vor allem Bösen beschützen! Es hat schon viel Schaden von deinen Ahnen und ihren Untergebenen abgewendet und wird auch dir gute Dienste leisten!«

Unwillkürlich umfasste Jeni das verschlungene Silberkreuz, als ihr bewusst wurde, dass dieses Kleinod sie soeben tatsächlich vor Schaden bewahrt hatte.

»Verschwinde lieber, Vladislaw!«, fauchte Jeni, die ihre Chance erkannt hatte, sich ungeschoren aus dieser bedrohlichen Situation zu retten. »Oder es wird dir gleich schlecht ergehen!«

Vladislaw wich noch einen weiteren Schritt zurück. Doch dann blieb er stehen. Die Furcht in seinem Gesicht machte Zorn und nackter Wut Platz.

»Du glaubst wohl, ich lasse mir von einer Hexe wie dir Angst einjagen?«, knurrte er und kam wieder einen Schritt auf Jeni zu.

»Du wirst diesen Wald nicht lebend wieder verlassen, das verspreche ich dir!«

Wimmernd kroch Jeni rückwärts über den Waldboden von dem Bauernjungen fort. »Vladislaw – lass mich endlich in Frieden!«, rief sie verzagt.

Blitzschnell packte Vladislaw sie bei den Fußfesseln und zog sie zu sich heran. Sein Gesicht war eine Fratze aus Hass und Verachtung.

Jeni wimmerte und versuchte mit den Beinen zu strampeln. Sie verstand nicht, warum Vladislaw sie so sehr hasste. Sie hatte ihm doch gar nichts getan!

Als sie in Vladislaws kalte, grausamen Augen blickte, begriff sie, dass es ihm gar nicht um sie ging. Es war Vladislaw egal, an wem er seine Wut und seinen Hass auf die Welt austoben konnte. Er musste nur schwächer und hilfloser sein als er selber!

Vladislaw ballte eine Faust und holte aus, um Jeni ins Gesicht zu schlagen.

Doch plötzlich hielt er inne und hob lauschend den Kopf.

Jeni schöpfte neue Hoffnung. Waren sie vielleicht nicht mehr allein in diesem Waldabschnitt?

Waren Leute aus dem Dorf oder Holzfäller in der Nähe, die herbeieilen würden, wenn sie um Hilfe rief?

Jeni lauschte nun ebenfalls angestrengt.

Doch alles was sie vernahm, war ein gespenstisches Wispern und Raunen. Wie ein kalter Windhauch wehten die Stimmen durch den Wald.

Doch es war weit und breit niemand in dem schummerigen Wald zu erblicken.

»Was zum Teufel ist das denn nun schon wieder für eine Hexerei?«, rief Vladislaw unbehaglich.

»Das sind die Geisterstimmen, von denen ich dir erzählt habe«, erwiderte Jeni mit brüchiger Stimme.

Vladislaw ließ ihre Fußfessel los, richtete sich auf und blickte sich gehetzt um.

Die wispernden Stimmen schienen immer näher zu kommen.

Da gewahrte Jeni aus den Augenwinkeln plötzlich eine schattenhafte Bewegung.

Ihr Kopf ruckte herum – und was sie dann sah, ließ sie vor Entsetzen laut aufschreien.

Drei Romane um Liebe und Geheimnis im August 2021: Mystic Thriller Großband 3 Romane 8/2021

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