Читать книгу Drei Romane um Liebe und Geheimnis im August 2021: Mystic Thriller Großband 3 Romane 8/2021 - Frank Rehfeld - Страница 14
6
ОглавлениеSamuel fand als erster seine Fassung wieder.
»Was, um alles in der Welt, war denn das?«, fragte er entgeistert.
»Nur ein ganz gewöhnlicher Spuk, der offenbar durch dein unbedachtes Vorgehen ausgelöst wurde«, gab ich mit ätzendem Unterton in der Stimme zurück.
Ich schob mich an Samuel vorbei und trat auf den jungen Mann zu. Wimmernd lag er da und wiegte sich in dem spärlichen Gras, die Hände um den Kopf geschlungen.
Bei diesem Burschen handelte es sich ganz offensichtlich um keine Spukgestalt.
Seine Kleidung wirkte ziemlich derbe und einfach. Es könnte sich um einen Bauernjungen handeln. Sein dunkles Haar war zerzaust und seine Kleidung dreckverschmiert.
Ich kniete neben dem jungen Burschen nieder und berührte ihn vorsichtig an der Schulter.
»He!«, sagte ich leise. »Geht es Ihnen gut?«
Der Mann schrie auf und robbte ängstlich von mir weg. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er mich an, als wäre ich ein Dämon.
»Weg! Geh weg von mir!«, kreischte er mit überschnappender Stimme.
Verwundert krauste ich die Stirn. Der Mann hatte bulgarisch gesprochen!
»Wir werden dir nichts tun«, sagte ich in seiner Sprache und hob begütigend die Hände. »Du bist hier vorerst in Sicherheit.«
Zweifelnd sah er zwischen mir und Samuel hin und her. Dann blickte er sich um. Die Monolithen, die uns in einem weiten Kreis umstanden, hoben sich in der vom Mondlicht durch wirkten Nacht matt schimmernd von der Dunkelheit ab.
»Wo … wo bin ich?«, fragte er argwöhnisch. Er richtete seine braunen Augen wieder auf mich. »Bist du etwa auch eine Hexe?«
Ich musste unwillkürlich grinsen. »Kommt ganz darauf an, was du unter einer Hexe verstehst«, erwiderte ich.
Ein aufmunterndes Lächeln auf den Lippen streckte ich ihm meine Hand hin.
»Mein Name lautet Brenda Logan«, stellte ich mich ihm vor. »Und der Mann hinter mir heißt Samuel Lington. Wir sind Archäologen, und du befindest dich hier in den Highlands von Schottland.«
»Schottland?«, rief der junge Mann ungläubig. »Ich bin in England – das … das ist unmöglich! Eben war ich doch noch in dem Wald in der Nähe meines Dorfes!«
»Wo genau befindet sich dein Dorf denn?«, schaltete sich nun auch Samuel in das Gespräch. So wie ich beherrschte auch er mehrere Fremdsprachen fließend.
»In Bulgarien natürlich«, blaffte der Mann. »Es heißt Rila und hat nur ein paar hundert Einwohner.«
Samuel und ich tauschten einen raschen Blick.
Die Geschichte dieses Burschen war nicht weniger verrückt wie das Auftauchen der gespenstischen Reiterei und ihrem tierischen Gefolge.
Die schwarze Rußwolke hatte sich inzwischen wieder verzogen. Bis auf den Krater in der Mitte des Platzes deutete nichts mehr auf die mysteriösen Begebenheiten hin, die sich hier vor Kurzem zugetragen hatten.
»Wie heißt du denn?«, wechselte ich das Thema.
»Vladislaw«, antwortete er rau. »Vladislaw Koslik.«
Ich reichte dem jungen Mann die Hand. »Komm«, forderte ich ihn auf. »Wir werden uns um dich kümmern.«
»Kümmern?«, echote Samuel perplex. »Was soll das heißen, Brenda?«
»Das soll heißen, dass wir diesen armen Burschen ja wohl kaum sich selbst überlassen können. Schließlich sind wir – bist du nicht ganz unbeteiligt an dieser Sache.«
Samuel brummte mürrisch. »Was hast du denn jetzt vor, Brenda?«
»Wir werden zuerst nach diesen Skelettreitern Ausschau halten. Wer weiß, was diese Gestalten in dieser Gegend anrichten werden. Von den halb verrotteten Wildschweinen ganz zu schweigen.«
Samuel schnaufte entnervt. »Ich wollte doch bloß ein seltenes Amulett bergen«, nörgelte er. »Und jetzt habe ich plötzlich einen durchgeknallten Bauernlümmel am Hals – und eine ganze Horde Geister!«
»Du hättest eben etwas vorsichtiger sein müssen«, gab ich zurück. »Langsam solltest du doch wissen, dass magische Amulette nichts als Scherereien bringen und man sie lieber zerstören sollte, anstatt sie einzusammeln und irgendwelchen dubiosen Antiquitätenhändlerinnen zuzuspielen, die sonst was mit diesem gefährlichen Kleinod anstellen.«
Zerknirscht starrte Samuel Vladislaw an. Offenbar verstand dieser Bauernbursche kein Wort Englisch, denn er machte ein ratloses, fragendes Gesicht.
»Dieser Kerl kommt mir irgendwie nicht geheuer vor«, merkte Samuel an.
»Das ist ja wohl nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, unter welchen Umständen er zu uns gestoßen ist«, entgegnete ich sarkastisch.
»Das meine ich nicht, Brenda. Sieh dir doch nur an, wie finster und misstrauisch er dreinblickt. Ich wette, dieser Kerl ist abergläubisch und gewaltbereit. Du solltest dich vor ihm besser in Acht nehmen.«
Ich winkte ab. »Sicher ist er nur verstört. Das kann man ja wohl auch verstehen.«
Ich wandte mich ab. »Und nun kommt endlich. Wir müssen diese Schreckensgestalten aufspüren, ehe sie etwas Schlimmes anrichten können!«
»Und was ist mit dem Amulett?«, rief Samuel mir hinterher.
»Das bleibt vorerst, wo es ist«, beschied ich. »Wir werden später entscheiden, wie wir mit diesem Amulett verfahren. Momentan weiß ich einfach noch zu wenig über die Magie, die an diesem vertrackten Ort am Wirken ist! Es könnte alles nur noch viel schlimmer werden, wenn wir jetzt etwas Unbedachtes tun, Samuel.«
Entnervt warf ich die Arme empor. »Nun komm endlich – und nimm diesen Bauernburschen mit!«