Читать книгу Drei Romane um Liebe und Geheimnis im August 2021: Mystic Thriller Großband 3 Romane 8/2021 - Frank Rehfeld - Страница 9

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»Sieh dir dieses großartige Panorama doch nur einmal an, Brenda! Geht dir bei diesem Anblick nicht das Herz auf?«

Samuel Lington seufzte überwältigt und legte mir, Brenda Logan, einen Arm um die Schultern.

Wir standen etwa hundert Meter von einem Steinkreis entfernt, der auf einem seichten Hügel errichtet worden war. Es war früh am Abend, der Himmel zeigte sich in einem klaren, tiefen Blau, und der Vollmond hing wie ein riesiger Lampion über dem Horizont.

Von unserer Position aus hatte es den Anschein, als stiege der Vollmond direkt aus dem Steinkreis empor, was der uralten Kultstätte einen wildromantischen magischen Flair verlieh.

»Bei diesem Anblick kann man verstehen, warum die Kelten diesen Ort damals für eine magische Stätte hielten und einen Steinkreis errichteten«, sagte Samuel und zog mich noch dichter an seine Seite. »Ich liebe solche Orte, Brenda. Sie lassen mich die Zeit und all die Mühsal vergessen, die das Leben für uns bereit hält.«

»Und diese Stätte lässt dich anscheinend auch vergessen, dass du eine verheiratete Frau an deiner Seite hast«, ergänzte ich und schob Samuels Arm von meiner Schulter.

Samuel grinste enttäuscht und zog eine Grimasse.

Sein Gesicht war braungebrannt und wirkte, gekrönt von dunklem, wirrem Haar, sehr abenteuerlich und anziehend. In seinen blauen Augen lag ein geheimnisvoller Schimmer, als hätte ein Mondstrahl sich darin verfangen.

»Ist im Laufe deiner Ehe mit diesem Arzt Daniel Connors etwa deine romantische Ader eingetrocknet, Brenda?«, fragte er verstimmt.

Ich grinste entwaffnend. »Im Gegenteil. Daniels Gegenwart lässt meine Leidenschaft jedes Mal wieder aufs Neue erblühen – als hätten wir uns gerade erst kennengelernt. Aus diesem Grund bin ich auch weniger anfällig für windige Burschen wie du einer bist, Samuel.«

Samuel tat beleidigt. Doch das schalkhafte Blitzen in seinen Augen verriet, dass ihn meine harten Worte nicht verletzt hatten. Ich kannte Samuel schon einige Jahre und wusste, wie hartgesotten und ausgebufft er war. Meine ehrliche, unverblümte Art imponierte ihm und machte mich in seinen Augen wahrscheinlich nur noch begehrenswerter.

»Ein Jammer, dass aus dir keine Abenteurerin, sondern eine sesshafte Archäologin geworden ist, Brenda. Wir beide hätten zusammen die Welt aus den Angeln heben können.«

»Über einen Mangel an Abenteuern kann ich mich nun wirklich nicht beklagen«, gab ich zurück. »Die Amulettforschung sorgt dafür, dass mir nie langweilig wird. Ich muss nicht in der ganzen Welt umherreisen, wie du, und in den entlegensten Winkeln nach Abenteuern suchen. Die magischen Amulette verstricken mich von ganz von allein in haarsträubende Abenteuer.«

Ich sah Samuel von der Seite an. »Und sollte ich einmal ein paar Tage oder Wochen unbehelligt bleiben und endlich auch mal Zeit für mein Privatleben haben, kann ich versichert sein, dass ein durchgeknallter Archäologenkollege aufkreuzt, um mich zu einer uralten Kultstätte zu schleifen, damit ich mit ihm zusammen dort nach einem geheimnisvollen Artefakt suche.«

Samuel verzog den Mund. »Ich habe dich in deiner Zweisamkeit mit Daniel gestört, Brenda?«

Ich nickte. »Ich hoffe für dich, dass dies nicht wieder in eins deiner hirnrissigen Abenteuer mündet, Samuel. Zu oft schon hast du mich durch deine Sorglosigkeit und mit deiner Sucht nach Abenteuern in Gefahr gebracht!«

»Du bist eine Archäologin, Brenda«, entgegnete Samuel und grinste breit. »Es liegt dir im Blut, uralte Geheimnisse aufzudecken. Professor Salomon Sloane hätte dich nicht im British Museum eingestellt, wenn er nicht davon überzeugt gewesen wäre, dass du die beste Archäologin und Amulettforscherin auf diesem Planeten bist.«

»Und du solltest wissen, dass es keinen Sinn hat, zu versuchen, mich mit Schmeicheleien für deine Sache zu gewinnen, Samuel. Du kannst mir nichts vormachen. Du würdest sogar deine Geliebte links liegen lassen, wenn es darum ginge, ein Artefakt zu erbeuten, oder einen Grabschatz zu heben.«

Ich deutete mit einem Kopfnicken zu dem Steinkreis hinüber. Der Mond sah nun aus wie eine riesige, blasse Seifenblase, die aus dem Ring des Steinkreises in den Abendhimmel empor schwebte.

»Willst du mir nicht endlich verraten, warum du mich hierher geschleppt hast?«

»Hat Professor Sloane dich nicht informiert, worum es geht?«, fragte Samuel verblüfft.

»Natürlich hat er das. Aber du wirst ihn ja wohl kaum die ganze Wahrheit unter die Nase gerieben haben, Samuel. Du hast doch viel zu große Angst, ein anderer Archäologe könnte dir zuvorkommen und dir den Schatz vor der Nase wegschnappen, wenn du überall herumposaunst, welchem sagenhaften Schatz du wieder hinterherjagst.«

Samuel räusperte sich verlegen. »Es geht in diesem Fall tatsächlich bloß um ein kleines Artefakt, ein Amulett, das die Kelten vermutlich angefertigt haben.«

»Ein solcher Fund wäre in der Tat sensationell«, räumte ich ein. »Von der keltischen Kultur zeugen nur noch einige wenige Kultstätten. Über ihre Riten und ihr Leben erzählen nur die Überlieferungen. Die Kelten haben keine Schriften oder andere Zeugnisse ihres Wirkens hinterlassen. Ein Amulett dieser lange untergegangenen Kultur würde für die Wissenschaft und die Altertumsforscher von großer Bedeutung sein.«

Samuel grinste zufrieden. »Und diese Entdeckung wäre dann ganz allein mir zu verdanken«, protzte er.

Ich verdrehte die Augen. »Allein?«, fragte ich herausfordernd. »Dann benötigst du meine Hilfe also gar nicht.«

Ich wollte mich abwenden und zu dem Landrover zurückkehren, den das British Museum uns für die kleine Expedition in das Hochland von Schottland zur Verfügung gestellt hatte.

Doch Samuel hielt mich am Arm zurück. »Wir werden den Ruhm, den dieser Fund einbringt, natürlich zusammen einstreichen«, beeilte er sich zu sagen.

»Natürlich«, echote ich spöttisch. »Inklusive der Schwierigkeiten und der Gefahr, die mit deinen Unternehmungen für gewöhnlich einhergehen.«

Ich stemmte die Hände in die Hüften und sah Samuel mit schief gelegtem Kopf an.

»Ich möchte, dass du ehrlich zu mir bist, Samuel. Ich werde keinen Schritt in diesen Steinkreis setzen, wenn du mir nicht vorher klipp und klar gesagt hast, was uns dort erwartet!«

»Das sage ich doch bereits: Ich bin auf der Suche nach einem Amulett der Kelten!«

»Das ist die Version, die du Professor Sloane erzählt hast, um ihn davon zu überzeugen, dass meine Anwesenheit bei der Bergung dieses Amuletts unabdingbar ist. Dass du es mit der Wahrheit nicht immer so genau nimmst, ist mir nicht neu, Samuel. Ich habe nicht vor, wieder auf dich reinzufallen und mich durch dich in Gefahr bringen zu lassen.«

»Was soll schon daran gefährlich sein, in einem Steinkreis ein Amulett zu suchen?«

»Willst du einer Amulettforscherin etwa erzählen, Amulette wären harmlos?« Ich stieß ein freudloses Lachen aus. »In manchen Talismanen schlummern Kräfte, die ganze Kontinente im Meer versinken lassen könnten. Selbst Amulette, die bloß über eine schwache Magie verfügen, können das Schicksal von zahlreichen Menschen zerstören!«

Samuel sah mich ernst an. »Dessen bin ich mir durchaus bewusst, Brenda. Glaub mir, ich habe von meinen Fehlern gelernt. Oder glaubst du wirklich, es würde mir Spaß machen, mich diesen magischen Kräften auszusetzen?«

»Wenn es sich für dich lohnen würde, würdest du sogar einen Spaziergang durch die Hölle unternehmen«, erwiderte ich trocken.

Entschlossen verschränkte ich die Arme vor der Brust. »Ich warte, Samuel. Sag mir endlich, was uns dort oben in dem Steinkreis erwartet!«

Samuel stieß ein entnervtes Schnaufen aus. »So genau kann ich dir das auch nicht sagen! Was glaubst du, warum ich unbedingt wollte, dass du mich begleitest? Du kennst dich mit Amuletten am besten aus. Du wirst am ehesten einschätzen können, ob in diesem Kelten-Amulett wirklich magische Kräfte lauern, oder ob es sich bloß um ein harmloses Zeugnis aus der Vergangenheit handelt.«

»Vorher möchte ich aber wissen, wie du von diesem Amulett überhaupt erfahren hast?«, blieb ich hartnäckig.

»Bitte!«, rief Samuel empört aus. »Verlange von einem freiberuflichen Archäologen nicht, dass er einer Kollegin, die in einem der renommiertesten Museen der Welt arbeitet, meine Quellen verrate. Ich wäre längst arbeitslos und würde als Straßenpenner in Kairo rumhängen, wenn ich keine Geheimnisse hätte.«

Ich seufzte. »Diese Ausrede benutzt du doch immer, wenn du dir von mir nicht in die Karten sehen lassen willst, aus Angst, ich könnte die Zusammenarbeit mit dir verweigern, wenn ich die Wahrheit kenne.«

Samuel seufzte schicksalsergeben. »Warum bist du bloß so misstrauisch, Brenda?«

»Weil ich schlechte Erfahrungen mit dir gemacht habe, Samuel. Es wäre nicht das erste Mal, dass du mit wichtigen Informationen erst herausrückst, wenn es zu spät ist und wir in Schwierigkeiten stecken.«

Mürrisch sah Samuel mich an und musterte mich von oben bis unten abschätzend. »Du meinst es wirklich ernst.«

Ich nickte. »Du kannst allein nach deinem Amulett suchen, wenn du mir keinen reinen Wein einschenkst.«

»In Ordnung«, meinte er zerknirscht und sah mir dann unverwandt in die Augen. »Es geht um eine Wette.«

Ich krauste die Stirn. »Eine Wette?«

»Zwischen mir und Sabina Clement.«

»Wer ist Sabina Clement?«

Samuel räusperte sich verlegen. »Eine – junge Antiquitätenhändlerin aus Kalifornien.«

Ich verdrehte die Augen. »Lass mich raten: Ihr habt nicht nur geschäftlich miteinander zu tun.«

Samuel lachte rau. »Wäre schön, wenn es so wäre«, meinte er missgelaunt. »Sabina ist wunderschön. Ein Engel, könnte man meinen. Aber ein unnahbarer Engel. Dabei wäre sie nicht abgeneigt, sich mit mir einzulassen. Doch sie glaubt, ich wäre nicht gut genug für sie.«

»Und nun willst du sie vom Gegenteil überzeugen, indem du dieses Amulett findest?«

»Sabina hat mit mir gewettet, dass ich es nicht schaffen würde, dieses Amulett zu beschaffen. Sie hält nicht viel von meinen Archäologiekenntnissen – und dass ich ein Abenteurer bin, nimmt sie mir schon gar nicht ab.«

»Sie geht also davon aus, dass du das Amulett nicht finden wirst.«

Samuel nickte. Doch dann hellte sich seine Miene wieder auf. »Sollte ich das Amulett jedoch trotzdem ausfindig machen, wird Sabina sich von mir zum Essen ausführen lassen und ihre Gefühle, die sie für mich hegt, nicht länger leugnen.«

»Sie liebt dich also, lässt dieses Gefühl aber nicht zu, weil sie dich für einen Versager hält?«, brachte ich die Sache auf den Punkt.

»So ähnlich könnte man es ausdrücken.«

»Und du glaubst diesen Unsinn?«

Entgeistert starrte Samuel mich an. »Unsinn?«, echote er verständnislos.

Ich seufzte schicksalsergeben. »Für mich hört sich das Ganze an, als würde diese Sabina Clement es ausnutzen, dass du dich in sie verliebt hast. Du bist wie Wachs in ihren Händen und würdest alles tun, um diese Frau zu erobern – sogar ein Amulett für sie herbeischaffen.«

Samuel machte ein gequältes Gesicht. »Sie liebt mich aber doch auch«, meinte er lahm. »Sie will bloß sichergehen, dass der Mann, in den sie sich verliebt hat, diese Liebe auch verdient. Sabina hat mit Männern in der Vergangenheit einfach zu schlechte Erfahrungen gemacht. Sie stellten sich alle als Versager heraus.«

»Und du glaubst, du könntest deine Männlichkeit beweisen, indem du dieser Frau ein Amulett zu Füßen legst?«

»Es ist das wohl seltenste Amulett, das es auf dieser Welt gibt!«, ereiferte Samuel sich. »Du hast es selbst gesagt, Brenda: Wenn wir dieses Amulett finden, wird es die ganze Altertumsforschung umkrempeln.«

»Wenn wir es finden«, sagte ich mit Betonung auf das Wir. »Was wird deine Angebetete davon halten, wenn sie erfährt, dass du dieses Amulett nicht allein geborgen hast, sondern dabei Hilfe von einer Amulettforscherin in Anspruch genommen hast?«

Samuel machte ein gequältes Gesicht. »Sie muss es ja nicht unbedingt erfahren.«

»Und du solltest langsam erwachsen werden, Samuel. Du bist dieser Antiquitätenhändlerin doch völlig gleichgültig. Sie benutzt dich nur, um an dieses Amulett heranzukommen. Vermutlich hat sie bereits einen interessierten Käufer. Wenn du Sabina das Amulett übergibst, wird sie sich von dir zum Essen ausführen lassen – und dir dann den Laufpass geben.«

»Du bist wirklich schrecklich unromantisch, Brenda!«, beschwerte Samuel sich.

»Ich bin realistisch«, entgegnete ich. »Aber du bist ein naiver Träumer.«

Entgeistert sah Samuel mich an. »Soll das etwa heißen, du wirst mir nicht helfen?«

Ich lächelte kühl. »Ich hätte ja wohl allen Grund, in den Wagen zu steigen und dich allein in dieser Einöde zurückzulassen, Samuel. Du willst mich dafür benutzen, ein Artefakt zu bergen, das dann später in der Auslage eines kalifornischen Antiquitätengeschäftes landen soll, und nicht in einem Museum. Und das alles nur, damit du das Herz einer Frau erobern kannst, deren Beweggründe mehr als zweifelhaft sind.«

Samuel machte ein düsteres Gesicht. »Ich hätte bei meiner Lüge bleiben sollen«, meinte er mürrisch. »Warum habe ich mich von dir bloß dazu verleiten lassen, die Wahrheit zu sagen?«

»Du kannst froh sein, dass du es getan hast. Du hättest vielleicht eine flüchtige Liebschaft gewonnen, wenn du dieses Amulett in Kalifornien abgeliefert hättest – aber eine Freundin verloren!«

Samuel schluckte trocken und sah mich betreten an. »Ich schwöre dir, ich hätte dir die Wahrheit schon irgendwann gesagt, Brenda. Deine Freundschaft bedeutet mir viel – das weißt du. Ich würde dieser Sabina sofort den Laufpass geben, wenn ich wüsste, dass es zwischen uns beiden je …«

Abwehrend hob ich die Hände. »Vergiss es, Samuel. Daniel kannst du nicht das Wasser reichen – egal wie viele Amulette und Artefakte du mir zu Füßen legst.«

Samuel lachte und schüttelte den Kopf. »Was soll ich denn jetzt bloß tun?«, fragte er dann ernst.

»Wir werden uns dieses Kelten-Amulett natürlich holen, Samuel. Aber du wirst es nicht nach Kalifornien bringen, sondern ins British Museum, wo es hingehört!«

Samuel seufzte. »Vielleicht reicht es Sabina ja, dass ich das Amulett gefunden habe«, meinte Samuel und grinste säuerlich. »Sie kann es sich ja in einer Vitrine im British Museum ansehen.«

Er atmete tief durch und sah mich dann unternehmungslustig an. »Dann können wir ja jetzt endlich loslegen, Brenda!«

Argwöhnisch krauste ich die Stirn. Samuels Gemütsumschwung kam für meinen Geschmack etwas zu abrupt.

Ich kannte Samuel gut genug und wusste, dass er mit seinem sonnigen Gemüt so schnell nicht aus der Bahn zu werfen war. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass er innerlich triumphierte, weil er mich mal wieder dazu gebracht hatte, genau das zu tun, was er ursprünglich von mir erwartet hatte.

Aber so leicht wollte ich es ihm diesmal nicht machen.

»Du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet, Samuel. Woher hat diese Sabina von dem Amulett Kenntnis bekommen, das angeblich in dem Steinkreis versteckt sein soll?«

»Das wollte sie mir nicht verraten«, behauptete Samuel. »Sie wusste nicht, wo genau dieses Amulett zu finden ist. Sie hatte nur davon gehört, dass es existieren sollte.«

Samuel grinste entwaffnend. »Es wäre ja wohl auch keine Herausforderung für mich gewesen, wenn das Aufspüren dieses Amuletts so einfach gewesen wäre. Sabina geht immerhin davon aus, dass ich es nicht finden werde. Aber da hat sie sich getäuscht.«

»Noch haben wir es ja nicht«, dämpfte ich seinen Enthusiasmus.

»Das Amulett muss hier sein«, bekräftigte Samuel. »Ich habe mich wochenlang mit dem Keltentum befasst und mit Wissenschaftlern gesprochen, die auf diesem Gebiet führend sind.«

Mein Misstrauen erwachte aufs Neue. »Und was macht dich so sicher, dass du dieses Amulett ausgerechnet in diesem Steinkreis hier finden wirst und nicht etwa in Stonehenge oder einer andren Kultstätte der Kelten?«

»Es ist die Anordnung der Monolithen, die mir verraten hat, dass wir das Amulett hier finden werden«, behauptete Samuel. »Es handelt sich um ziemlich klobige Granitblöcke mit rauen Abbruchkanten. Die Monolithen stehen dicht beieinander, so dass fast der Eindruck eines Käfigs entsteht. Das alles sind Indizien, dass sich das gesuchte Amulett genau hier befindet. Außerdem werden in dieser Gegend seltsame Legenden erzählt«, fügte Samuel geheimnisvoll hinzu. »Legenden über mysteriöse Wetterphänomene, die sich am Himmel über diesen Steinkreis ereignet haben sollen.«

Samuel legte den Kopf schief und sah mich herausfordernd an. »Findest du nicht, dass wir jetzt genug geredet haben, Brenda? Wir sollten langsam zur Tat schreiten!«

Zweifelnd blickte ich zum wolkenlosen Himmel empor. Einige wenige Sterne schimmerten blass hinter dem dunklen Blau hervor.

»Es wird schon dunkel«, sagte ich. »Vielleicht sollten wir die Suche lieber auf morgen früh verschieben. In einer halben Stunde werden wir ohne Taschenlampe oder Scheinwerfer kaum noch etwas erkennen können.«

Samuel deutete zum Vollmond, der einige Handbreite über den schroffen Monolithen schwebte und die dunklen Steine mit seinem silbernen Licht überschüttete.

»Der Mond wird uns leuchten«, erklärte Samuel. »Außerdem wird die Suche bestimmt nicht lange dauern.«

Mit diesen Worten wandte er sich zum Wagen und machte sich an der Heckklappe zu schaffen.

Als er kurz darauf mit einem Vorschlaghammer über der Schulter zu mir zurückkehrte, blickte ich ihn finster an.

»Ein Vorschlaghammer gehört eigentlich nicht zur typischen Ausrüstung eines Archäologen«, bemerkte ich. »Wir bevorzugen es, bei unseren Ausgrabungen mit Schaufeln, Spachteln und Pinseln vorzugehen. Was hast du vor? Willst du den Steinkreis etwa niederreißen?«

»Natürlich nicht«, antwortete Samuel lapidar.

Er fasste mich bei der Hand und zog mich mit sich. »Lass dich überraschen.«

Mir war nicht wohl in meiner Haut. So charmant und aufregend Samuel auch war, so beschlich mich an seiner Seite doch jedes Mal ein unbehagliches Gefühl. Der geschulterte Vorschlaghammer war sozusagen ein Sinnbild seines Charakters.

Wir stiegen die Hügelflanke empor. Das kalte Mondlicht ließ das hohe Gras ringsum unwirklich und fremd erscheinen. Die Monolithen warfen bläuliche, scharf umrissene Schatten, während die Hälfte, die vom Mond beschienen wurde, aussah, als wäre der schroffe Fels mit einer Eisschicht überzogen.

Ein Frösteln überkam mich, als wir Hand in Hand zwischen zwei Felsbrocken hindurch traten. Fast kam es mir vor, als hätten wir eine unsichtbare Barriere durchschritten, die die Freiräume zwischen den Monolithen ausfüllte.

Das Gras im Innern des Steinkreises wirkte erschreckend verkümmert, als wäre der Boden hier nicht besonders nahrhaft.

Samuel ließ meine Hand los und blickte sich um.

»Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn wir das Amulett hier nicht finden«, meinte er mit gedämpfter Stimme, als befürchtete er irgend etwas Greifbares durch zu lautes Reden auf uns aufmerksam zu machen.

»Da!«, rief er im nächsten Moment laut und deutete in die Mitte des Steinkreises.

Ein buckliger Felsbrocken, etwa so groß wie ein Gullydeckel, ragte an dieser Stelle aus der Erde. Mir war aufgefallen, dass die Monolithen kaum von Moosen oder Flechten befallen waren. Doch der Stein in der Mitte des Platzes war nicht nur bar jeglicher Gewächse, sondern auch noch spiegelglatt, als wäre er poliert worden.

Zielstrebig hielt Samuel auf den Stein zu. Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen, als Samuel sich breitbeinig vor dem Fels aufbaute und mit dem Vorschlaghammer zum Schlag ausholte.

»Was hast du vor?«, rief ich befremdet. »Du glaubst doch nicht etwa, dass du diesen Granitbrocken mit dem Vorschlaghammer zertrümmern kannst?«

»Das werden wir ja gleich sehen«, erwiderte Samuel. Und bevor ich ihn fragen konnte, was das Ganze sollte, ließ er den schweren Hammer auch schon auf den Stein niederkrachen.

Eigentlich hätte der Schlag wirkungslos von dem Felsbrocken abprallen müssen.

Doch stattdessen gab der Stein einen hellen Ton von sich, als der Hammerkopf auf ihn niederkrachte.

Samuel zog den Hammer zurück und betrachtete den Stein prüfend.

Ich war inzwischen in gebührendem Abstand neben Samuel getreten und sah, dass der Stein mehrere haarfeine Risse bekommen hatte.

Ich bemerkte jedoch noch etwas ganz anderes. Ein kühler Wind war plötzlich aufgekommen und strich eisig über mein Gesicht und zerzauste mein weizenblondes Haar.

Als ich überrascht aufblickte, gewahrte ich, dass sich über uns plötzlich Wolken am Himmel zusammengebraut hatten.

»Samuel – irgend etwas stimmt hier nicht!«, rief ich alarmiert, denn plötzlich hatte sich der Wind in eine Windhose verwandelt, dessen Zentrum der Steinkreis zu sein schien.

Mein weizenblondes Haar wirbelte um meinen Kopf herum und peitschte mir über das Gesicht. Der Wind pfiff und heulte in meinen Ohren.

»Das ist doch nur ein vorübergehendes Wetterphänomen«, rief Samuel gleichmütig und hob den Vorschlaghammer zu einem weiteren Schlag. »Du weißt doch: Klimakatastrophe und so. Das macht sich auch hier in den Highlands bemerkbar!«

»Hattest du mir nicht eben berichtet, dass man sich in dieser Gegend über mysteriöse Wetterphänomene erzählt, die sich hier beim Steinkreis zugetragen haben sollen?«

»Diese Ereignisse liegen doch lange zurück!«, rief Samuel.

Bevor ich einen weiteren Einwand erheben konnte, schmetterte Samuel den Hammer auf den Felsbrocken nieder.

Ein schriller, disharmonischer Ton zerriss die Luft. Unwillkürlich hielt ich mir die Ohren zu, ich hatte das Gefühl, der schrille Laut würde meine Trommelfelle zum Platzen bringen.

Doch das war mein geringstes Problem, wie ich rasch erkannte.

Der Felsbrocken war unter dem Hammerschlag zerbrochen. Bei dem Stein schien es sich um eine Art Geode gehandelt zu haben. Er war innen hohl und die Innenseite mit Kristallen bewachsen.

Die obere Halbkugel war unter dem Hammerschlag zerbrochen und die Trümmerstücke nach innen gefallen. Grelle Lichtbündel schossen aus dem Stein hervor, als hätte das Mondlicht sich in dem kristallenen Einschlüssen gebrochen.

Doch der Vollmond war gar nicht mehr zu sehen. Die Wolken, die sich über uns am Himmel zusammengebraut hatten, waren zu einem wahren Wolkenungetüm angewachsen und verdeckten den Vollmond vollständig.

Trotzdem stieg aus dem zertrümmerten Stein ein fahler Schimmer hervor.

Doch auch am Himmel waren nun seltsame Lichterscheinungen zu erkennen. In der Tiefe der nachtschwarzen Wolken züngelte es geisterhaft und grollte, als würden Blitze darin umherzucken. Die Wolken gerieten in Bewegung, umkreisten wabernd und brodelnd einen Mittelpunkt, aus dem im nächsten Moment plötzlich ein breiter, gezackter Blitz niederzuckte.

Ich schrie auf und riss die Arme schützend über meinen Kopf. Der Blitz würde direkt auf Samuel und mich niederzucken und uns niederstrecken!

Plötzlich fühlte ich mich gepackt und zu Boden gerissen.

Es war Samuel, der seinen Hammer fallengelassen hatte und sich nun schützend über mich beugte.

Entsetzt starrte ich an Samuels Schulter vorbei in den Himmel. Ich sah den Blitz auf uns zurasen. Doch einige Meter über dem Steinkreis spaltete er sich plötzlich in mehrere dünne Arme auf. Sie fuhren züngelnd und knatternd in die Monolithen, die daraufhin bläulich aufleuchteten, als hätten die Blitze sie mit Energie aufgeladen.

Das vernehmliche Knistern der leuchtenden Monolithen vermischte sich mit dem Heulen des Sturms zu einer beängstigenden Geräuschkulisse. Es roch nach Ozon und Elektrizität.

Benommen sahen Samuel und ich uns um.

Ein gespenstisches, eigentümliches Schauspiel lief um uns herum ab.

Haarfeine Blitze züngelten zwischen den Monolithen umher und bildeten zwischen den Freiräumen ein feines Netz aus zuckenden bläulichen Lichtfäden.

Eine geschlossene Wand aus purer, knisternder Energie hatte Samuel und mich in dem Steinkreis eingeschlossen!

»Na prima!«, sagte ich sarkastisch und stieß Samuel von mir fort. »Du hast es mal wieder geschafft, Samuel!«

Samuels entgeistertem Gesichtsausdruck war deutlich anzumerken, dass ihn das mysteriöse Phänomen genauso beängstigte wie mich. Offenbar hatte er mit einem solchen Ausbruch roher Naturkräfte nicht gerechnet.

Es sollte aber noch viel schlimmer kommen!

Die scharfkantigen Spitzen der Monolithen sandten plötzlich einen bläulichen Energiestrahl aus. Die Strahlen trafen sich in der Mitte über dem Platz und ballten sich zu einer Kugel zusammen.

Samuel kroch rasch auf mich zu, um mich mit seinem Körper zu schützen.

Da krachte der Kugelblitz auch schon wie ein Geschoss auf die Erde nieder.

Er traf den geborstenen Felsbrocken in der Mitte des Platzes. Es gab einen ohrenbetäubenden Knall – und dann flogen uns Erd- und Steinbrocken um die Ohren.

Drei Romane um Liebe und Geheimnis im August 2021: Mystic Thriller Großband 3 Romane 8/2021

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