Читать книгу Drei Romane um Liebe und Geheimnis im August 2021: Mystic Thriller Großband 3 Romane 8/2021 - Frank Rehfeld - Страница 15

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Wir fuhren querfeldein – ungefähr in die Richtung, in die die geisterhaften Reiter verschwunden waren.

Die Wolkenfetzen, die über den nächtlichen Himmel zogen, verhüllten den Vollmond immer wieder, so dass sich Phasen von nachtschwarzer Finsternis und fahl durchleuchtetem Halbdunkel unregelmäßig abwechselten.

Samuel saß am Steuer und ließ den Landrover in gemäßigtem Tempo über das holprige Hochland rollen. Angestrengt starrten wir aus den Fenstern, in der Hoffnung, die geisterhafte Prozedur zu erspähen, die dem Krater des Steinkreises entstiegen war.

Vladislaw hatten wir auf die Rücksitzbank verfrachtet. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte düster vor sich hin. Offenbar war er nicht sonderlich erpicht darauf, den Geistern noch einmal zu begegnen, denn er beteiligte sich nicht an der Suche nach ihnen.

»Es würde uns bestimmt weiterhelfen, Vladislaw, wenn du uns endlich erzählst, was sich in deinem heimatlichen Wald zugetragen hat, bevor es dich hierher nach England verschlug«, sagte ich und starrte angestrengt in westliche Richtung, da ich dort in der Ferne einen seltsamen Schimmer zu sehen glaubte.

»Ich – war mit einem Mädchen unterwegs«, sagte Vladislaw mürrisch. »Und plötzlich kreuzten diese Horrorgestalten auf. Der Mann packte mich, und dann … und dann …«

Er brach ab und schlug plötzlich die Hände vor das Gesicht. »Jeni – sie ist an allem schuld!«, presste er zornig hervor. »Sie … sie hat mich bestraft, weil ich gemein zu ihr gewesen bin!«

»Du musst diese Frau ja ziemlich in Rage versetzt haben«, merkte Samuel streng an und warf Vladislaw einen bohrenden Blick im Rückspiegel zu.

»Sie ist eine Hexe«, rechtfertigte Vladislaw sich im Brustton der Überzeugung und ließ die Hände wieder sinken. »Sie meinte, sie würde im Wald Geisterstimmen hören und wollte sie mir vorführen. Aber es waren nicht nur Stimmen, die im Wald auf mich lauerten. Da waren auch diese Skelettreiter – und die vermoderten Wildsäue!«

Vladislaw ballte die Hände zu Fäusten. »Jeni wird für ihren Frevel bezahlen, wenn ich erst zurück bin!«

»Was genau wusste diese Jeni denn über den Spuk im Wald?«, hakte ich nach.

Vladislaw zuckte gleichmütig mit den Schultern. »Keine Ahnung. Es hat ihr sowieso niemand zugehört. Jeni ist verrückt. Sie stammt aus einer Adelsfamilie. Doch im Krieg haben sie alles verloren. Jetzt sind sie genauso arm wie der ärmste Bauer in unserem Dorf. Und das macht Jeni krank!«

»Du glaubst also, sie hat dich in den Wald gelockt, damit diese Geister dich verschleppen können?«

»Warum denn sonst?«, ereiferte Vladislaw sich. »Sie hat ein verhextes Kruzifix um den Hals, mit dem sie zaubern kann. Mit diesem Kruzifix hat sie einen magischen Blitz auf die Geister und mich geschleudert – und plötzlich waren wir ganz woanders!«

Vladislaw Stimme zitterte vor Wut und Erregung, doch in seinen Augen schwammen Tränen.

Ich beschloss, ihn vorerst in Ruhe zu lassen. Vladislaw hatte eine Menge durchgemacht, es war ein Wunder, dass er unter den gegebenen Umständen nicht den Verstand verloren hatte oder zu einem jammernden Häuflein Elend geworden war.

Das Wenige, das er mir über Jeni und ihr Kruzifix erzählt hatte, lieferte mir immerhin einen vagen Anhaltspunkt, mit welcher Art von Magie ich es zu tun hatte.

»Ich glaube, wir haben sie gleich eingeholt!«, rief Samuel in diesem Moment und deutete nach vorn. »Da sind unsere Knochenreiter. Es sieht aber so aus, als hätten sie ihre Pferde verloren!«

Ich beugte mich vor und starrte in die Nacht hinaus.

Wir fuhren in diesem Moment in eine kleine Senke hinab, die vom Mondlicht hell erleuchtet war. Auf der Sohle der Senke sah ich sie: Der Skelettmann und seine Begleiterin standen Rücken an Rücken da und wurden von den Wildschweinen belauert, die sie eingekreist hatten und drohend die Köpfe senkten.

Vladislaw stöhnte entsetzt auf. »Warum hauen wir nicht lieber ab?«, jammerte er.

Doch Samuel hörte nicht auf den Bauernburschen. Schnurgerade fuhr er auf die Geister zu.

Nicht weit entfernt bemerkte ich die beiden Pferde. Sie lagen im hohen Gras und rührten sich nicht mehr. Die Wildschweine hatten die Tiere offenbar niedergestreckt und übel zugerichtet!

Und nun waren die beiden Skelette an der Reihe!

Eines der Schweine raste plötzlich auf den Mann zu.

Doch der versetzte der Schnauze des Tieres einen empfindlichen Tritt mit seinem Stiefel, woraufhin das Wildschwein sich geduckt zurückzog.

Plötzlich trat Samuel das Gaspedal durch, und der Landrover nahm rasch an Fahrt zu.

»Was hast du vor, Samuel?«, fragte ich beklommen und umklammerte den Sicherheitsgurt.

»Ich werde nicht zusehen, wie diese Geistertiere die Skelette Knochen für Knochen auseinandernehmen«, rief Samuel. »Wir müssen diesen Leuten helfen!«

»Ihr seid ja noch verrückter als Jeni!«, rief Vladislaw gequält. »Ich will sofort aussteigen!«

»Du bleibst, wo du bist!«, fuhr ich den jungen Bauern an, als er sich an der Türklinke zu schaffen machte. »Du wirst dir den Hals brechen, wenn du bei dieser Geschwindigkeit versuchst auszusteigen!«

»Immer noch besser, als diesen Skeletten wieder in die Hände zu fallen!«

Entschlossen stieß Vladislaw den Wagenschlag auf.

Doch in diesem Moment trat Samuel hart auf die Bremse. Der Landrover schlitterte mit blockierten Rädern über die Grasnarbe, und Vladislaw wurde gegen die Rückenlehne meines Sitzes geschleudert.

Entsetzt stellte ich fest, dass Samuel den Wagen direkt zwischen den geisterhaften Wildschweinen gestoppt hatte. Die beiden Skelette standen direkt neben uns.

»Steigt ein!«, rief Samuel den Schreckensgestalten auf Bulgarisch zu und winkte hektisch.

Die Frau wich ängstlich vor dem Landrover zurück.

Doch der Mann erkannte offenbar seine Chance. Obwohl das Gefährt ihm Furcht einzuflößen schien, packte er seine Begleiterin und drängte sie auf den Wagenschlag zu, den Vladislaw vorhin aufgestoßen hatte.

Als die Geisterfrau auf die Rücksitzbank gestoßen wurde, wich Vladislaw mit einem entsetzten Aufschrei vor ihr zurück.

Voller Panik machte er sich an der gegenüberliegenden Tür zu schaffen. Doch als er sie geöffnet hatte, stieß ihm eines der Wildschweine die vergilbten Hauer entgegen.

Hastig schlug Vladislaw den Wagenschlag wieder ins Schloss. Und da nun auch der Knochenmann eingestiegen war, gab Samuel Gas.

Der Wagen machte einen Satz nach vorn, und die noch offene Wagentür schlug laut krachend zu.

Plötzlich wurde der Wagen von einem harten Schlag erschüttert, der ihn fast umkippen ließ.

Samuel gelang es jedoch durch hektisches Gegensteuern ein Unglück zu verhindern. Der Landrover fuhr einige Sekunden auf zwei Rädern geneigt weiter, fiel dann aber krachend zurück und nahm rasch Fahrt auf.

Gehetzt blickte ich zurück.

Die geisterhaften Wildschweine hatten die Verfolgung aufgenommen. Das Tempo, das sie dabei vorlegten, war beängstigend.

»Fahr schneller!«, rief ich Samuel zu. »Sonst ist unser schöner Wagen gleich nur noch Schrott!«

Aber das musste ich Samuel gar nicht erst sagen. Er schaltete einen Gang höher und jagte den Wagen in hoher Geschwindigkeit über das Gras des Hochlandes.

Angestrengt blickte er nach vorn, damit ihm kein Stein und keine Bodenwelle entging, die unser Gefährt bei der Geschwindigkeit unweigerlich durch die Luft katapultieren würden.

»Du schaffst es!«, rief ich Samuel aufmunternd zu, nachdem ich mich erneut nach unseren bestialischen Verfolgern umgeschaut hatte. »Die Wildschweine fallen zurück!«

Samuel gab ein zufriedenes Brummen von sich. Sein Blick blieb aber stur geradeaus gerichtet.

Voller Unbehagen wandte ich mich zu unseren Fahrzeuginsassen um. Vladislaw hatte sich wimmernd gegen die Tür gedrückt und die Augen fest geschlossen. Die beiden Geister aber saßen eng umschlungen da und stierten mich mit ihren leeren Augenhöhlen an.

Besonders gefährlich sahen die beiden eigentlich nicht aus, wie ich fand. Abgesehen von ihrem schrecklichen Aussehen, schien es sich um zwei ganz gewöhnliche Leute zu handeln.

»Wer … wer sind Sie?«, fragte ich mit rauer Stimme. Ich hatte Bulgarisch gesprochen, und die beiden schienen mich sogar zu verstehen.

Der Mann sagte etwas. Aber das hohle Röcheln und Wispern, das zwischen seinen Kiefern hervorwehte, war gänzlich unverständlich.

Die Frau legte ihm tröstend einen Skelettarm um die Schultern und schmiegte ihren Schädel an seinen.

Etwas so Skurriles wie dieses Pärchen hatte ich noch nie gesehen.

Die Wildschweinhorde war unterdessen noch weiter zurückgefallen. Die rennenden Tiere waren in der schummrigen Vollmondnacht kaum noch auszumachen.

Da ging mit den beiden Gestalten auf dem Rücksitz plötzlich eine seltsame Verwandlung vor sich.

Matt schimmernde Konturen bildeten sich um ihre Knochen. Die Umrisse feiner Gesichtszüge verdeckten die grinsenden Totenschädel, und am Unterkiefer des Mannes entstand sogar ein adretter Spitzbart.

Ich blinzelte und schüttelte den Kopf, wie um eine Sinnestäuschung abzuschütteln.

Doch als ich die beiden dann wieder ansah, war die Verwandlung noch weiter vorangeschritten. Glänzende Augen füllten die Augenhöhlen, und seidig schimmernde Haut spannte sich über den Gesichtern.

Auch die Arme und Hände sahen nun wieder aus wie die von lebendigen, vitalen Menschen.

»Was passiert mit uns?«, fragte die Frau erstaunt. Sie hatte eine klare glockenhelle Stimme. Nun, da ihre üppigen weiblichen Kurven ihr Kleid wieder füllten, bemerkte ich erst, wie jung diese Frau war.

Sie hob ihre Hand, drehte sie ungläubig hin und her. Dann strich sie zögernd über das Gesicht des Mannes.

»Petko«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Der Fluch … Er verliert seine Wirkung – ich … ich spüre es ganz deutlich!«

»Ja, Cornelia«, erwiderte der Mann glücklich und ließ seinen Blick verliebt an ihrem aufregenden Körper auf und ab gleiten.

»Ich habe nach all den Jahrzehnten fast vergessen, wie schön du in Wahrheit aussiehst, Cornelia Bugra. Trotzdem habe ich nie aufgehört, dich zu lieben.«

Ein erschreckter Ausdruck trat in das Gesicht der Frau. »Wir müssen uns sputen«, mahnte sie. »Wir waren in den Wald geritten, weil du mir etwas sagen wolltest, Petko. Doch dann kamen plötzlich diese Wildschweine, und das berauschende Glücksgefühl, das ich an deiner Seite empfunden hatte, verwandelte sich in nacktes Entsetzen und Todesangst!«

Tränen rannen plötzlich ihre Wangen hinab, und sie schluchzte verzweifelt.

Petko ergriff ihre Hände und drückte sie zärtlich. »Es ist alles meine Schuld«, sagte er mit rauer Stimme. »Ich hatte mir geschworen, nicht eher zu ruhen, bis ich dir nicht gesagt hatte, was mir auf der Seele brennt. Darum haben wir all die Jahrzehnte keine Ruhe finden können, Cornelia.«.

»Was war es denn, was du mir sagen wolltest?«, fragte Cornelia und sah Petko gefasst an, als befürchtete sie gleich eine schlimme Nachricht aus seinem Mund zu vernehmen.

Petko sah Cornelia unverwandt in die Augen und atmete tief durch.

»Cornelia Bugra, möchtest du meine Frau werden?«, sprach er dann in feierlichem Tonfall.

Ein glückliches Strahlen trat in Cornelias Augen. Die Anspannung fiel von ihr ab, und sie lächelte verliebt.

»Ist das wirklich dein Ernst, Petko Nezakanow?«, fragte sie aufgeregt.

»Du, ein Mann adliger Herkunft, willst mich, die Tochter eines einfachen Waffenschmiedes, ehelichen?«

»Wenn ich dich nicht haben kann, so will ich niemals in meinem Leben eine Frau heiraten«, erklärte Petko im Brustton der Überzeugung.

»Aber – was wird dein Vater sagen?«, warf Cornelia ein. »Er wird deine Wahl bestimmt nicht gutheißen.«

»Wenn er länger mein Vater sein will, sollte er sich über seine junge Schwiegertochter lieber freuen und sie in den Kreis der Familie aufnehmen. Sonst werde ich mit dir zusammen fortgehen und woanders eine Existenz aufbauen, Cornelia!«

Petko lächelte hintergründig. »Es sei denn, es ist dir nicht geheuer, einem Mann adligen Blutes dein Jawort zu geben, Cornelia?«

»Ich bin keine ängstliche Person«, entgegnete Cornelia selbstsicher und gab Petko einen Kuss. »Die Liebe, die ich für dich empfinde, ist so übermächtig, dass ich bereit bin, alles zu opfern, damit diese Liebe ihre Erfüllung findet. Von mir aus können wir auch in einer einfachen Hütte hausen, wenn wir nur zusammen sein dürfen!«

»So willigst du also ein, Cornelia Bugra?«

»Und ob, Petko Nezakanow! Nimm mich zu deiner Frau, und ich mache dich zum glücklichsten Mann der Welt!«

Cornelia schlang seufzend ihre Arme um Petkos Hals und gab ihm einen langen leidenschaftlichen Kuss.

Plötzlich schienen sich die beiden wieder daran zu erinnern, wo sie sich befanden, und in was für einer absurden Situation dieser Heiratsantrag ausgesprochen worden war.

Cornelia und Petko machten sich seufzend voneinander los und sahen mich verlegen an.

»Es tut mir Leid, dass wir diese intime Angelegenheit vor Ihnen abhandeln mussten«, sagte Petko. »Schon viel zu lange hat dieser Antrag warten müssen.«

»Glaubst du denn, dass wir jetzt endlich unseren Frieden finden werden, Petko?«, fragte Cornelia verzagt.

Petko sah über seine Schulter zurück. »Die Wildschweine sind fort«, sagte er rau. »Was aber geschehen wird, wenn diese seltsame Kutsche anhält und die Tiere uns einholen, kann ich nicht sagen.«

Cornelia stieß plötzlich einen überraschten Schrei aus.

Sie hielt ihren rechten Arm empor und zeigte ihn Petko. »Sieh nur … Ich … ich löse mich auf!«

Cornelias Arm wirkte in der Tat seltsam durchscheinend. Doch diesmal schimmerten nicht ihre Knochen unter dem immer fadenscheiniger werdenden Fleisch hervor. Stattdessen waren die Umrisse der Rücksitzbank durch den Arm hindurch zu sehen.

»Wir – lösen uns auf!«, rief Petko glücklich, der an sich nun dasselbe Phänomen bemerkt hatte. »Vielleicht werden unsere Seelen nun doch endlich ihren Frieden finden!«

Mit einem seligen Lächeln auf den Lippen wandte er sich mir zu. »Das haben wir nur Ihnen und Ihrem Kutscher zu verdanken«, sagte er. »Ich wünschte, ich könnte Ihnen Ihren Dienst irgendwie vergelten.«

»Vielleicht können Sie das tatsächlich«, gab ich rasch zurück, denn die beiden Gestalten wurden zunehmend durchscheinender. »Erzählen Sie mir, wie Sie zu diesen Geistern wurden – und wie es kam, dass Sie urplötzlich hier in England aufgetaucht sind?«

»Wir befinden uns in England?«, wunderte Petko sich.

Ich konnte durch sein Gesicht bereits hindurchsehen und dahinter die Umrisse des Landeraumes des Landrovers erkennen. Petkos Stimme klang auch bereits leiser.

»Mein Vater war einmal mit mir in England«, überlegte Petko. »In den Highlands von Schottland, um genau zu sein.«

»Wir sind hier in den Highlands!«, warf ich aufgeregt dazwischen.

»So? Es gehörte zur Familientradition, eine Reise in die Highlands zu unternehmen. Mein Vater und ich besichtigten eine uralte Kultstätte, einen Kreis aus schroffen, unbehauenen Monolithen.«

»Du musst dich beeilen, Petko!« Cornelias Stimme klang wie ein ferner Ruf. »Wir werden uns bald vollständig aufgelöst haben! Beantworte der Frau rasch ihre Fragen!«

Petko nickte gefasst. »Cornelia und ich waren in den Wald geritten, weil ich ihr dort einen Heiratsantrag stellen wollte«, haspelte er. »Doch ein halbes Dutzend Frischlinge kreuzte plötzlich unseren Weg.«

Verbittert presste er seine verblassenden Lippen aufeinander. »Bevor wir begriffen, was geschah, waren wir schon mitten durch die kleinen Wildschweine hindurchgeritten. Einige von ihnen wurden von den Hufen unserer Pferde verletzt und quiekten, als sollten sie bei lebendigem Leibe am Spieß gebraten werden.«

»Petko ahnte die Gefahr, in der wir schwebten«, fuhr Cornelia mit wispernder Stimme fort.

»Er drängte mich, meinem Pferd die Sporen zu geben und zu fliehen. Doch die verletzten Frischlinge hatten mein Mitleid erregt. Ich wollte sie in ihrem Elend nicht zurücklassen, ohne zumindest versucht zu haben, ihnen zu helfen.«

»Ich packte die Zügel von Cornelias Pferd und riss es herum«, nahm Petko den Faden nun wieder auf. »Im selben Moment kamen die Bachen aus dem Unterholz gestürzt – herbeigerufen von dem kläglichen Quieken ihrer Kinder! Vermutlich wissen Sie, wie gefährlich Wildsäue werden können, wenn sie ihre Brut verteidigen müssen. Wir ritten, als wäre der Teufel hinter uns her. Doch die rasenden Wildschweine brachten unsere Pferde zu Fall und töteten sie.«

Petkos durchscheinendes Gesicht war fahl und farblos geworden. »Und dann fielen die Bachen über Cornelia und mich her. Wir überlebten ihren Angriff nicht …«

Cornelia fasste Petko am Oberarm und sah ihn zärtlich an.

»Das alles ist schon so lange her«, seufzte Petko und legte Cornelia einen Arm um die Schultern. »Wir sind Opfer eines bedauerlichen Unfalls geworden. Und doch haben unsere Seelen keinen Frieden finden können, weil etwas Wichtiges zwischen uns unausgesprochen geblieben war.«

»Aber jetzt hast du mir deinen Heiratsantrag ja endlich machen können«, sagte Cornelia glücklich und hauchte ihrem Geliebten mit ihren fast durchsichtigen Lippen einen Kuss auf die Wange.

Petko nickte glücklich. »Endlich brauchen wir nicht mehr als unsichtbare Gespenster durch den Wald von Rila geistern«, sagte er zufrieden. »Unser unverständliches Gewisper hat den Leuten sicherlich Angst gemacht.«

»Sie waren unsichtbar?«, hakte ich verwundert nach.

Petko nickte. »Wir haben erst in dieser Nacht unsere schreckliche Gestalt angenommen. Weiß auch nicht warum. Diese junge Frau muss Schuld daran gewesen sein. Sie war es wahrscheinlich auch, die uns mit ihrem rätselhaften grellen Blitz hierher nach Schottland schickte.«

»Sie sprechen von Jeni?«, vermutete ich.Von den beiden war inzwischen nicht mehr als ein durchscheinender Schemen geblieben.

Ich sah, wie Cornelia sich zu Vladislaw umdrehte. Er kauerte noch immer bei der Tür und starrte die, Geister ängstlich an.

Plötzlich holte Cornelia aus und versetzte Vladislaw eine Ohrfeige.

Obwohl sie nur ein Geist war, zeigte ihr Schlag trotzdem Wirkung. Vladislaws Kopf wurde von der Wucht der Ohrfeige herumgerissen. Augenblicklich zeichnete sich der feuerrote Abdruck der Geisterhand auf seiner Wange ab.

»Das war für die schrecklichen Dinge, die du unserer jungen Frau hattest antun wollen!«, wehte Cornelias Stimme wie ein fernes Flüstern zu mir herüber.

Petko zog Cornelia in seine Arme. Wie zwei Verliebte, die sich ein letztes Mal umarmten, bevor sie das Schicksal für immer trennte, schmiegten sie sich aneinander und vereinigten ihre Lippen zu einem letzten, leidenschaftlichen Kuss.

Dann lösten sich die beiden Geister auf und waren verschwunden.

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