Читать книгу Bluemoon Baby - Frank Witzel - Страница 13
8
ОглавлениеAuch wenn Dietmar Kuhn eine manchmal recht langatmige und umständliche Art hatte, freute sich Professorin Rikke, ihn auf der Schmuckausstellung zu sehen. Er deponierte sein Bild unter dem Buffettisch, nahm sich ein Glas Wein und einen Teller Borschtsch, um ihr gleich darauf seine neusten Pläne mitzuteilen.
„Die von der Stadt sind Feuer und Flamme. Man muß denen die Idee eben nur richtig verkaufen. Und vor allem: sich gleich an die richtige Adresse wenden. Wir machen das nämlich nicht über das Kultur-, sondern über das Verkehrsamt.“
Professorin Rikke hatte schon mehrfach mit Dietmar zusammengearbeitet. Zum Beispiel bei der Wagenparade zur Sommersonnenwende auf dem Mainzer Lerchenberg. Ihre Studentinnen hatten bunte Sonnengefährte gebaut, mit denen sie den Lauf der Sonne als Kreisen um den weiblichen Zyklus symbolisierten. Und es war Dietmar, der die Idee hatte, das Ziel dieses Umzugs auf das ZDF-Gelände zu legen, so daß sie gleichzeitig in der Sendung Fernsehgarten, damals noch mit Ilona Christensen, auftreten konnten. Nachdem einer der Osmonds einen alten Hit zum Vollplayback nachgemimt hatte, waren sie winkend in das bunte Rund gezogen. Erst erklärte Dietmar mit ein paar geschickten Worten den künstlerischen Aspekt der Aktion, und dann bekam sie die einmalige Chance, ein Millionenpublikum an einem Sonntagvormittag über die Existenz des Fachbereichs Frauenstudien aufzuklären; auch wenn ihr die anschließende Überleitung etwas mißglückt erschien, da man zwei Zuschauerinnen auf die Bühne holte, die sich laut Anmoderation bereit erklärt hatten, bei einem Frisör und einer Visagistin „zu studieren, um das Beste aus ihrem Typ zu machen“. Dietmar hatte sie damals mit dem Hinweis auf einen gar nicht mehr auszurechnenden Multiplikator zu trösten versucht. Und tatsächlich war sie wenig später zu einem Symposium über die mythische Bedeutung des Ballspiels nach Worms eingeladen worden.
Dietmar tunkte ein Stück Weißbrot in seine Suppe. „Ich hab denen gesagt, ihr könnt doch nicht immer dasselbe machen zum Tag der offenen Tür. Da fährt die Feuerwehr vor, rollt Schlauch und Leiter aus und damit hat sich’s. Damit lockt man niemanden mehr hinterm Ofen vor. Der Stadtmanager ist da durchaus aufgeschlossen. Der merkt das auch. Es fehlen eben nur die Ideen. Also, hab ich gesagt, wir müssen zum Ursprung zurück und das ganze wörtlich nehmen.“ Er legte eine Kunstpause ein, wischte den letzten Rest Suppe aus seinem Teller, stellte den Teller hinter sich auf eine Vitrine mit Ringen aus unbehandeltem Baustahl und beugte sich fast verschwörerisch zu Professorin Rikke, die gerade versuchte, den Auftritt der Lebensgefährtin des Außenministers nicht ganz aus den Augen zu verlieren.
„Natürlich kostet das ’ne Kleinigkeit, aber dafür kriegen sie auch was geboten. Folgendes: Im Rathaus und allen anderen öffentlichen Stellen und Ämtern werden am Tag der offenen Tür die Türen ausgehängt. Aber das ist noch nicht alles. Wir sind uns noch nicht ganz einig, welche Lösung wir nehmen, aber entweder werden die Türen selbst verfremdet, also bemalt, beklebt und so weiter, oder es werden neue Türen entworfen, die statt der alten eingesetzt werden. Also eher Vorhänge aus Stoff, oder mit Bändern und Schnüren, da gibt’s ja alles mögliche. Du hast doch auch mal ein Seminar über Türen gemacht?“
„Ja, über das Fehlen der Tür bei den Sedang.“
„Stimmt. Vielleicht könnten wir da irgendwas koppeln. Das wird nämlich eine größere Sache. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wieviel Türen so ein Amt hat. Wirklich nicht auszumalen – im wahrsten Sinne des Wortes. Fünfzehntausend haben sie bislang sicher zugesagt. Über den Rest muß man noch mal reden. Vielleicht kann man das mit den ausländischen Gruppen koppeln und kriegt aus dem Topf noch was.“
Die Lebensgefährtin machte sich gerade zum Gehen auf und trug sich als letzte Amtshandlung umständlich und mit großem Gekicher in das Gästebuch ein.
„Was schreib ich denn nur?“ flötete sie.
„Am besten eine Bestellung“, rief jemand aus dem Hintergrund. Durch das darauffolgende Lachen wurde auch Dietmar Kuhns Aufmerksamkeit abgelenkt. „Ach, die ist auch da. Bist du so gut und paßt mal ’nen Moment auf mein Bild auf? Ja?“ Mit diesen Worten schlängelte er sich geschickt durch die Herumstehenden und sah der Lebensgefährtin über die Schulter, während sie auf das handgeschöpfte Bütten schrieb: „Ein schmuckvoller Abend – rundum gelungen. Euer Geschäft: eine versteckte Perle.“