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Ein Ara ist kein billiger Vogel. Ein dressierter Ara jedoch, einer, der mit dem Schnabel Zuckerstückchen aus einer Dose holt oder einen Büstenhalterverschluß zu öffnen versteht, ist nahezu unbezahlbar. Hat man aber schon einmal so viel Geld für Anschaffung und Aufzucht ausgegeben, dann sollte sich das Tier auch auf irgendeine Art amortisieren. Nun sind Filme, in denen Papageien tragende Rollen spielen, leider rar. Oft tut es auch ein ausgestopftes Tier, dem Hans Clarin mit verstellter Stimme ein paar Wörter unterlegt, ganz zu schweigen von den immer perfekteren Computeranimationen.

Kein Wunder also, daß sich auch alle möglichen Tierbesitzer zusammen mit ihren Schützlingen in Richtung Polar, Wisconsin, aufmachten. Da sich die Behörden jedoch außerstande sahen, noch ein drittes Lager aufzuschlagen, wurden die Tierhalter ebenfalls in Richtung Langlade, zu dem Camp vor den Toren des kleinen Dörfchens Ranton umgeleitet.

Tiertransporte sind eine diffizile Angelegenheit und nicht so ohne weiteres zu bewerkstelligen. Glücklicherweise fand sich jedoch ein Organisator, der die verschiedenen dressierten Schützlinge gegen eine Aufwandsentschädigung zu einem Konvoi zusammenfaßte, die Fahrtroute erstellte und die Reise organisierte.

Neben einer Unmenge Vögel, die in einer alten fahrbaren Zirkusvoliere transportiert wurden, gab es so gut wie alles: normale Haustiere wie Katzen, Hunde, Hamster, Hühner, Schweine, die sich auf irgendein Kunststück verstanden, dann Schlangen, Reptilien, riesige Käfer und exotische Schmetterlinge, die vor allem durch ihr ungewöhnliches Aussehen faszinierten. Schließlich natürlich Löwen, Tiger, Geparden, Panther und andere Raubtiere. Ein Elefant und ein halbes Dutzend Pferde rundeten diese Arche Noah auf Rädern ab.

Wer weiß, was allein ein Elefant jeden Tag frißt, ahnt, daß das Konzept des Organisators, der blauäugig von einem gemeinsamen Topf gesprochen hatte, nicht aufgehen konnte. Ein hypernervöses Schwein starb als erstes. Es folgten drei Wellensittiche. Und so ging es weiter. Die Entsorgung der Kadaver, die man unter den Augen einer wachsenden Öffentlichkeit nicht einfach an andere Tiere verfüttern konnte, verschlang zusätzliches Geld. Obwohl der Zug nur drei Tage unterwegs war, ging es am Ende bloß noch darum, durchzuhalten und das Ziel zu erreichen.

Von dem Ziel hatte man natürlich völlig falsche Vorstellungen, obgleich es immer mehr Beteiligten dämmerte, daß der große Tierpark, in dem alle ihr Auskommen finden würden, auf diese Art und Weise bestimmt nicht existierte. Daß sie aber nichts weiter als einen mit Wohnwagen belegten Platz vorfanden, als sie am Abend des dritten Tages in Ranton ankamen, überstieg ihre schlimmsten Befürchtungen.

Man versuchte, den Organisator zur Rede zu stellen, doch der hatte sich kurz vor Polar aus dem Staub gemacht. Obwohl dem Konvoi mitgeteilt wurde, daß der Festplatz in Ranton aus allen Nähten platzte, beschloß der nun führerlose Zug, einfach immer weiter in das Dorf zu fahren. Es wurde langsam dunkel, und da man sich in der unbekannten und schlecht ausgeschilderten Gegend nach einem Lichtschein in der Ferne orientierte, stieß man schließlich auf den Fackelzug der aufgebrachten Bevölkerung.

Die Tiere wurden durch das Geschrei und den Schein der Fackeln unruhig und schlugen gegen die Wände ihrer Käfige. Schließlich verlor irgendwer die Nerven. Mit einem Mal waren die Wagen und Transporter offen und die Tiere in Freiheit. Da die meisten von ihnen Licht und Lärm verabscheuten, verteilten sie sich in den ausgestorbenen Straßen des Ortes und drangen in die leeren Häuser ein.

Und so kam in Ranton doch noch alles zu einem einigermaßen glücklichen Ende. Nun hatten die Behörden einen Grund, das Dorf abzusperren und jegliche Presse fernzuhalten. Da es sich teilweise um exotische Tiere handelte, deren Herkunft und Gesundheitszustand überprüft werden mußten, konnte eine vorübergehende Quarantäne verhängt werden. Die Dorfbewohner, die sich nur mit dem gewöhnlichen Vieh auskannten, waren auf die Hilfe der anwesenden Artisten angewiesen. Diese allein konnten aus Panik in Wasserleitungen geflüchtete Ozelote befreien, Leguane von den Bäumen pflücken und Tiger mit Hilfe eines vorgehaltenen Stuhls von den Stallungen weglocken. Alle arbeiteten in den nächsten Tagen so gut zusammen, daß die außergewöhnlichen, größeren und wertvolleren Tiere fast vollständig eingefangen werden konnten. Es fehlte am Ende nur ein dressierter Ara, ein äußerst sensibler Vogel, der mehrere zehntausend Dollar wert war. In der freien Natur kaum lebensfähig, machte sein Besitzer sich die allergrößten Sorgen und ließ mehrere Suchdurchsagen in lokalen Radiostationen schalten. Leider ohne den gewünschten Erfolg.

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